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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Überraschende Erfolgsgeschichte Hier ist alles für die Katz: Nürnberger Start-up räumt ab
Ein junges Start-up aus Nürnberg setzt ganz auf "Cat-Content". Ihr Erfolgsprodukt: Katzenklos. Damit treffen sie offenbar einen Nerv.
Als seine heutige Frau zwei Katzen in die Beziehung brachte, war das der Moment, als sich Jan Hrdina der Deutschen liebstes Haustier nicht länger verwehren konnte. Elly und Bruce eroberten zwar sein Herz. Doch bald nervten den 44-Jährigen die Krümel, die die beiden Katzen nach ihrem Toilettengang auf dem Boden hinterließen. Er war das ständige Saugen und Putzen leid.
Er erzählte seinem Arbeitskollegen, Michael Scholz, davon, und der meinte: "Da muss man doch etwas machen können." Und so war 2019 die verrückte Idee eines neuartigen Katzenklos und mit ihr das Start-up Elly & Bruce geboren. "Cloou" heißt ihre Erfindung, die 2023 schließlich auf den Markt kam und gleich mit dem begehrten German Innovation Award ausgezeichnet werden sollte.
Überall herumliegendes Katzenstreu ist ein Problem, das wohl jeder Katzenbesitzer kennt. Und von denen gibt es Hrdinas Angaben zufolge immerhin 17 Millionen in Deutschland. Ein riesiger Markt mit viel Potenzial also. "Wir wollten nicht einfach das tausendste Katzenklo auf den Markt bringen, sondern eine ästhetische Katzentoilette entwickeln, die einen wirklichen Mehrwert bietet", so Scholz. Die das Zusammenleben zwischen Mensch und Tier noch besser mache.
Also tüftelten sie zusammen mit einem Designer an einem Prototyp herum. Nach der Arbeit, in ihrer Freizeit. Und das neben dem Familienleben mit jeweils zwei Kindern. "Ich stehe um 6 Uhr auf und gehe nachts um 12 Uhr ins Bett", erklärt der 38-jährige Scholz. Wie Arbeit aber fühle sich Elly & Bruce nicht an, dafür habe er zu viel Spaß. Viel Zeit aber auch, in der die Familie auf ihn verzichten muss. "Ohne die Unterstützung unserer Frauen wäre all das gar nicht möglich", erklärt er demütig.
Überraschend viele Interessenten und positives Feedback
Als der Prototyp aus Pappkarton nach monatelanger Entwicklung nun stand, ging es für die Gründer auf die Suche nach Testhaushalten. Überraschend viele meldeten sich nach einem Aufruf über eine digitale Nachbarschaftsplattform, zeigt sich Scholz noch immer erstaunt. So viele, dass er wochenlang damit beschäftigt war, den Papp-Prototyp von einem zum nächsten Tester durch die Stadt hin und her zu fahren. Am Ende hatte er wertvolle Erfahrungsberichte von rund 50 Katzenbesitzern gesammelt. Und die seien überraschend positiv ausgefallen. Das bekräftigte die beiden, weiterzumachen. Und ihr Start-up zu gründen.
Das Erfolgsrezept: die "Streuauffang-Treppe". Beim Hinabsteigen der Stufen spreizen die Katzen ihre Pfoten, wobei sich die Streureste lösen. Die Herausforderung: ein Klo zu entwerfen, das für wirklich alle Katzen geeignet ist. Denn, so lautete eine Erkenntnis: Es gibt unter ihnen auch Stehpinkler und starke "Buddler".
Katzen sind Gewohnheitstiere, die empfindlich auf Änderungen in ihrer Hygiene-Umwelt reagieren. "Viele Besitzer waren skeptisch, ob ihre Katze die neue Toilette annimmt." Die Zufriedenheit unter den Besitzern aber sei hoch, versichern sie. Die Toilette kostet rund 200 Euro. Die Verkäufe liefen sehr gut an, erklärt Scholz – "dafür, dass wir ein Start-up sind, das so gut wie keiner kennt."
Und dann wurde es nach drei Jahren Entwicklung plötzlich ernst. Ein Hersteller in Schwabach in der Nähe von Nürnberg war gefunden, die Werkzeuge wurden gefertigt, und dann ging es wirklich los. Ein Kredit über eine halbe Million Euro finanziert all das aktuell noch. Zeit für die Serienproduktion!
Unterstützung durch das Nürnberger Gründerzentrum Zollhof
Außerdem konnten sie sich einen Platz in Nürnbergs begehrtem Gründerzentrum Zollhof sichern. Dort werden junge Unternehmen mit Coachings und Know-how durch Mentoren unterstützt. Die Räume im Nürnberger Stadtteil Steinbühl ermöglichen den Zugang zu vergünstigter IT-Infrastruktur oder die Teilnahme an Veranstaltungen, um die Sichtbarkeit zu erhöhen. Das erklärt Anne Braun, Sprecherin vom Zollhof. "Nicht zuletzt profitieren von uns unterstützte Start-ups von unserem sehr aktiven Ökosystem aus etablierten Unternehmen" und Investoren wie etwa der Uni, der Stadt und Siemens.
Eine gute Stütze, denn der freie Markt zeigt sich unerbittlich: So scheiterten 90 Prozent der Start-ups innerhalb der ersten drei Jahre, so Braun. Im Gegensatz dazu stehe die Quote im Zollhof: Dort sind nach eigenen Angaben "über 70 Prozent der mittlerweile 95 von uns im Rahmen unseres Programms unterstützten Start-ups erfolgreich am Markt und haben über 1.000 Jobs geschaffen."
Dabei sei nach Ansicht Brauns auch immer das Gründer-Team entscheidend, ob eine Idee langfristig erfolgreich sein könne. Dies sei bei Elly & Bruce durch den Background der Gründer gegeben. Beide haben Wirtschaftsingenieurwesen studiert und arbeiten neben dem Start-up fest im strategischen Produktionsmanagement.
Die Vision des jungen Start-ups ist ehrgeizig: Sie wollen nichts Geringeres, als die Katzengesundheit revolutionieren. Zum Beispiel durch die Früherkennung von Krankheiten, in dem Sensoren oder Kameras das Verhalten des Tieres analysieren. Aus dem Toilettengang einer Katze lasse sich aus medizinischer Sicht viel herauslesen, erklären sie. Dazu seien sie bereits in ersten Gesprächen mit Tierärzten.
"Denn Katzen lassen leider oft zu spät erkennen, wenn ihnen was fehlt." Das weiß Hrdina aus leidvoller Erfahrung. Denn Elly und Bruce, die Katzen seiner Frau, seien mittlerweile gestorben. An Krankheiten, die im Frühstadium eventuell hätten gestoppt werden können: Elly 2021 an einem Herz-Kreislaufkollaps nach einer chronischen Nierenkrankheit, Bruce vor wenigen Wochen an einer Schilddrüsenfehlfunktion.
Als sie schließlich bemerkten, dass etwas nicht stimmte, konnte der Tierarzt nichts mehr ausrichten. "Wir sind immer noch ganz traurig", sagt der 44-Jährige mit gesenkter Stimmte. Umso schöner sei es nun, dass Bruce und Elly durch das Unternehmen unvergessen seien.
- Telefonat mit Gründern von "Elly & Bruce"
- Anfrage bei Anne Braun vom Zollhof
- elly-bruce.com: Homepage (12. Juli 2023)