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Bundesliga: Stefan Effenberg prophezeit Spannung bis zum Schluss


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Wintertransfers
Warum Bayern verzichten und Dortmund zuschlagen muss

MeinungEine Kolumne von Stefan Effenberg

Aktualisiert am 29.12.2019Lesedauer: 9 Min.
Bayern-Sportdirektor Hasan Salihamidzic: Wird er im Winter auf dem Transfermarkt aktiv?Vergrößern des Bildes
Bayern-Sportdirektor Hasan Salihamidzic: Wird er im Winter auf dem Transfermarkt aktiv? (Quelle: kolbert-press/imago-images-bilder)
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Warum die beiden Weltmeister Götze und Draxler perfekt nach Berlin passen, bei welchem Bundesligisten Supertalent Haaland am besten aufgehoben ist und warum der FC Bayern bei Wintertransfers die Füße stillhalten sollte.

Das Jahr geht zu Ende, die spannenden Themen dagegen gehen uns noch lange nicht aus. Vor dem Start in die Vorbereitung der Bundesliga-Rückrunde Anfang Januar sind Meister- und Abstiegskampf so spannend wie lange nicht und in Berlin bläst der Hauptstadtklub Hertha zur Attacke. Fast alle deutschen Klubs haben die K.-o.-Spiele im Europacup erreicht – und in England steht der FC Liverpool mit Jürgen Klopp vor der ersten Meisterschaft seit 1990.

Die wichtigsten Themen zum Jahreswechsel – hier kommen zehn Thesen dazu.

1. Meisterkampf: Gladbach hat einen Trumpf

Es ist verdammt schwierig bis unmöglich, sich in diesem Jahr festzulegen, wer Meister wird. Und genau das ist schön für alle Fußballfans. Es macht die Bundesliga wieder attraktiv und spannend, dass mit Leipzig, Gladbach, Bayern und Dortmund gleich vier Vereine realistische Chancen auf den Titel haben. Ich bin überzeugt, dass es bis zum Ende ein ganz enges Rennen bleiben wird.

Wer hat nun die besten Chancen? In der Hinrunde wirkte Leipzig extrem konstant – im Gegensatz zu Bayern und Dortmund. Aber die wissen natürlich beide, wie man noch Meister wird. Und sie haben beide ihre Schwächephase bereits hinter sich und werden in der Rückrunde stabiler sein.

Ich persönlich hoffe, dass mein früherer Verein Gladbach das Rennen macht. Und ich halte den ganz großen Wurf für absolut möglich. So bitter das Ausscheiden in der Europa League und im Pokal auch war, wenn es im Meisterkampf in die entscheidende Phase geht, kann es ein Faustpfand sein. Dann kann sich Gladbach womöglich als einziger Titelaspirant voll auf die Liga konzentrieren.

2. Abstiegskampf: Frankfurt und Bremen haben ein Problem

Für einen Verein wird es verdammt schwer, die Klasse zu halten: Der SC Paderborn spielt zwar guten Fußball, war aber nach 12 von 17 Spieltagen Tabellenletzter und ist das auch aktuell bei drei Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz. Für Paderborn sehe ich leider kaum eine Chance auf den Bundesliga-Erhalt.

Alle anderen Vereine werden beweisen müssen, dass sie unter Druck ihre Möglichkeiten ausschöpfen können. Besonders schwierig wird es für die Klubs, die vergangene Saison noch nach oben geschaut und eine erfolgreiche Saison gespielt haben. Daraus kann sich bei Misserfolg eine Dynamik entwickeln, die du nicht mehr stoppen kannst.

Das könnte Werder Bremen betreffen, die eigentlich in Richtung Europacup unterwegs waren und nun plötzlich sehr tief unten drinstecken als Vorletzter. Oder auch Eintracht Frankfurt, die vor einem halben Jahr noch das starke Abschneiden in der Europa League gefeiert und nun seit sieben Spielen nicht gewonnen haben. Das sind Vereine, die eigentlich zu viel Qualität haben für den Abstiegskampf. Und genau das macht es besonders gefährlich.

