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Olympia-Boxerin Khelif: Auf den Schultern der ganzen Nation zu Gold getragen


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Algerische Boxerin trotzt Geschlechterdebatte
"Die ganze Welt kennt nun die Geschichte von Imane Khelif"


Aktualisiert am 10.08.2024Lesedauer: 3 Min.
Imane Khelif: Um die algerische Boxerin läuft eine brisante Debatte.Vergrößern des Bildes
Imane Khelif: Um die algerische Boxerin läuft eine brisante Debatte. (Quelle: IMAGO/Mohd Rasfan)
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Trotz des massiven Drucks der vergangenen Tage hat es Imane Khelif geschafft: Sie ist Olympiasiegerin. Danach wendete sich die Algerierin an ihre Kritiker.

Aus Paris berichtet Alexander Kohne

Sie konnte gar nicht mehr aufhören, die Medaille zu küssen. Nachdem Boxerin Imane Khelif die goldene Ehrenplakette am blauen Band um den Hals gehangen bekommen hatte, war sie ganz vernarrt darin.

Das war aber auch kein Wunder. Denn hinter dem Weg dorthin steckte deutlich mehr, als eine typische olympische Sportlerinnenbiografie – besonders in den vergangenen Tagen.

Rund um die vier Siege, die der algerischen Boxerin die Goldmedaille in der Gewichtsklasse bis 66 Kilogramm sicherten, war eine Menge passiert. Ihr Olympia-Start in Paris hatte nach einem nicht bestandenen Geschlechtstest bei der vergangenen Weltmeisterschaft für Kontroversen gesorgt (mehr dazu lesen Sie hier). Im Zuge dessen musste die Algerierin eine Hetzkampagne in den sozialen Medien über sich ergehen lassen, die "Menschen zerstören" könne, wie sie sagte.

Nach dem deutlichen Finalsieg gegen die Chinesin Lin Yu-ting wollte sie daran aber nicht mehr zurückdenken. "Ich bin so glücklich. Acht Jahre lang war das mein Traum, acht Jahre lang habe ich dafür gearbeitet, acht Jahre lang kein Schlaf, acht Jahre lang müde. Aber jetzt bin ich Olympiasiegerin", sagte Khelif auf der Pressekonferenz im Stade Roland Garros, bei der auch t-online zugegen war.

Dabei waren zwar deutlich weniger Medienvertreter anwesend als beispielsweise bei Khelifs zweitem Kampf am vergangenen Sonntag gegen die Ungarin Anna Hamori, als es in den Katakomben teilweise zu wilden Szenen gekommen war (mehr dazu lesen Sie hier). Das Interesse an Khelif war aber auch am Freitagabend immens.

Trumps Aussage zu Khelif

"Die ganze Welt kennt nun die Geschichte von Imane Khelif", sagte die Boxerin, der der Druck und die internationale Aufmerksamkeit in den vergangenen Tagen sichtbar zugesetzt hatten. Sogar Ex-US-Präsident Donald Trump hatte den Fall der Boxerin, die einige Medien als zu männlich zum Frauenboxen bezeichnet hatten, aufgegriffen. "Ich werde alle Männer aus dem Frauensport fernhalten", tönte er.

Was Trump nicht erwähnte: Khelif startet seit Jahren in der Frauenkonkurrenz und war bereits bei den Spielen 2021 in Tokio dabei. Nicht nur wegen Aussagen wie der des ehemaligen US-Präsidenten wurde der Fall Khelif in Algerien zur Sache von nationaler Tragweite.

Und so feuerten viele hundert Fans aus dem nordafrikanischen Land ihre Boxheldin am Freitagabend auf der Anlage von Roland Garros, wo sonst Tennis gespielt wird, an. Als Khelif auf den Schultern ihrer Trainer aus dem Ring getragen wurden, brandete mindestens so lauter Jubel auf, wie bei einem French-Open-Sieg von Tennis-Ikone Rafael Nadal.

"Wir sind einfach nur Stolz", erklärte der 22-jährige Nassim t-online vor dem Stadion – gehüllt in die grün-weiße Flagge seines Heimatlandes. Zusammen mit Freunden war er aus der Hafenstadt Bejaia nach Paris gereist, um Khelif zu unterstützen. "Es geht für uns um mehr als nur um Sport. Normalerweise schauen wir Boxen nicht, aber wegen Imane und allem, was sie durchgemacht hat, mussten wir einfach herfahren."

Khelif: "Habe ihnen eine Nachricht geschickt"

Ähnlich sah es auch Liza, die Nassims Aussagen ins Englische übersetzte. "Wenn Du eine von uns angreifst, greifst Du uns alle an", erklärte sie – und verdeutlichte damit den Stellenwert, den der Fall Khelif über den Sport hinaus bekommen hat. Nassim und Liza waren sich einig: Khelif sei sehr unfair behandelt und zum Sündenbock gemacht worden.

Damit spielen sie auf den Boxverband IBA an, dem die Starterauswahl für Olympia nach zahlreichen Skandalen entzogen wurde. Präsident Umar Kremlew hatte vor einigen Tagen in einer aufsehenerregenden Pressekonferenz behauptet, dass Khelif und die Taiwanerin Lin Yuting, die am Samstag ebenfalls um Gold boxt, biologische Männer seien. Zu angeblichen Tests gibt es aber zahlreiche Unklarheiten.

"Seit 2019 boxe ich unter der Schirmherrschaft der IBA. Sie kennen mich und wissen, wie ich mich über die Jahre entwickelt habe – und jetzt wollen sie mich nicht mehr anerkennen", erklärte Khelif: "Sie hassen mich. Ich weiß nicht, warum. Aber mit dieser Goldmedaille habe ich ihnen eine Nachricht geschickt."

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtung vor Ort auf der Anlage von Roland Garros
  • Pressekonferenz mit Imane Khelif
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