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Abschied von Gerd Müller: Der "Bomber", der immer nur eines wollte


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Abschied von Gerd Müller
Der "Bomber", der immer nur eines wollte

MeinungVon Patrick Mayer, München

Aktualisiert am 15.08.2021Lesedauer: 4 Min.
Gerd Müller ist tot: 1971 wurde er als Spieler des FC Bayern München Europas Fußballer des Jahres.Vergrößern des Bildes
Gerd Müller ist tot: 1971 wurde er als Spieler des FC Bayern München Europas Fußballer des Jahres. (Quelle: IMAGO / Pressefoto Baumann)
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Der FC Bayern München und Fußballdeutschland trauern um Ex-Nationalspieler Gerd Müller. Er bereitete dem deutschen Rekordmeister mit seinen Toren den Weg und passte so gar nicht ins Bild heutiger Kicker. Was bleibt, ist seine Leidenschaft. Ein Nachruf.

Nördlingen. Hier, in der beschaulichen Kleinstadt 140 Kilometer nordwestlich von München an der Grenze zu Württemberg, sollte sich im Frühjahr 1964 das weitere Schicksal des FC Bayern über Jahrzehnte entscheiden.

Am Sonntagmorgen ist Gerd Müller im Alter von 75 Jahren gestorben. Die Anekdoten über den legendären früheren Nationalspieler sind so sagenhaft wie seine Torquote. In der bayerischen Landeshauptstadt war damals der TSV 1860 München die Nummer eins, aber auch der FC Bayern hatte die neugegründete Bundesliga im Blick.

Zum FC Bayern München statt zum TSV 1860

Die Sportanlagen der beiden Münchner Vereine liegen bis heute nur wenige hundert Meter auseinander. "Seitenstraßler", nennen die Löwen-Fans die ungeliebten "Roten". Doch die "Seitenstraßler" waren damals, im Frühjahr 1964, schneller.

Schneller in Nördlingen, bei den Müllers. Denn über 140 Kilometer hinweg hatte sich längst herumgesprochen, dass Sohnemann Gerhard für den TSV 1861 Nördlingen Tore wie am Fließband schoss. 180, als damals 17-Jähriger, in nur einer einzigen Saison.

Plötzlich standen da zwei Männer im Haus, "die ich in meiner jugendlichen Naivität für die beiden Herren von den Sechzigern hielt. Ich wunderte mich zwar anfangs, als sie sich als Herr Fembeck und Herr Sorg vorstellten, doch nach einer knappen Stunde waren wir klar: 5.000 Mark Handgeld und 500 Mark Monatsgehalt. Das war wie ein Lottogewinn für mich", erzählte Gerd Müller einmal: "Ich saß also da und dachte, ich hätte bei 1860 München unterschrieben. Die Herren verabschiedeten sich und wollten komischerweise durch die hintere Gartentür gehen." Die Bayern hatten den Stadtrivalen ausgetrickst. Und für Müller begann das größte Abenteuer seines jungen Lebens.

"Kleines, dickes Müller" wurde zum Liebling der Fans

Zuvor hatte er sein Geld als Schweißer verdient. Er war ein Arbeiter, und so arbeitete er auch redlich auf dem Fußballplatz – samt Körpersprache. Der damalige DFB-Junioren-Trainer Dettmar Cramer begrüßte ihn mit den Worten: "Was soll ich mit dem Kugelstoßer?" Später wurde er zum größten Fan von "Gerdchen", wie er den Stürmer mit den kräftigen Oberschenkeln und der wuchtigen Statur nannte. "Kleines, dickes Müller", tauften ihn Fans und Kommentatoren, als sie sich längst nach seinem Können verzehrten.

Mit dieser Wucht schoss und köpfte er Tore aus allen Lagen. Im Liegen, im Fallen, artistisch aus der Luft, mal weniger artistisch, aber dafür brachial aus der Distanz. Ihm war kein Tor zu fein, kein Winkel zu spitz, kein Stochern zu stümperhaft. Müller wollte einfach nur Tore.

