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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Geflutete Unterführungen in Nürnberg Unwetter: "Im Notfall ist man hier abgeschnitten"
Wenn es in Nürnberg stark regnet, droht ein Straßenzug zur Insel zu werden. Zwischen zwei Unterführungen geht die Angst um. Doch die Feuerwehr beruhigt.
Wenn Starkregen über Nürnberg aufzieht, schauen die Anwohner im Stadtteil Gleißhammer mit bangem Blick in Richtung Unterführungen. Denn ein rund 400 Meter langes Teilstück der Zerzabelshofstraße liegt genau zwischen zwei Bahnunterführungen. Wenn beide gleichzeitig geflutet werden, wird das Wohngebiet theoretisch zur Insel. Mitte Mai ist aus Theorie Wirklichkeit geworden. Der Straßenzug war vom Rest der Stadt abgeschnitten.
Die Geschwister Tobias Grauthoff (35) und Tanja Hirsch (57) leben seit dem letzten Unwetter in Sorge. Sie wohnen nämlich genau zwischen der Bahnunterführung am S-Bahnhof Gleißhammer und der alten Bahnunterführung wenige Meter weiter. Während die alte Bahnunterführung schon seit Jahren immer mal wieder überflutet ist, blieb die neuere meistens trocken. Anders am Abend des 16. Mai: Starkregen entlud sich auf Nürnberg, beide Unterführungen liefen binnen Minuten zu.
Die Feuerwehr kommt zu Fuß
Bei den Geschwistern lief gleichzeitig der Keller voll. Deshalb setzten sie einen Notruf ab. Grauthoff sagt: "Die Feuerwehr musste zu Fuß hierherkommen, da nicht nur die eine, sondern auch die andere Unterführung vollgelaufen war."
Zwar konnten die Geschwister die Lage selbst wieder unter Kontrolle bringen. Doch was ist bei einem echten Notfall während des Hochwassers? "Man ist hier abgeschnitten", so Grauthoff. Ein anderer Mann, der sich als Jürgen vorstellt und in der Nähe wohnt, sagt: "Besonders problematisch wird es, wenn während des Hochwassers mal ein Rettungswagen oder die Feuerwehr durchmuss."
Feuerwehr konnte durch Fluten fahren
Sebastian Kahl, der Pressesprecher der Nürnberger Berufsfeuerwehr, beruhigt. Er bestätigt zwar, dass ein Teil Gleißhammers in der Nacht vom Rest der Stadt abgeschnitten war – allerdings nur für normale Autos. Eine Einheit der Feuerwehr sei hingegen mit einem speziell ausgestatteten Fahrzeug durch die Unterführung gefahren. Als "First Responder" – also um die Lage zu erkunden. Ein weiterer Lastwagen der Feuerwehr habe bereitgestanden, dieser hätte im Ernstfall auch die Besatzung eines Rettungswagens durch die Fluten fahren können, sagt Kahl.
Auch dafür, dass die Feuerwehr zu Fuß zum Haus der Geschwister kam, hat Feuerwehrsprecher Kahl eine Erklärung. Bei größeren Lagen sei es üblich, dass sich einzelne Kräfte von ihrer Einheit trennen, um die Lage an anderen Einsatzstellen zu erkunden. Dies werde je nach Entfernung auch zu Fuß gemacht, erklärt Kahl.
"Nichts hat sich verbessert"
Dennoch bleibt in Gleißhammer die Sorge vor Hochwasser: Rentnerin Vera Rozsypalek wohnt seit mehr als 40 Jahren in einer Seitenstraße der Zerzabelshofstraße und hat schon unzählige Überflutungen miterlebt. Sie sagt: "Die Stadt hat zwar immer versucht, etwas zu machen, doch es hat sich nichts verbessert."
Nicola Mögel vom Umweltreferat bestätigt, dass der Stadt das Problem in Gleißhammer bekannt ist. Die ältere von beiden Unterführungen sei nicht mit einem Pumpwerk ausgestattet. Bedeutet: Wenn die Kanäle unterhalb der Unterführung bei Starkregen überfüllt sind, wird das Wasser an die Oberfläche gedrückt. Deshalb steht diese Unterführung so oft unter Wasser.
Umweltreferat: Das Problem ist der Klimawandel
Um das Problem in Gleißhammer wie auch andernorts im Stadtgebiet dauerhaft in den Griff zu bekommen, sei ein Stadtumbau notwendig, sagt Mögel. Sie betont aber auch, dass das eigentliche Problem der Klimawandel sei. Schon jetzt trete Starkregen in Nürnberg häufiger und intensiver auf.
Das macht auch den Geschwistern Grauthoff und Hirsch Sorgen. Von der Stadt wünschen sie sich nun schnelles Handeln. Sie fordern einen Notfallplan für die Zerzabelshofstraße. Damit nicht nur sie, sondern alle Anwohner zwischen den Unterführungen ein sicheres Gefühl haben.
- Reporter vor Ort