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HomeSportFußballKolumne - Stefan Effenberg

FC Bayern: "Einfach schlecht" – Effenberg kritisiert Rekordmeister


Klatsche in Barcelona
Dortmund taumelt Richtung Absturz

MeinungEine Kolumne von Stefan Effenberg

Aktualisiert am 10.04.2025Lesedauer: 5 Min.
Niko Kovac nach dem 0:4 in Barcelona: Der 53-Jährige ist seit Februar Trainer von Borussia Dortmund.Vergrößern des Bildes
Niko Kovač nach dem 0:4 in Barcelona: Der 53-Jährige ist seit Februar Trainer von Borussia Dortmund. (Quelle: Sergio Ruiz / Imago/imago-images-bilder)
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Der deutsche Rekordmeister verliert das Hinspiel gegen Inter Mailand – und muss sich dabei einen großen Vorwurf gefallen lassen, schreibt t-online-Kolumnist Stefan Effenberg. Für Borussia Dortmund kann es dagegen nur noch um eines gehen.

Es wäre eigentlich eine wunderbare Geschichte gewesen: Der FC Bayern liegt im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League gegen Inter Mailand 0:1 hinten, kommt dann durch ein Tor des gerade erst eingewechselten Thomas Müller fünf Minuten vor Schluss wieder zurück und rettet letztlich das 1:1. Aber es kam anders am Dienstagabend.

Ich sage es ganz deutlich: Es kann und darf für eine Spitzenmannschaft wie die Bayern einfach nicht sein, dass man in der 88. Minute, kurz nach dem Ausgleichstreffer, noch das 1:2 kassiert. Wenn du erst in der 85. Minute das 1:1 erzielst, dann setzt du alles daran, in der verbleibenden Spielzeit kein Risiko mehr einzugehen. Stattdessen rückten die Münchner noch einmal raus, gingen selbst auf das Siegtor. Das ergab einfach überhaupt keinen Sinn – vor allem mit Blick auf das noch ausstehende Rückspiel kommende Woche. So spielst du eben dann, wenn es wirklich direkt ums Weiterkommen geht, aber nicht bereits im Hinspiel. Fast schon folgerichtig fingen die Bayern sich dann noch das spielentscheidende Gegentor. Das war einer Spitzenmannschaft einfach nicht würdig, im Gegenteil. Das war einfach schlecht.

An dieser Stelle muss ich dann aber auch Joshua Kimmich in die Pflicht nehmen. Wo war er da? Denn als Mannschaftskapitän ist er hauptverantwortlich dafür, in einer solchen Situation seinen Mitspielern zu sagen: Wir haben jetzt gerade das 1:1 gemacht und gehen jetzt nicht direkt auf das nächste Tor, wir lösen hier unsere Ordnung nicht auf.

Nein, dieses 1:2 darf den Bayern so einfach nicht passieren. Ganz deutlich: Das ärgert mich wirklich.

In Mailand muss viel zusammenkommen für die Bayern

Natürlich ist im Rückspiel theoretisch noch alles drin für die Bayern, aber ich sehe Inter schon im Vorteil. Trainer Vincent Kompany, Harry Kane, auch Thomas Müller gaben sich in den Interviews nach der Niederlage zuversichtlich und betonten, dass noch alles möglich ist. Das müssen sie auch sagen, und sie haben recht: Es ist schließlich nur ein Tor, das sie aufholen müssen, um wieder alles auf Anfang zu stellen. Und wenn das eine Mannschaft schaffen kann, dann der FC Bayern.

Aber insgeheim werden sie auch wissen, welche Mammutaufgabe in Mailand auf sie wartet. Da muss schon wirklich viel, wenn nicht alles zusammenkommen, damit es doch noch mit dem Einzug ins Halbfinale klappt und der Traum vom "Finale dahoam" am Leben erhalten bleibt.

Ja, auch ich hatte übrigens mit Thomas Müller in der Startelf des FC Bayern für das Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League gegen Inter Mailand gerechnet, hatte mich zuvor auch deutlich dafür ausgesprochen. Dass sich Kompany dann aber plötzlich für Raphaël Guerreiro auf der Zehn entschied, hat mich doch sehr überrascht. Guerreiro habe vor wenigen Wochen in der Bundesliga mit seinen zwei Toren gegen Bochum einen guten Eindruck hinterlassen, begründete Kompany seine Entscheidung. Das ist für mich als Erklärung etwas dünn.