3. Hertha-Angriff: Berlin ist genau das Richtige für Götze und Draxler

Um keinen Verein ranken sich derzeit so viele Transfergerüchte wie um Hertha BSC. Kein Wunder. Trainer Jürgen Klinsmann steht für Veränderung und Aufbruch. Und die Berliner haben dank Investor Lars Windhorst mittlerweile auch die finanziellen Möglichkeiten, um große Namen zu locken.

Mit Granit Xhaka vom FC Arsenal ist sich Hertha einig, doch auch an Julian Draxler und Mario Götze besteht Interesse. Und für die beiden wäre es womöglich genau das Richtige, bei Hertha einen völligen Neustart zu wagen – und damit auch in ganz andere Rollen zu schlüpfen, vielleicht als Führungsspieler.

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Draxler durfte in dieser Saison für Paris St. Germain nur bei 8 Spielen über insgesamt 456 Minuten mitwirken, Götze bei Dortmund in 16 Spielen über insgesamt 579 Minuten. Für beide ist das viel zu wenig. Sie sind Weltmeister und mit 26 und 27 Jahren im besten Alter. Beide müssen spielen. Und wenn die Verantwortlichen von Hertha klipp und klar sagen, dass das neben Xhaka die zwei Spieler sind, die der Verein unbedingt will, dann kann das ein ganz entscheidendes Argument für Götze und Draxler sein. Vertrauen ist genau das, was sie brauchen.

Was Hertha bei all den Visionen und Plänen allerdings nicht vergessen darf: Sie liegen nur vier Punkte vor dem Relegationsplatz und müssen sich erstmal ihrer größten Abstiegssorgen entledigen. Gelingt das, sind Transfers von Götze und Draxler genau das richtige Zeichen.

4. Wintertransfers: Bayern sollte verzichten, Dortmund zuschlagen

Im Januar öffnet das Transferfenster und nicht nur bei Hertha wird viel spekuliert. Dabei ist es im Winter immer extrem schwierig, Spieler zu verpflichten, die einem wirklich weiterhelfen. Der Markt gibt einfach nicht viel her. Die wirklich guten Spieler sind zumindest für die ganze Saison bei ihren Vereinen eingeplant und nicht zu bekommen. Und die Spieler, die nicht so zum Zug gekommen sind, helfen im Zweifel auch nicht sofort weiter, weil ihnen die Spielpraxis fehlt. Wintertransfers sind oft Notkäufe.

Das ist auch der Grund, warum sich Bayern sicherlich auf den Sommer konzentrieren wird, um das aufzufangen, was nun durch den Umbruch im vergangenen Sommer entstanden ist. Wenn die zahlreichen Verletzten nach und nach zurückkommen, hat der Kader auch genug Qualität. Dann heißt es eben auch mal Daumen drücken, dass die Leistungsträger verletzungsfrei durch die Rückrunde kommen.

Für die nächste Saison muss Bayern dann natürlich schon seine Lehren ziehen. Allein die Abhängigkeit von Robert Lewandowski ist ein Problem. Es ist lobenswert, dass Bayern ein paar junge Spieler in der Hinterhand hat, wie beispielsweise Joshua Zirkzee – aber das reicht am Ende natürlich nicht für die Ansprüche von Bayern München. Die Philosophie ist eine andere – und ich bin mir ziemlich sicher, dass die Tendenz im Sommer dahin geht, dass sie ein paar gestandene Spieler dazu holen, nicht nur im Angriff.

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Ich habe immer gesagt: Für eine hohe Trainingsqualität brauchst du 22 gestandene Feldspieler. Da reicht es nicht, die Mannschaft mit Nachwuchsspielern aufzufüllen. Und bis 22 fehlen dann doch noch ein paar Spieler.

Bei Dortmund sieht es etwas anders aus. Die Borussia muss etwas im Angriff tun, das ist klar – und das haben die Verantwortlichen bereits deutlich gesagt. Sie haben allerdings auch bereits einen hervorragenden Stürmer an der Angel.