Beckenbauer: Tore von Gerd Müller machten den FC Bayern groß

"Vielleicht wären wir ohne Gerd Müller und seine Tore noch immer in unserer alten Holzhütte an der Säbener Straße", sagte sein früherer Kapitän und der spätere FCB-Präsident Franz Beckenbauer.

15 Jahre kickte der bayerische Schwabe für den heutigen Rekordmeister. Wesentliche Eckpfeiler der Geschichte des FC Bayern sind mit seinem Namen verbunden. Der Aufstieg in die Bundesliga 1965, der erste Europapokal-Sieg 1967 (Pokalsieger), die erste deutsche Bundesliga-Meisterschaft 1969 und nicht zuletzt der Gewinn des Europapokals der Landesmeister dreimal in Folge (1974 bis 1976).

Von Müller gab es auf diesem Weg Tore, Tore, Tore: In der Bundesliga-Saison 1971/72 erzielte er 40 Treffer – ein Wert, der bis vergangenen Mai, als Robert Lewandowski am 34. Spieltag seinen 41. Saisontreffer erzielte, unerreicht war. "Als Mittelstürmer musst wissen, wo des Tor steht. Da kannst mit dem Rücken da stehen, des ist egal. Das hab ich gewusst, ja", erzählte er später als FCB-Jugendtrainer mit grauem Bart in einem seiner seltenen TV-Interviews dem BR.

Oberschenkel und Vollbart als Markenzeichen

Der füllige (und damals schwarze) Vollbart war neben den Oberschenkeln sein Markenzeichen. "Ich habe unrasiert schon ein paar Mal recht gut gespielt!", erklärte er über seinen Spleen, vor Spielen den Rasierer beiseite zu legen.

Mit diesem markanten Auftreten schoss er die deutsche Nationalmannschaft 1972 zum EM-Sieg und zwei Jahre später zum Weltmeistertitel im eigenen Land. Sein Siegtreffer gegen die Niederlande (2:1) in seinem Wohnzimmer Olympiastadion war ein echter Müller – aus der Drehung, gegen drei in Orange gekleidete Gegenspieler.

68 Treffer köpfte, wuchtete und bugsierte er in 62 Länderspielen, was einer Torquote von 1,06 entsprach. Es ist eine Bilanz, die ihn heutzutage wohl zum Multimillionär gemacht hätte.

Robert Lewandowski huldigt Gerd Müller

"Der Gerd, der schwebt immer so a bissl über einem", sagte sein Namensvetter Thomas Müller 2016 dem BR. Ex-Mitspieler Paul Breitner bezeichnete ihn als "das größte Genie, das ich im Fußball jemals erlebt habe".

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Es war der 75. Geburtstag von Müller, ein trauriger Ehrentag. Denn: Der einstige Stürmer lag zu diesem Zeitpunkt wohl schon im Sterben. Die Worte, die wie Abschied klangen, mehrten sich in diesen Tagen.

Die Bayern-Legende litt seit Jahren an Alzheimer

"Krankheiten nehmen ja vor niemandem Rücksicht. Aber, dass es grad den Gerd treffen muss, das hat er wirklich net verdient", sagte Ex-Torwart und Ex-Bayern-Kollege Sepp Maier dem BR. Der Zeitpunkt ist nicht genau überliefert, aber als Müller etwa 70 war, breitete sich die heimtückische Alzheimer-Krankheit aus. Erinnerungen verschwanden, Eindrücke verwoben. Schlimm für einen Mann, der Erzählungen nach alles aufsog, was mit Fußball zu tun hatte.

Im Februar 2016 kam der einstige "Bomber der Nation", der sich gegen diesen Spitznamen immer sträubte, in ein Pflegeheim – betreut von seiner Frau Uschi und unterstützt durch seinen FC Bayern.

Jetzt ist er tot. Das Fußballgenie. Der "Bomber". Der Arbeiter, der immer nur eines wollte – Tore schießen. Irgendwie.

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