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DFB: Inka Grings traut sich Job als Bundestrainerin zu | Interview


Interview
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Ex-Nationalspielerin Grings
"All das war gelogen"

  • Noah Platschko
InterviewVon Noah Platschko

Aktualisiert am 12.12.2023Lesedauer: 7 Min.
Inka Grings: Die langjährige DFB-Spielerin ist nicht mehr Nationaltrainerin in der Schweiz.Vergrößern des Bildes
Inka Grings: Die langjährige DFB-Spielerin ist nicht mehr Schweizer Nationaltrainerin. (Quelle: IMAGO/Joeran Steinsiek)

Bei der WM in Australien und Neuseeland erreichte Inka Grings mit der Schweiz das Achtelfinale – und kam damit weiter als das DFB-Team. Trotzdem folgte kürzlich das Aus als Cheftrainerin. Einem Job als Nationaltrainerin Deutschlands wäre sie nicht abgeneigt.

Es war ein historischer Erfolg für das Team der Schweiz. Noch nie zuvor hatte eine schweizerische Frauennationalmannschaft das Achtelfinale einer Weltmeisterschaft erreicht. Gegen den späteren Weltmeister Spanien war für das Team von Inka Grings dann aber Schluss.

Die zweimalige deutsche Europameisterin war seit Januar Cheftrainerin des Nationalteams, vor gut vier Wochen trennten sich Verband und Trainerin aber. Eine Rolle spielte dabei auch ein Engagement von ihr beim SV Straelen im Jahr 2019/2020. Gegen Grings hatte sich zuletzt ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Kleve wegen des Verdachts der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt gerichtet. Das Verfahren wurde nach einer von ihr getätigten Zahlung abgeschlossen.

Bei t-online spricht die Ex-Nationalspielerin ausführlich über ihre Zeit in der Schweiz, das desaströse Abschneiden der deutschen Mannschaft sowie darüber, wie der DFB wieder an die Weltspitze gelangen soll.

t-online: Frau Grings, seit knapp vier Wochen sind Sie nicht mehr Trainerin der Frauennationalmannschaft der Schweiz. Wie kam es zur Trennung?

Inka Grings: Am Mittwoch, dem 15. November, sind dubiose Artikel über mein Angestelltenverhältnis zu meiner Zeit als Trainerin beim SV Straelen erschienen, welche absurd waren und nicht stimmten. Ein Tag später wurde nach einem Call mit dem schweizerischen Fußballverband dann eine einvernehmliche Trennung vereinbart.

Es liegt nahe, dass die Trennung aufgrund der gegen Sie erhobenen Vorwürfe einer Scheinanstellung erfolgt ist. Das Verfahren gegen Sie wurde nach einer von Ihnen getätigten Bezahlung eines Geldbetrags an die Staatskasse abgeschlossen.

Ich bin mir keiner Schuld bewusst. All das, was da geschrieben wurde, war gelogen und entsprach absolut nicht der Wahrheit! Es wurden Falschaussagen über meine Person getätigt. Ich habe das Gefühl, dass ich zum Bauernopfer gemacht wurde. Von meiner Seite ist zu dem Thema aber nun alles gesagt.

Ihr letztes Spiel an der Seitenlinie als Trainerin der Schweiz war Ende Oktober in Zürich gegen Spanien. Die Partie ging mit 1:7 verloren. Auch bei der WM war das letzte Spiel gegen Spanien, die Schweiz war beim 1:5 im Achtelfinale ähnlich chancenlos.

Die WM, die wir gespielt haben, war die erfolgreichste, die eine Schweizer Frauen-Nationalmannschaft je gespielt hat. Wir sind vor Norwegen Gruppenerster geworden. Wir haben null Gegentore kassiert und in allen drei Gruppenspielen jeweils immer die Spielerin des Spiels gestellt. Dass wir dann bereits im Achtelfinale gegen den anschließenden Weltmeister spielen mussten, war einfach Lospech. Ich liebe es, mich mit Topteams zu messen. Nach dem 1:7 in der Nations League muss ich aber auch sagen, dass ich jetzt nicht so schnell wieder gegen Spanien spielen muss (lacht).