5. Nübel-Wechsel: Wenn er draußen sitzt, war seine Entscheidung ein Fehler

Auch wenn der Wechsel noch nicht offiziell verkündet ist, wird Schalkes Stammtorwart und Kapitän Alexander Nübel zum FC Bayern wechseln. Das Problem: Der hat mit Manuel Neuer schon einen Torhüter im besten Torwartalter. Er hat die ein oder andere längerfristige Verletzung überwunden und wird sicher nicht freiwillig auf Spielzeit verzichten. Umso spannender ist die Frage, was Bayern dann mit Nübel macht.

Für mich ist klar: Wenn Nübel in der kommenden Saison bei Bayern auf der Bank sitzt, hat er definitiv die falsche Entscheidung getroffen mit dem Wechsel. Für seine Weiterentwicklung ist jeder Monat, den er draußen sitzt, ein verschenkter Monat. Für die kommenden Jahre kann es deshalb eigentlich nur eine Lösung geben. Sie müssen Nübel ausleihen, damit er anderswo Spielpraxis sammelt und am besten auch international spielt. Wenn er auf der Bank sitzt, stagniert er in seiner Entwicklung. Dass es dazu kommt, kann ich mir nicht vorstellen.

6. Bayerns Trainerfrage: Die Bosse haben alles richtig gemacht

Der FC Bayern hat sich dazu bekannt, mit Trainer Hansi Flick mindestens bis zum Saisonende weiterzumachen. Das ist natürlich goldrichtig. Er kann im Februar und März die Entwicklung beobachten und dann vielleicht auch über die Saison hinaus mit Flick weitermachen. Ich würde mir wünschen, dass es so kommt. Hansi Flick ist ein toller Typ, der auch bei der Mannschaft sehr gut ankommt. Ich kann mir gut vorstellen, dass das eine langfristige Lösung wird.

Genauso war es übrigens auch die richtige Entscheidung der Dortmunder, an Lucien Favre festzuhalten. Der Trainer ist nicht immer der Schuldige, wenn es mal ein paar Spiele weniger gut läuft. Favre ist mit dem BVB in der Bundesliga nach wie vor vorn dabei, in der Champions League und auch im Pokal weiter – das ist eher eine Frage der unrealistischen Erwartungshaltung.

7. Kampf um Haaland: Bei Dortmund hat er bessere Einsatzchancen

Erling Haaland ist einer der wenigen Spieler auf dem Markt, um die es sich zu kämpfen lohnt. Er ist erst 19 Jahre alt und hat in 22 Pflichtspielen für RB Salzburg 28 Tore erzielt. Er ist ein Brecher, eine Maschine – und steht offenbar vor einem Wechsel in die Bundesliga. Leipzig und Dortmund gelten als Kandidaten. Ich weiß nicht genau, inwieweit die Kooperation von RB Salzburg mit RB Leipzig die Entscheidung beeinflusst. Er würde beiden Klubs sehr gut zu Gesicht stehen.

Für einen Wechsel zum BVB sprechen die Einsatzchancen, die dort sicher höher wären als bei RB – gerade wenn Paco Alcácer auch in der Rückrunde verletzungsanfällig ist. Leipzig ist mit Yussuf Poulsen, Timo Werner und Patrik Schick im Sturmzentrum schon sehr gut ausgestattet.

8. Torjäger-Duell: Werner hat die richtige Entscheidung getroffen

Robert Lewandowski war für mich 2019 der beste Spieler überhaupt. Er hat in 58 Pflichtspielen in 2019 unglaubliche 54 Tore geschossen. In der Hinrunde der laufenden Saison hat er sogar mehr Tore erzielt als Spiele absolviert und in 25 Spielen 30-mal getroffen. Er hat den Titel "Deutschlands Fußballer des Jahres" noch nie bekommen, aber längst mehr als verdient. Wenn er auch nur im Ansatz so weitermacht wie bisher, geht kein Weg an ihm vorbei. Ein ähnliches Niveau hat aus meiner Sicht nur Leipzigs Timo Werner an den Tag gelegt.

