Thilo Kehrer bei PSG Darum ist ein Ex-Schalker Tuchels Geheimwaffe
Als Thilo Kehrers Wechsel zu Paris St. Germain bekanntgegeben wurde, waren die Zweifel in Frankreich groß. Doch längst hat sich der Ex-Schalker in der französischen Hauptstadt einen Namen gemacht.
Thilo Kehrer zu Paris Saint-Germain? Als der 37-Mio.-Wechsel des Ex-Schalkers Thilo Kehrer angekündigt wurde, waren die Fans des Hauptstadtklubs und auch einige Medien eher überrascht, manche sogar enttäuscht. Heute sind sie immer noch überrascht, aber positiv. Denn sie hatten einen solch flexiblen und intelligenten Spieler nicht erwartet.
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Im August 2018 noch galt Kehrer in Frankreich als ein Unbekannter, für den überdimensional viel Geld bezahlt wurde. Doch nach wenigen Monaten kann PSG-Trainer Thomas Tuchel kaum mehr auf ihn verzichten. Tuchel vertraut derart auf den 22-Jährigen, dass er ihn in drei verschiedene Rollen einsetzt: Innenverteidiger neben dem Brasilianer Thiago Silva, Rechts- und Linksverteidiger.
Unter dem ehemaligen BVB-Trainer hat sich Kehrer weiterentwickelt: Jetzt ist er aggressiv wie Presnel Kimpembe, schnell wie Marquinhos und stark mit dem Kopf wie Thiago Silva.
Die Dreierkette
Im Vergleich zum Spielsystem seines Vorgängers Unai Emery wagt Tuchel Experimente auf dem Feld. Mit Marco Verratti und Adrien Rabiot stehen nur zwei echte Mittelfeldmänner im Kader: zu wenig, um das Angriffstrio Mbappé-Cavani-Neymar zu unterstützen und gleichzeitig im Defensivspiel zu helfen.
Deswegen hat sich der Trainer ein neues System ausgedacht, in dem Innenverteidiger Marquinhos ins Mittelfeld gerückt wird. Die Dreierkette ermöglicht dann den Einsatz von zwei offensiveren Spielern auf den Außenbahnen: Sie sind von der Defensivpflicht relativ frei und verhindern, dass Kylian Mbappé und Angel Di Maria zu tief rücken müssen, um den Ball zu bekommen.
Kehrer bringt viele positive Eigenschaften mit
In diesem System spielt Kehrer eine Schlüsselrolle. Dank seiner Geschwindigkeit kann er als Außenverteidiger zum Einsatz kommen, und zwar sowohl auf der rechten als auch auf der linke Seite. Zudem überzeugt Kehrer durch seine aggressive Spielweise und sein gutes Kopfballspiel. Und: Er kann Spielsituationen schnell lesen – wesentliche Eigenschaften für einen Innenverteidiger. Bisher hat Tuchel ihn in der Ligue 1 bevorzugt auf dieser Position eingesetzt.
In der Champions League hat der Nationalspieler dagegen die zwei letzten und entscheidenden Spiele gegen Liverpool und Roter Stern Belgrad als Rechtsverteidiger absolviert. In Frankreich sorgt außerdem für Aufsehen, dass Kehrer Weltmeister Kimpembe als Innenverteidiger vorgezogen wird.
Tuchels Liebling
Ein wichtiger Grund für Kehrers erfolgreiches Debüt ist die Beziehung zum Trainer. "Thilo ist ganz wichtig für uns", schwärmte Tuchel nach dem CL-Spiel gegen Liverpool, und erklärte: "Dass er taktisch so flexibel ist, spielte eine große Rolle bei seiner Verpflichtung".
Die Wertschätzung beruht auf Gegenseitigkeit: "Tuchel hat einen emotionalen Kontakt mit uns Spielern geknüpft“, erzählte Kehrer schon in seiner ersten Pressekonferenz und fügte hinzu: "Er ist immer gesprächsbereit und ganz offen gegenüber uns“.
Einst gegen Tuchel, jetzt für Tuchel
Tuchel und Kehrer hatten sich schon in der Bundesliga kennengelernt: Im April 2017 wurde Kehrer zum Schalker Derby-Held gegen Dortmund, als er das Tor zum 1:1-Endstand erzielte. Ein paar Monate später war er in Deutschlands Kader bei der U21-EM, wo er aber nur einmal ran durfte, und zwar im Halbfinale gegen England.
Für die A-Nationalmannschaft debütierte er im September beim 2:1-Sieg gegen Peru als Rechtsverteidiger, spielte dann auch gegen Frankreich, Russland und die Niederlande. Bundestrainer Joachim Löw setzte ihn in den letzten zwei Spielen in Mittelfeld ein – eine Rolle, die schon Tuchel für ihn vorhergesagt hatte.
Das Leben in Paris
Auch abseits des Platzes gelang Kehrer die Anpassung an eine neue Situation: Wie auch sein Freund Julian Draxler ist er in eine Pariser Wohnung mit Blick auf den Eiffelturm gezogen. Auch die Sprachbarriere fiel weg – bereits in seinem ersten Interview mit dem vereinseigenen PSG-TV sprach Kehrer fließend Französisch. "Meine Eltern sprechen französisch, und ich bin in Burundi und Ruanda aufgewachsen“, erklärte er.
Kehrer spricht aber auch Englisch und Kirundi (Burundis Landessprache) und versteht sogar etwas Italienisch, was die Kommunikation mit einigen PSG-Teamkollegen vereinfacht.
In welcher Rolle er selbst am liebsten spielt? Kehrer diplomatisch: "Es ist mir nicht egal, aber es ist nicht das Wichtigste. Ich weiß nicht einmal, ob ich einen Lieblingsfuß habe – es hängt von der Tagesform ab.“
Die anfängliche Skepsis von Fans und Umfeld ist längst der Überzeugung gewichen, dass Kehrer eine Bereicherung für den Kader ist. Aus wirtschaftlicher Sicht hat sich der Transfer für PSG bereits gelohnt: Laut "CIES Football Observatory" ist der Wert des Spielers in den letzten drei Monaten von 24,3 auf 54,7 Millionen gestiegen.