Hat die Schweiz in diesen Duellen ihre Grenzen aufgezeigt bekommen?

Auf gewisse Weise schon, aber das sind einfach zwei unterschiedliche Welten, ganz andere Dimensionen. Man muss neidlos anerkennen, dass sich Spanien da auf einem deutlich höheren spielerischen Niveau bewegt. Aber da geht es und wird es noch anderen Ländern so gehen. Ich habe den Ansatz gewählt, viel auf junge Spielerinnen zu setzen und versucht, einen Umbruch einzuleiten. Dass innerhalb dieses Prozesses dann Fehler passieren, ist doch auch völlig normal.

Sie waren nicht ganz ein Jahr Trainerin der Schweiz, waren davor beim FC Zürich im Amt. Wo steht der Schweizer Fußball aktuell?

Ich bin ein Trainertyp, der Leistung über alles stellt. Die Schweiz hat ein superinteressantes Modell mit jungen Nachwuchsspielerinnen, das so langsam in Fahrt kommt. An der Playstation sammelst du keine Erfahrung, du musst sie auf dem Feld machen und ein Gespür für Situationen auf Wettkampfniveau bekommen. Die Schweiz musste diesen Weg gehen, man hat zuvor fast nonstop mit denselben Spielerinnen gespielt. Ich habe einen Generationswechsel vollzogen: mit Spielerinnen wie beispielsweise Smilla Vallotto (19 Jahre) oder Alayah Pilgrim (20), die zuletzt überragende Spiele gemacht haben.

Spiele

Wie würden Sie die Zeit als Nationaltrainerin für sich beschreiben?

Enorm intensiv, aber auch sehr lehrreich. Ich bin meiner Linie immer treu geblieben. Es war eine sehr wertvolle Zeit und ich bin auch dankbar, dass ich die Chance hatte, eine WM als Trainerin coachen und erleben zu dürfen.

Nach der WM ist immer vor der EM, die 2025 in der Schweiz stattfinden wird. Wie sehr schmerzt es Sie, dieses Projekt nicht weiter vorantreiben zu können?

Total. Wobei: Schmerz ist vielleicht das falsche Wort. Ich bin traurig, weil es eine spannende Herausforderung war und ich komplett überzeugt war von dem Potenzial, das diese Mannschaft hat. Ich war jetzt "nur" elf Monate da und hatte noch nicht richtig Zeit, die Maßnahmen reifen und fruchten zu lassen. Es ist einfach schade, den Weg dieser vielen jungen talentierten Spielerinnen nicht weiter begleiten zu können. Aber so ist Fußball.

Auch die deutsche Mannschaft befindet sich aktuell in einem schwierigen Prozess. Bei der WM in Australien und Neuseeland ist sie vor gut vier Monaten in der Vorrunde gescheitert – ein historisch schlechtes Ergebnis.

Ich mag ungern von außen bewerten, was intern schieflief. Dafür war ich auch nicht nah genug dran und war während der WM auch mit meiner eigenen Mannschaft beschäftigt. Was man sicherlich sagen kann: Beide Seiten, Trainerteam und Mannschaft, sind nicht an ihr Limit rangekommen. Das, was Deutschland gezeigt hat, reicht dann auf internationaler Ebene einfach nicht. Von außen betrachtet war das schon traurig zu sehen, wie das Team gescheitert ist.

Für Aufsehen hat auch eine Szene aus der Dokumentation "Born for this" gesorgt. Die Spielerinnen schienen im "Endspiel" gegen Südkorea nicht gewusst zu haben, ob sie noch ein Tor brauchen – zumindest bis wenige Minuten vor Abpfiff.

Das mag wie eine kommunikative Panne ausgesehen haben, aber bei so etwas gibt es kein Richtig oder Falsch. Es ist eine Trainerentscheidung, ob man glaubt, mit einer Information der Mannschaft weiterhelfen zu können. Ich weiß, dass ich mein Team informiert hätte und Signale gesetzt hätte. Martina hat sich bei der WM dann für einen anderen Weg entschieden. Du willst den Gruppensieg bei einer WM, du möchtest jedes Spiel gewinnen. Es ist hypothetisch, darüber nachzudenken, ob die Mannschaft mit dem Druck, unbedingt gewinnen zu müssen, besser gespielt hätte. Bei einer WM hast du als Favorit immer Druck!

