Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Kürzungen bei Buslinien Ein fatales Signal
Die VAG fährt Verluste ein, in der Stadtkasse ist ohnehin Ebbe. Jetzt soll der Fahrplan verschiedener Linien zusammengestrichen werden – warum das trotz Haushaltsloch falsch ist.
Die Stadtkasse ist leer, Nürnberg muss sparen. Das trifft jetzt auch die Verkehrs-Aktiengesellschaft (VAG). Ganze Buslinien sollen eingestellt werden. Ein fatales Signal in Zeiten, in denen es eigentlich darum gehen sollte, noch mehr Menschen in Busse und Bahnen zu locken.
Nürnberg hat in den vergangenen Jahren, was den Nahverkehr angeht, vieles richtig gemacht. Immer häufiger lassen die Nürnberger ihr Auto stehen, verkündeten die Verkehrsbetriebe vor wenigen Monaten stolz bei einer Pressekonferenz. Genau diese Entwicklung könnte das kleine Streichkonzert ins Wanken bringen.
300.000 Fahrgäste jährlich würde die VAG dadurch nach Schätzungen verlieren. 300.000 Mal Ärger, Unverständnis und Wut wären also die Folge – und das bei einem Einsparpotenzial von zwei Millionen Euro pro Jahr. Ein verschwindend geringer Betrag, bei einem Stadthaushalt von circa 2,5 Milliarden Euro.
Unterstützer der Pläne argumentieren, dass die Fahrgäste von den Kürzungen kaum etwas mitbekommen würden. Bei den Buslinien, die auf der Streichliste stehen oder bei denen der Fahrplan ausgedünnt werden soll, gehe es um Linien, die ohnehin kaum genutzt würden.
Nach der OP am Bein geht es bald zu Fuß weiter
Was auf den ersten Blick schlüssig wirken mag, wirkt beim zweiten Blick wie Hohn. Bestes Beispiel: Die Linie 84, die den Plärrer mit der Erler-Klinik am Kontumazgarten verbindet. Sicher, das Krankenhaus ist für jeden gesunden Menschen in wenigen Minuten zu Fuß von einer der umliegenden Tramhaltestellen erreichbar. Wer aber nach einer OP nicht so gut zu Fuß ist, hat ohne Auto keine Chance, vom Krankenhaus wegzukommen.
Eines gilt aber auf allen Linien, die von den Streichungen und Kürzungen betroffen wären, gleichermaßen: Die Leidtragenden wären junge Menschen, alte Menschen, Kranke und Leute, die es sich nicht leisten können oder wollen, mit dem eigenen Auto zu fahren.
Und genau das kann sich die Stadt nicht leisten: Schon heute leidet sie überdurchschnittlich stark unter dem Klimawandel. Es vergeht kein Sommer, in dem die Menschen im dicht bebauten Nürnberg nicht unter der extremen Hitze ächzen oder Starkregen die Unterführungen volllaufen lässt.
Dazu kommt noch der immaterielle Schaden, den Nürnberg mit den Streichungen anrichten würde. Sie wären ein Signal dafür, dass es nie eine wirkliche Verkehrswende geben wird – weil Klimapolitik beim kleinsten Problem drittrangig wird.
Unbestritten ist doch: Klimaschutz und die dafür nötige Verkehrswende können nur gelingen, wenn alle mitmachen. Und wer morgen vergebens auf den nächsten Bus wartet, wird sich übermorgen dreimal überlegen, ob er wirklich auf die Öffis setzt.
Noch ist Zeit
Den Menschen, die nicht zufällig in der Nähe einer U-Bahn oder Straßenbahnhaltestelle wohnen oder arbeiten, nützt es auch nichts, dass der Stadtrat weiter kräftig in den Schienenverkehr investieren will. Es ist deshalb schlicht falsch, sinngemäß zu sagen, "wir bauen das Straßenbahnnetz in der Stadt weiter aus und sparen dafür an den Bussen".
Die Stadt braucht die Buslinien, die die letzte Meile bedienen, genau wie die Straßenbahnen und die U-Bahnen. Noch ist nichts verloren. Am Mittwoch kommt das Thema im Stadtrat erneut auf den Tisch. Dann wäre es an der Zeit zu überlegen, wo gespart werden kann – ohne das ins Wanken zu bringen, was die Stadt in Sachen Verkehrswende schon erreicht hat.
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