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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Bayerns Senkrechtstarter Bahnt sich mit ihm die große EM-Überraschung an?
Dank seines neuen Traumduos bringt sich der FC Bayern vorm Topspiel in Leverkusen in Position. Ein Jungstar überzeugt besonders – bald auch in der Nationalelf?
Aus der Allianz Arena berichtet Julian Buhl
Thomas Müller zog einen schwarzen Rollkoffer hinter sich her, als er in den Katakomben Richtung Ausgang der Allianz Arena schlenderte. Das gerahmte Trikot mit der Rückennummer 500, das ihm Kapitän Manuel Neuer zu seinem Jubiläum überreicht hatte, hatte er nicht dabei und es stattdessen in einer Wäschebox in der Mannschaftskabine zurückgelassen.
"Ich hoffe, sie haben im Museum noch Platz dafür", sagte er lachend nach seinem 500. Pflichtspielsieg, den er in seiner 690. Partie für Bayern gefeiert hatte. Ein bis dahin unerreichter Meilenstein, den er als erster Bayern-Spieler überhaupt geschafft hatte.
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"Thomas Müller ist ein Phänomen, das ist eine unglaubliche Leistung", sagte Präsident Herbert Hainer. "Ich habe ein Trikot bekommen, die Mannschaft hat mich bejubelt – alles wunderbar. Aber nächste Woche geht es gegen Leverkusen", sagte Müller. Er sei aber "kein Freund von diesen ganzen Jubiläen", so der 34-Jährige weiter. "Das Gefühl der Siege ist das Schöne. Das wollen wir auch in Leverkusen erleben. Dem will ich nachjagen."
"Müllović": Das neue Traumduo des FC Bayern
Durch einen Sieg am kommenden Wochenende im Duell Erster gegen Zweiter können die Münchner, die in der Tabelle mit zwei Punkten Rückstand lauern, die Bundesliga-Spitze übernehmen. Die Voraussetzungen dafür haben Müller und Co. mit dem 3:1-Sieg am Samstag gegen Borussia Mönchengladbach geschaffen.
Den wichtigen 1:1-Ausgleichstreffer kurz vor der Pause hatte Müller mit einem perfekten Steckpass auf Torschütze Aleksandar Pavlović, der technisch anspruchsvoll aus spitzem Winkel traf, perfekt vorbereitet.
"Wenn er da reingeht und den Ball so butterweich serviert bekommt, dann muss er ihn auch machen", scherzte Müller, der auch am 2:1 beteiligt war, indem er den gegnerischen Torhüter im Kopfballduell entscheidend irritierte.
Der 19 Jahre alte Pavlović, der erst vergangene Woche in Augsburg mit seinem Drehschuss zum 1:0 seine Torpremiere feierte, lebt weiter seinen Traum. "Ich war hier mehrere Jahre Balljunge. Jetzt ein Tor vor diesen Fans zu erzielen, ist einfach nur fantastisch. Der FC Bayern bedeutet mir alles", sagte Pavlović.
Müller über Pavlović: "Es überrascht mich nicht"
Müller ist so etwas wie ein Mentor für den ebenfalls in München aufgewachsenen und in den Jugendteams der Bayern ausgebildeten Jungstar. Den zahlreichen Ratschlägen im Training folgte nun die erste gemeinsame Tor-Co-Produktion des Traumduos "Müllović".
Müller schloss an die Lobeshymnen aus den vergangenen Wochen an. "Es überrascht mich nicht. Aleks muss sein Ding machen. Das ist ein Fußballer, der macht sich Gott sei Dank keinen großen Kopf", sagte der Vizekapitän. "Es ist sehr laufstark und fleißig, ergänzt sich mit Leon (Goretzka; Anm. d. Red.) gerade sehr gut. Die beiden verstehen sich gut und harmonieren miteinander." Unabhängig von seinem Tor habe Pavlović auf seiner Position "eigentlich andere wichtigere Aufgaben und die erledigt er auch ganz gut", so Müller.
Pavlović überzeugte mal wieder mit Übersicht und Zweikampfstärke in der Defensive sowie mit einer herausragenden Passquote von 97 Prozent – 69 seiner insgesamt 71 gespielten Bälle kamen beim Mitspieler an. Mit 12,9 Kilometern hatte er die beste Laufleistung aller Spieler und verdiente sich die t-online-Note 1. Mit diesem Paket macht er das Fehlen von Joshua Kimmich, der sich an der Schulter verletzt hat, momentan vergessen.
Das sagt Pavlović zur Nagelsmann-Frage
Und rückt langsam aber sicher sogar in den Fokus der Nationalmannschaft. "Dazu sage ich nichts", antwortete er auf die Frage, ob Bundestrainer Julian Nagelsmann sich schon mal bei ihm gemeldet habe. Bahnt sich da etwa bereits die große EM-Überraschung an?