Der hat offensichtlich letztlich alles richtig gemacht mit seiner Entscheidung, in Leipzig zu bleiben. Ein Spieler mit seiner Klasse hätte auch dem FC Bayern helfen können. Er hätte sich bei Bayern allerdings erstmal hinter Lewandowski anstellen müssen und ganz sicher nicht so eine überragende Bilanz wie bei RB. Er hat in 2019 insgesamt 31 Tore in 47 Pflichtspielen erzielt – davon allein 23 in 25 Pflichtspielen in der aktuellen Saison.

Die Quoten von Lewandowski und Werner sind außergewöhnlich. Jetzt ist die Frage: Wer wird im Kampf um die Torjägerkanone von seinen Mitspielern besser eingesetzt? Wer hält konstant seine Leistung? Die muss nicht immer Weltklasse sein, sollte sich aber auf hohem Niveau bewegen.

9. Der deutsche Fußball: Abgerechnet wird in der K.-o.-Phase

Wo steht der deutsche Fußball? Diese Frage beschäftigt uns seit Jahren. Für Gladbach war das Aus in der Europa League eine riesige Enttäuschung, das war auch den Aussagen von Trainer Marco Rose zu entnehmen. Die Ansprüche sind dort in den vergangenen Jahren gestiegen, das muss man klar und deutlich sagen. Aber: Alle anderen deutschen Klubs haben sich sehr gut verkauft und sind weitergekommen. Bayern hat sich in der Champions League gewohnt souverän durchgesetzt – und auch Leipzig ist extrem stabil geblieben. Dortmund hat sich in einer schwierigen Gruppe behauptet, das war nicht selbstverständlich. Die Zwischenbilanz ist also dieses Jahr eine sehr positive – mehr aber auch nicht. Wo der deutsche Fußball steht, werden wir in der K.-o.-Phase sehen.

10. Höhenflug mit Liverpool: Klopp kann eine Ära prägen wie zuletzt Real Madrid

Vorweg: Ich gehe schwer davon aus, dass Liverpool in dieser Saison Meister in England wird. Die Mannschaft ist viel zu hungrig auf diesen Titel, als dass sie den Vorsprung von 13 Punkten auf Leicester und 14 auf Manchester City noch verspielen würde.

Dementsprechend kann man Klopp nur ein Riesenkompliment machen für das, was er da aufgebaut hat. Wenn er nach dem Sieg in der Champions League auch noch Meister wird, hat er endgültig Legendenstatus erreicht. Und wenn es am schönsten ist oder man alles erreicht hat, soll man gehen, heißt es zumindest. In diesem Fall gilt das aber ganz sicher nicht.

Jürgen Klopp hat bis 2024 verlängert. Er fühlt sich pudelwohl, seine Mannschaft spielt einen sensationellen Fußball. Und sein Hunger wird auch nach einem Meistertitel nicht gestillt sein. Sollte er mal in eine Situation kommen wie die Krise in Dortmund damals, muss er rechtzeitig eine Entscheidung fällen – aber da sehe ich ihn noch überhaupt nicht. Im Gegenteil. Klopp kann mit Liverpool eine Ära prägen wie zuletzt Real Madrid mit drei Champions-League-Siegen in Folge.

Bei Real hat man auch jedes Jahr gedacht: Jetzt sind sie satt. Waren sie aber nicht. Jürgen Klopp ist nie satt – und das beeindruckt mich zutiefst. Liverpool gehört als Titelverteidiger auch in der Champions League zu den absoluten Topfavoriten.

Fazit: Ob in der Bundesliga, Premier League oder in der Champions League – wir können uns auf eine megaspannende Rückserie und ein grandioses Finale freuen. Dies ist für 2019 die letzte Kolumne. Ich wünsche Ihnen einen guten Rutsch und ein wunderbares neues Jahr – und freue mich sehr auf zahlreiche weitere Kolumnen, Diskussionen und Anregungen in 2020.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
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