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Kahn und Salihamidzic in der Kritik: Die Führungsschwäche beim FC Bayern


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Führungsschwäche bei den Bayern
Ein übergroßer Schatten

Von Patrick Mayer

Aktualisiert am 12.06.2022Lesedauer: 5 Min.
Uli Hoeneß im Hintergrund: Für viele ist er immer noch DER FC Bayern.Vergrößern des Bildes
Uli Hoeneß im Hintergrund: Für viele ist er immer noch DER FC Bayern. (Quelle: imago-images-bilder)

Der FC Bayern erlebt stürmische Zeiten und hausgemachte Probleme. Lewandowski, Transfers, die Fans – und dazu immer wiederkehrende Kritik an Kahn und Salihamidzic, die mit dem Erbe von Uli Hoeneß kämpfen.

Der 19. Oktober 2018. Es war ein umstrittener Tag in der Geschichte des FC Bayern München. Die Bosse des deutschen Bundesliga-Rekordmeisters hatten geladen, um die Medien für die kritische Berichterstattung zu tadeln. Der Reihe nach saßen im kleinen Medienraum in der Säbener Straße der damalige Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge, Präsident Uli Hoeneß und Sportdirektor Hasan Salihamidzic.

Letztgenannter kam nach einer abrupten sportlichen Talfahrt zuvor nur zwei Minuten zu Wort. Dabei dauerte die Pressekonferenz über eine halbe Stunde. Salihamidzic polterte gegen die TV-Experten. "Stefan Effenberg. Ja, wissen Sie, Stefan Effenberg ist beim Fernsehen. Und ich bin beim FC Bayern. Meine Arbeit wird nicht nach Schlagzeilen oder öffentlichen Machtwörtern bezahlt", sagte der heute 45-jährige Bosnier und meinte: "Die Bundesliga ist doch keine Dschungelshow." Er wirkte angefasst, seine Sätze holperten grammatikalisch.

Als Hoeneß wenige Sekunden später Spieler Juan Bernat zerlegte ("Hätte uns fast die ganze Champions League gekostet"), verzog "Brazzo" neben seinem Mentor keine Miene. Er, der die Spieler eigenen Aussagen zufolge "schützen will". Und so war jener denkwürdige Auftritt ein Indiz für die Zukunft: Vereinspatron Hoeneß bestimmt, Salihamidzic folgt. Bis heute soll der 70-jährige Hoeneß dem Vernehmen nach vom Tegernsee aus seinen Einfluss geltend machen. Dabei ist er seit November 2019 nicht mehr Präsident.

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Salihamidzic hat es dagegen in fünf Jahren nicht geschafft, einen eigenen Stil zu entwickeln. Darin sind sich viele Beobachter der Branche einig. Gemeinsam mit dem neuen Vorstandsboss Oliver Kahn (seit Juli 2021) steht er stattdessen noch immer im Schatten von Hoeneß und Ex-Chef Rummenigge.

Was sich in diesen Tagen besonders bemerkbar macht, da Titelgarant Robert Lewandowski vehement auf einen Wechsel drängt. Und von den neuen Bossen einfach nicht zu beschwichtigen ist. Salihamidzic sprach in dieser Gemengelage das gefühlt x-te Machtwort. Nur, wird er von der hoch bezahlten Belegschaft auch gehört? "Heute hat mich Robert Lewandowski angerufen. Wir haben uns unter anderem auch über seine öffentlichen Äußerungen der vergangenen Tage unterhalten. Ich habe ihm unseren Standpunkt zu seiner Vertragssituation klar erklärt", erzählte er der "Bild".

Der Bundesliga-Torschützenkönig hatte die Säbener zuvor im Gespräch mit dem polnischen Podcast "WojewódzkiKędzierski", aus dem das Fußball-Portal onet Sport zitierte, ein weiteres Mal zum Beben gebracht. "Sie wollten mir nicht bis zum Ende zuhören. Etwas ist in mir gestorben. Und das lässt sich nicht überwinden. Ich will mehr Emotionen in meinem Leben", erklärte Lewandowski.

Der Vertrag des Torjägers in München endet nach der Saison 2022/23. Zuletzt warb er intensiv dafür, der Klub möge doch lieber die Ablöse für ihn nehmen. Die angebliche Überzeugungsarbeit von Salihamidzic und Kahn sowie des neuen Vereinspräsidenten fruchtete offensichtlich nicht. Weil auch Hainer im Hoeneß-Vakuum sitzt?