Noch im Sommer hatten Cheftrainer Thomas Tuchel und die Bayern mit höchster Dringlichkeit nach einem ballsicheren und zweikampfstarken defensiven Mittelfeldspieler, einer sogenannten Holding Six gesucht. Der geplante 65-Millionen-Euro-Transfer mit dem Portugiesen João Palhinha platzte bekanntlich erst in letzter Sekunde.
Dass der Rekordmeister nun im Wintertransferfenster keinen erneuten Anlauf bei Palhinha oder einem anderen zentralen Mittelfeldspieler nahm, hat auch viel mit Pavlović zu tun. Denn in ihm scheint Tuchel seinen ersehnten Sechser zumindest für den Moment in den eigenen Reihen gefunden zu haben. "Es hat sich im Mittelfeld so ergeben, dass Aleks es richtig gut gemacht hat in den letzten Spielen. Er füllt eine richtig gute Rolle aus und wir glauben, dass wir intern eine richtig gute, vollwertige Alternative haben", begründete Tuchel vor knapp zwei Wochen sein Umdenken.
Bayern-Bosse schwärmen von Pavlović
"Der Pavlović ist echt klasse nach meinem Dafürhalten, wie gut er spielt, wie ruhig er am Ball ist", sagte Hainer zu t-online. Ein dünner Kader habe eben auch den Vorteil, dass junge Spieler ihre Chance bekämen. "Ich finde es super, wie er das macht."
Kann sich Bayern dank Pavlović im Sommer also möglicherweise einen kostspieligen Mittelfeld-Transfer sparen? Unter den Eindrücken der momentanen Verletztenmisere wolle er das "jetzt nicht vorhersagen", sagte Hainer. "Aber das ist natürlich Klasse, wenn so einer wie Pavlović rauskommt. Er zeigt jedes Mal, dass es das wert ist, ihn aufzustellen."
Dass der Nachwuchsprofi "einen hervorragenden Job macht", hat zumindest auch Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen beobachtet. "Und das macht uns allen Freude." Sollte Kimmich, der bereits wieder ins Lauftraining eingestiegen ist, rechtzeitig fit werden, dürfte der Nationalspieler in Leverkusen aber dennoch seinen Platz im zentralen Mittelfeld wieder für sich beanspruchen. Dass Pavlović aber auch Topspiele kann, das hat er unter anderem bei seinem Startelfdebüt in Dortmund (4:0) bereits eindrucksvoll bewiesen. Bei seiner Feuertaufe war ihm damals sogar ein Assist zum Endstand gelungen.
Hainer mit Kampfansage an Leverkusen
Auf dem Duell Bayer gegen Bayern, dem wegweisenden Topspiel im Kampf um die Meisterschaft, liegt nun beim Rekordmeister ohnehin der volle Fokus. "Wir haben jetzt viele, viele Jahre bewiesen, dass wir unter Druck zu Höchstleistungen imstande sind", sagte Hainer. "Wir wollen diese deutsche Meisterschaft gewinnen – und so werden wir am Samstag sicherlich auch auftreten."
Leverkusen ist in der aktuellen Saison allerdings nach wie vor unbesiegt und somit noch immer Tabellenführer. "Wir werden sie so lange nerven mit unseren Siegen, bis sie nervös werden", kündigte Hainer an.
"Wir sind ja auch jetzt in der Verfolgerrolle", sagte Dreesen mit Blick auf das Topspiel mit einem Grinsen zu t-online, "insofern ist auch klar, wer der Favorit ist, und da fühlen wir uns ganz wohl damit." Noch nie zuvor sind am 21. Spieltag zwei Bundesligateams aufeinandergetroffen, die gemeinsam schon 102 (Leverkusen 52, Bayern 50) Punkte auf der Habenseite hatten.
Müller will in diesem Duell unbedingt seinen 501. Sieg folgen lassen und vor allem die Tabellenführung mit Bayern übernehmen. Dass ihm das wichtiger als jede persönliche Auszeichnung ist, teilte er seinen Mannschaftskollegen noch in der Kabine mit, wie Teamkollege Harry Kane verriet. Müller dokumentierte das nicht zuletzt damit, dass er seine 500er-Trophäe gleich dort ließ. Für ihn zählt nur eines: die Jagd nach der nächsten Meisterschale. Es wäre seine 13. – natürlich ebenfalls ein neuer Rekord.
- Eigene Beobachtungen als Reporter vor Ort in der Allianz Arena
- Mixed-Zone-Interviews mit Herbert Hainer, Jan-Christian Dreesen, Thomas Müller und Aleksandar Pavlović