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Nach der WM musste sich die Bundestrainerin krankmelden, mittlerweile haben sich sie und der Verband getrennt. Standen Sie mit ihr im Austausch?

Nein, ich hatte wenig bis gar keinen Kontakt zu ihr, wir haben nur ab und zu recht oberflächlich geschrieben. Ich hoffe, dass sie weiterhin im Sportbereich tätig bleibt, weil sie eine Person ist, die superengagiert und mit Herz dabei ist. So jemanden brauchst du im Frauenfußball.

Die WM ist vorbei, die Olympiaqualifikation ist in vollem Gange. Deutschland hat sich in die Playoffs gezittert, ist gegen Frankreich, Spanien oder die Niederlande aber keinesfalls Favorit. Auf welchem Level sehen Sie das deutsche Team?

Man merkt deutlich, dass noch nicht alles rundläuft. Auch Horst Hrubesch kann nicht zaubern und eine Mannschaft auf den Platz bringen, die durchgehend harmoniert und vor Sicherheit strotzt. Seine Hauptaufgabe in den Playoffs ist es, auch wenn schwierige Gegner warten, der Mannschaft klare Aufgaben zu verteilen auf dem Feld. In zwei Lehrgängen, die er bislang hatte, kannst du wirklich wenig bewirken. Wenn er es schafft, dem Team wieder das notwendige Selbstvertrauen zu vermitteln, dann hat Deutschland eine Chance auf Olympia. Und dann ist das Team auch in der Lage, um Titel mitspielen zu können.

Bei EM und WM herrschte eine große Abhängigkeit von Alexandra Popp. Wie lange sie noch im DFB-Team weitermacht, ließ sie zuletzt offen.

Alex Popp ist ein unfassbar toller Typ. Ich bewundere die wahnsinnige Mentalität, die sie auf den Platz bringt. Trotzdem wirkte es zuletzt zu oft so, dass das Spiel zu eindimensional ist. Deutschland hat weitaus mehr Qualität im Kader und auf dem Platz, die in Szene gesetzt werden müssen. Je mehr du die Breite deines Kaders ausnutzt, desto schwerer bist du als Team auch auszurechnen. Diese Stärke muss Horst Hrubesch oder seine Nachfolgerin/sein Nachfolger aus der Mannschaft herauskitzeln.

Apropos: Horst Hrubesch wird noch maximal bis zu den Olympischen Spielen Bundestrainer sein, wie es dann weitergeht, ist unbekannt. Wäre das ein Job, den Sie sich zutrauen würden?

Grundsätzlich ja. Ich bin Deutsche, lebe in Deutschland und trage die "deutsche Mentalität" in mir. Es ist sicherlich ein sehr anspruchsvoller Job, aber auch eine der interessantesten Stellen überhaupt.

Gab es denn schon eine Kontaktaufnahme vonseiten des DFB?

Nein.

Vergangenen Donnerstag hat der DFB Nia Künzer als neue Sportdirektorin Frauenfußball bestätigt. Eine gute Wahl?

Sie war selbst eine sehr erfolgreiche Spielerin, war jahrelang als Expertin im TV dabei. Sie weiß, was es braucht, um international sowie national wieder zu den Großen des Fußballs zu gehören. Ich traue ihr zu, dass sie die richtigen Entscheidungen und Anregungen treffen wird, um den deutschen Fußball wieder zu stärken!

War es in Ihnen Augen wichtig, dass eine Frau den Posten besetzt?

Die Jobverteilung sollte völlig unabhängig vom Geschlecht sein. Frauen sollen im Männerbereich arbeiten können und umgekehrt. Trotzdem finde ich es gut, dass der DFB einer Frau, die die nötige Qualität und das notwendige Wissen mitbringt, das Vertrauen schenkt. Es ist wichtig, dass der DFB Frauen die Chance gibt. Der Verband muss auch in diesem Bereich Vorreiter sein.

Verwendete Quellen
  • Telefonisches Gespräch mit Inka Grings
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