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Rassismus-Vorwürfe im Fasching: Der "Chinesenfasching" in Dietfurt


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Rassismusvorwürfe im Fasching
Hier halten sie an ihrem "Chinesenfasching" fest


Aktualisiert am 15.02.2023Lesedauer: 3 Min.
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Kinder in Kostümen nahmen am "Chinesenfasching" in Dietfurt teil (Archivbild): Jüngst wurden Rassismusvorwürfe gegen die Veranstaltung laut. Vor Ort kann das niemand nachvollziehen. (Quelle: imago stock&people)

Dietfurt verwandelt sich einmal im Jahr in "Bayerisch China": An diesem "Unsinnigen Donnerstag" tanzt sogar eine Truppe aus dem echten China mit. Von Rassismus will niemand etwas wissen.

Jedes Jahr, wenn nicht gerade Corona ist, verwandelt sich die beschauliche Stadt Dietfurt in der Oberpfalz am "Unsinnigen Donnerstag" in eine Chinatown. Bewohner grüßen sich dann mit "Ni Hao!", der Metzer heißt "China-Metzger", es gibt "China-Krapfen" und "China-Brezen". Jedes Jahr strömen bis zu 20.000 Menschen nach Dietfurt, um den "Chinesenfasching" ausgiebig zu feiern. Bewohner und Besucher, viele tragen an diesem Tag mehr oder minder authentische Kleidung aus Fernost. Seit den 1950er-Jahren feiern die Dietfurter diesen Tag.

Neu sind Vorwürfe, die die Dietfurter seit einigen Jahren begleiten. Ihnen werden Rassismus und kulturelle Aneignung vorgeworfen, Menschen mit chinesischen Wurzeln prangern die Dietfurter auf Social-Media-Plattformen wie TikTok an: In einem fast eine Minute langen Video des Accounts "willkommen_zuhause" äußerte sich vor einigen Wochen eine junge Frau kritisch zum Chinesenfasching in der Oberpfalz. "Tausende Weiße, die sich ihre Gesichter gelb anmalen und sich als Chinesen ausgeben", sagt sie in dem Video: Yellowfacing, gefakte chinesische Akzente und Kostüme würden dazugehören.

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Damit würden viele Teilnehmer, so die TikTokerin, auch wenn sie es ohne Absicht tun, gefährliche Stereotype verbreiten. Es seien "weiß geprägte Fantasien", was chinesisch sei. Dies sei keine kulturelle Wertschätzung, sondern täusche darüber hinweg, dass "ostasiatisch gelesene Menschen noch immer rassistische Gewalt erfahren", erklärt sie. "Unsere Lebensqualität und Hautfarbe ist kein Kostüm, das wir beliebig ablegen können."

Und auch auf Twitter sammelten sich unter dem Hashtag #chinesenfasching viele Kommentare, die die Feier in Dietfurt kritisch sehen. Eine Userin schreibt: "Hab heute vom Dietfurter Chinesenfasching erfahren und wundere mich zwar nicht, dass es Bayern ist, aber bin doch extrem angewidert. Wie rassistisch kann man sein?"

Der "Chinesenfasching" in Dietfurt soll historische Wurzeln haben

Die Dietfurter selbst berufen sich beim "Chinesenfasching" auf historische Wurzeln: Einer Legende nach schickte der Fürstbischof von Eichstätt seinen Kämmerer nach Dietfurt, um Steuern einzutreiben. Die Dietfurter wussten das zu verhindern, indem sie sich hinter den Stadttoren verbarrikadierten und den Kämmerer nicht einließen. Der musste unverrichteter Dinge abreisen. Er soll sich beschwert haben, die Dietfurter seien hinter ihrer Mauer "wie die Chinesen".

Das ist die Legende hinter dem Brauch. Tatsache ist, dass sich die Dietfurter Stadtkapelle 1928 zum ersten Mal als "Chinesen" verkleidete: 16 Männer und Frauen mit Reishut, chinesischem Zopf und Gewand. Seinen ersten Kaiser wählte Dietfurt 1954: "Ma-Ler-Gie". Unschwer zu erraten, war der Mann von Beruf Maler.

Von dieser Legende erzählt der Dietfurter Bürgermeister Bernd Mayr auch im Gespräch mit t-online. Mayr, seit 2020 im Amt, muss die Geschichte dieser Tage oft erzählen. Seit der Kritik auf Social Media am Chinesenfasching "mache ich nichts anderes mehr, als Interviews zu geben", erzählt der Bürgermeister. Etwas Gutes habe die Aufmerksamkeit in jedem Fall: Dietfurt erwarte in diesem Jahr einen Besucherrekord am "Unsinnigen Donnerstag".

In diesem Jahr tanzen Frauen aus China beim "Chinesenfasching" mit

Rassismus, sagt Mayr, werde es an diesem Tag nicht geben. "Ich musste niemanden sensibilisieren, dass er sich nicht gelb schminkt. Das machen vielleicht auswärtige Besucher, aber kein Dietfurter." Stattdessen würden sich viele Teilnehmer des Faschingstreibens sogar an authentischer chinesischer Kleidung, vor allem aus der Kaiserzeit, orientieren. Und in diesem Jahr werde erstmals eine Gruppe von 45 Frauen aus China beim Umzug mittanzen.

Auch Vertreter des chinesischen Generalkonsulats aus München seien jedes Jahr dabei und "finden es klasse". "Wären wir Rassisten, würden diese Menschen dann kommen?" Selbst das Generalkonsulat, sagt der Bürgermeister, habe sich über die Kritik am Faschingstreiben irritiert gezeigt und diese nicht verstanden.

Ohnehin reichen Dietfurts Verbindungen zu China weit über den "Chinesenfasching" hinaus: Die kleine Stadt in der Oberpfalz hält eine Kulturpartnerschaft mit der Millionenstadt Nanjing in Ostchina und veranstaltet jeden Sommer ein bayerisch-chinesisches Freundschaftsfest. Und wenn nicht gerade Pandemie ist, besucht man sich auch gegenseitig. Mayr sagt, er sei schon in Nanjing gewesen; es sei eine schöne, gastfreundliche Stadt. Auch Kostüme von dort habe man schon für den Fasching erhalten.

Der Dietfurter Bürgermeister ist eng in die Planungen zum "Chinesenfasching" einbezogen – und stolz auf das Fest. Er sagt, "das lassen wir uns auch von Kritikern nicht ruinieren. Ich würde mich freuen, wenn jemand von ihnen zum Feiern zu uns kommt und sich vor Ort informiert. Aus der Ferne urteilen, ist immer leicht." Nun müsse er aber weiter, sagt Mayr. In den letzten Tagen vor dem Chinesenfasching gebe es unglaublich viel zu tun. Bis dann am Donnerstagmorgen um 2 Uhr der Weckruf durch die Dietfurter Gassen schallt.

Verwendete Quellen
  • Schriftliche Anfrage beim chinesischen Generalkonsulat in München
  • Schriftliche Anfrage bei der chinesischen Botschaft in Berlin
  • TikTok-Video von "willkommen_zuhause"
  • Mehrere Youtube-Videos zum "Chinesenfasching"
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