Wird bald wieder die Sonne scheinen

Der alte Boss hatte zumindest genug, schaltete sich wiederholt ein. Als wäre er nie weg gewesen, polterte er gegen Spielerberater Pini Zahavi. "Das ist jetzt nicht ganz so gelaufen, wie er und speziell sein Spezialagent (Zahavi, d. Red.) das wollen, und dann ist man sauer", sagte er Sport1: "Ich würde allen Beteiligten empfehlen, sachlich zu bleiben, die Sache nicht eskalieren zu lassen, und dann wird auch über dem Haus Lewandowski/Bayern München bald wieder die Sonne scheinen."

Wenn es so einfach wäre. Hoeneß sitzt weiter im Aufsichtsrat, neben Hainer, dem einstigen Adidas-Chef. Er ist einer seiner besten Freunde. Transfers im höheren zweistelligen Millionenbereich werden von diesem Gremium abgesegnet. Das war in München schon unter Franz Beckenbauer so. Hainer tut sich indes ebenso schwer wie Salihamidzic. Der Niederbayer wurde von den Ultras bei der Jahreshauptversammlung (JHV) 2021 heftig angefeindet, als er das Katar-Sponsoring verteidigte. Sein Sportchef wurde wiederum auf der Meisterfeier ausgepfiffen. Die Ultras waren diesmal nicht am Marienplatz.

Die Entfremdung zwischen Bossen und organisiertem Anhang begann am 30. November 2018. Die Zweifel an Salihamidzics Eignung formulierte damals Fan Johannes Bachmayr in einer Rede, die im Netz viral ging. "Ein Verein wie der FCB brauchte zwölf Monate, um einen Sportdirektor zu präsentieren. Das muss ja ein ausgeklügelter Auswahlprozess gewesen sein", sagte der Oberbayer: "Dann wurde es am Ende Brazzo. Das Auswahlverfahren war, so habe ich es in der Presse gelesen, eine Taxifahrt in China. Überzeugend. So überzeugend, er wusste auf der PK nicht mal seine Tätigkeit zu umschreiben." Überliefert ist etwa auch, dass Salihamidzic nach der Verpflichtung von Michael Cuisance im Sommer 2019 bei einer Medienrunde der Name des Spielers nicht mehr einfiel.

Konsequenzen gab es nie, stattdessen auch bei der JHV 2019 heftige Kritik der Fans an seiner Arbeit. Diesmal verteidigte ihn Rummenigge: "Er ist super engagiert. Er hat nur eines im Sinn: Wohl und Wehe des FC Bayern, der Mannschaft und damit auch den Erfolg. Ich bitte Sie mit diesen Themen in Zukunft sensibler umzugehen. Deutsch ist nicht seine Heimatsprache. Uli war die Benchmark für alle." Hoeneß ist bis heute der Maßstab. Ein zu hoher?

Durchwachsene Transferbilanz

Die Transferbilanz in fünf Jahren Salihamidzic liest sich durchwachsen. Alphonso Davies gilt als sein Meisterstück, Leon Goretzka kam 2018 ablösefrei und stieg zum Führungsspieler auf. Auch Jamal Musiala lotste er 2019 aus London nach München. Umgekehrt blieb Leroy Sané (60 Millionen Euro Ablöse) viel und Lucas Hernández (80 Millionen) noch viel mehr schuldig. Dayot Upamecano (42,5 Millionen) hat die vorgesehene Rolle als Abwehrchef noch nicht verinnerlicht, Cuisance, Bouna Sarr, Marc Roca und Omar Richards waren bislang keine Verstärkung. Zuletzt gingen zudem drei Stars ablösefrei (Alaba, Süle, Tolisso).

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Just in dieser Gemengelage ist Vorstandschef Oliver Kahn in der Öffentlichkeit kaum zu sehen. Im Gegensatz zu Hoeneß hält sich der 52-jährige Badener auch mit Interviews zurück und vermeidet klare Standpunkte zu drängenden Personalfragen. Zuletzt verteidigte der einstige Weltklasse-Torwart im "Doppelpass" von Sport1 eher halbherzig seinen Sportchef. "Zeigt mir mal irgendeinen Sportdirektor auf der Welt, bei dem immer alles funktioniert", sagte der "Titan" in der Sendung. Von seiner früheren Knallhart-Mentalität als Torhüter ist auf dem Chefsessel nicht viel übrig. Fans und Mitarbeiter wundern sich stattdessen, warum der CEO nicht vehementer durchgreift. Wie früher eben Hoeneß.

Bleibt also die große Frage: Wann gelingt der Schritt aus dem Schatten von Uli Hoeneß?

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