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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Urteil am Landgericht Köln Tinder-Vergewaltiger muss ins Gefängnis
Ein 29-Jähriger Kölner soll für über drei Jahre ins Gefängnis. Er hat sich an einer Frau vergangen, mit der er ein Date hatte. Vor Gericht blieben aber noch Unklarheiten.
Hatte er sich zum Prozessbeginn noch flapsig und guter Dinge gegeben, so zeigte der Angeklagte nun eine versteinerte Miene, als Richter Dr. Oliver Schmankowski das Urteil verlas, das die 13. Große Strafkammer am Landgericht Köln über den 29-Jährigen sprach: Wegen Vergewaltigung, Körperverletzung und Diebstahls soll er für drei Jahre und acht Monate ins Gefängnis.
Außerdem hat er dem Opfer seiner Taten ein Schmerzensgeld von 7.500 Euro zuzüglich Zinsen zu zahlen und muss alle Schäden ersetzen, die ihr aus der Tat entstehen, sofern diese nicht durch Sozialversicherungsträger abgedeckt sind. Die Frau war im Verfahren als Nebenklägerin anwaltlich vertreten.
Unstrittig ist, dass er sich im vergangenen Dezember an einer Frau vergangen hat, die er am gleichen Tag über die Dating-Plattform Tinder kennengelernt hatte. Das hatte der angeklagte Kölner eingeräumt. Nach einem kurzen Chat hätten sich die beiden zu einem Spaziergang verabredet, dann aber wegen des kalten Wetters entschieden, lieber die Wohnung der Nebenklägerin aufzusuchen, rekapitulierte Richter Schmankowski.
Opfer soll mit HIV-Geständnis provoziert haben
Wie es dann weiterging, darüber machten Angeklagter und Nebenklägerin unterschiedliche Angaben. Nach den Schilderungen des Angeklagten kam es zunächst zu einvernehmlichen Zärtlichkeiten und Intimitäten. Dann habe sich die Frau aber als HIV-positiv geäußert, woraufhin er wütend geworden sei. Aus dieser Konstellation heraus habe er Bargeld aus ihrer Tasche entwendet und ihr gesagt, davon werde er einen HIV-Test bezahlen. Erregt sei er nicht mehr gewesen, habe sie aber demütigen wollen. Daher kam es zu Handgreiflichkeiten und erzwungenen weiteren Intimitäten.
Die Nebenklägerin hingegen bestritt, dass die einvernehmlichen Zärtlichkeiten über einen "Schmatzer" hinausgingen. Nach ihrer Darstellung ertappte sie den Angeklagten nach einem Toilettengang dabei, dass er Geld aus ihrer Tasche nahm. Außerdem habe er sie bedrängt, ins Schlafzimmer genötigt und gegen ihren Willen entkleidet. Erst in diesem Zusammenhang habe sie die Behauptung aufgestellt, HIV-positiv zu sein, damit er von ihr ablasse.
Aussagen des Opfers nicht ganz stringent
Die Kammer folgte in ihrer Beweiswürdigung den Angaben des Angeklagten, doch Schmankowski machte auch deutlich: "Das heißt nicht, dass wir denken, dass die Nebenklägerin nicht die Wahrheit sagt." Beim Vergleich von insgesamt vier Aussagen, die die Frau gegenüber der Polizei und vor Gericht gemacht hatte, sei aber aufgefallen, dass Details widersprüchlich waren. Die Darstellung sei mit jedem Mal gravierender formuliert worden.
Einzelheiten hatte die Frau zunächst falsch angegeben, zum Beispiel, dass sie Tinder nicht nutze, um intime Kontakte zu schließen. Dann jedoch stellte sich heraus, dass ihr letzter Kontakt vor der Tat ebenfalls ein Tinder-Date war. Auch eine Video-Aufzeichnung, die es von Teilen des Abends gibt, passe besser zu den Schilderungen des Angeklagten.
"Die Anforderungen an die Glaubwürdigkeit einer Aussage, auf deren Grundlage ein Angeklagter weitreichender zu verurteilen ist, als über sein Geständnis hinaus, sind sehr hoch", so Schmankowski. Die Kammer orientierte sich daher an den Aussagen des Angeklagten. Die Angabe der Nebenklage, dass die Frau seit der Tat traumatisiert sei und umziehen wolle, da sie sich in ihrer Wohnung nicht mehr sicher fühle, werteten die Richter jedoch als wahr: "Als die Freundin versehentlich ausplauderte, wohin die Nebenklägerin ziehen möchte, zuckte diese zusammen. Folgen der Tat sind da", äußerte Schmankowski.
Es möge wegen des HIV-Geständnisses nach bereits vollzogenen Intimitäten einen Anlass für den Angeklagten gegeben haben, in Rage zu geraten, aber seine Taten seien dadurch keineswegs gerechtfertigt.
- Besuch der Gerichtsverhandlung