Kompany ist aber Profi genug, aufkommende Diskussionen um die Müller-Personalie – was wäre gewesen, wenn er von Anfang an gespielt hätte? – beiseitezuschieben und nun den Fokus voll auf das Rückspiel zu richten.

Kovac versucht, beim BVB zu retten, was noch zu retten ist

Der Fokus von Borussia Dortmund wird indes nicht mehr auf der Champions League liegen. Das war eine brutale Enttäuschung für den BVB beim FC Barcelona. Barça war beim 4:0 nicht nur eine Nummer, sondern gleich zwei, drei Nummern zu groß. Bei aller Unbeständigkeit der Dortmunder in dieser Saison haben sie aber doch in der Champions League bisher gute Leistungen gezeigt – Barcelona jedoch war einfach in jeder Hinsicht zu stark.

Aber vielleicht hat diese krachende Niederlage sogar einen positiven Effekt. Denn wenn sie richtig hingeschaut haben, muss den Machern aus der BVB-Führungsetage nun endgültig klar geworden sein, wo der Kader für die kommende Saison verstärkt werden muss und wer in der aktuellen Mannschaft die nötige Qualität hat – oder eben nicht. Dieses 0:4 hat ihnen alle Antworten auf diese Fragen gegeben.

Dortmund erging es am Mittwochabend in Barcelona wie einem Dritt- oder Viertligisten im Pokal gegen einen Top-Klub aus der 1. Liga: In der ersten Halbzeit wird noch tapfer dagegengehalten, aber eher früher als später gehen ihnen die Kräfte aus, und sie kassieren reihenweise Tore.

Ich empfinde es als amüsant, wie vor und nach den Spielen die taktischen Aspekte betont werden. Taktik hin, Taktik her – natürlich ist das auch ein wichtiger Punkt, aber entscheidend ist doch, dass die Spieler die ihnen aufgetragenen Rollen richtig ausfüllen können. Das war besonders unter Nuri Şahin das Problem. Niko Kovač versucht als neuer Trainer jetzt, zu retten, was noch zu retten ist. Es wäre ein absolutes Armutszeugnis, wenn bei weiteren Enttäuschungen in den kommenden Wochen er auch noch infrage gestellt würde.

Dann gerät Europa in immer weitere Ferne

Diese Saison kann dem BVB tatsächlich noch richtig wehtun. Aktuell sind es in der Bundesliga zwar nur drei Punkte bis Rang sechs. Aber nach dem Klassiker bei den Bayern spielt Dortmund unter anderem noch gegen Borussia Mönchengladbach (am 30. Spieltag) und bei Bayer Leverkusen (am 33. Spieltag). Wenn sie am Samstag in München verlieren, erhöht sich der Druck noch einmal, und die Europaränge geraten in immer weitere Ferne. Ich lege mich jetzt fest: Borussia Dortmund wird in der kommenden Saison nicht in der Champions League spielen.

BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke erklärte vor wenigen Wochen sogar: Wenn man die Qualifikation für das internationale Geschäft nicht schaffe, könne man die ausbleibenden Einnahmen immer noch mit dem Verkauf von ein, zwei Spielern ausgleichen. Ich weiß nicht, ob das eine so gute Aussage war, das hat mich doch sehr irritiert. Er liefert den Spielern damit schon im Voraus eine Entschuldigung fürs Scheitern in einer ohnehin verfahrenen Situation – aber: Das haben sie sich in Dortmund mit zu vielen falschen Entscheidungen in der jüngeren Vergangenheit auch selbst eingebrockt.

Der Druck im "Klassiker" am Samstag liegt also aufseiten der Dortmunder, die mit den Siegen gegen Mainz 05 und den SC Freiburg zuletzt zwei wichtige Erfolge gegen direkte Konkurrenten einfahren konnten. Natürlich wissen auch die Bayern, dass Verfolger Leverkusen nur sechs Punkte entfernt ist und auf einen Ausrutscher lauert. Aber für die Münchner geht es darum, sich – ausgerechnet gegen den BVB – wieder die nötige Sicherheit, das richtige Gefühl für das Rückspiel bei Inter am Mittwoch zu holen. Mehr noch: Während es für Dortmund nur noch um wenig geht, geht es für die Bayern jetzt um alles. Auf sie wartet nun die größte Herausforderung der Saison.

Verwendete Quellen
Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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