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Köln: Darum kam der Mottowagen gegen Antisemitismus zur falschen Zeit


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Polarisierender Mottowagen
Das falsche Signal zur falschen Zeit

MeinungVon Nils Frenzel

15.02.2024Lesedauer: 2 Min.
Einer der beiden Geheimwagen des Festkomitees Kölner Karneval: Im Anschluss an den Rosenmontagszug sorgte der Wagen teilweise für Unmut.Vergrößern des Bildes
Der Geheimwagen des Festkomitees Kölner Karneval. (Quelle: Forian Eßer)

Ein Überraschungswagen im Kölner Rosenmontagszug sollte Antisemitismus in Deutschland thematisieren. Das ging ordentlich schief. Kein Wunder – der Wagen spaltet mehr, als dass er eint.

Das Schönste am Kölner Karneval ist das Miteinander. Auf den Straßen und in den Kneipen wird getanzt, geschunkelt, gelacht und Kölsch getrunken. Die Mottowagen nehmen dabei gerne die Politik aufs Korn und sind wichtiger Bestandteil des rheinischen Brauchtums. Olaf Scholz als Faultier? Christian Lindner als Sparschwein? Alles kein Problem. Das politische Stammtisch-Kneipengespräch wird kurzerhand auf die Straße verlegt.

Was die Mottowagen allerdings nicht leisten können: politisch hochkomplexe Sachverhalte aufzubereiten. Wie schief das gehen kann, ließ sich am diesjährigen Rosenmontagszug beobachten. Der diesjährige Überraschungswagen "Der Besuch der alten Dame" ist ein Wagen, um dessen korrekte Interpretation sich das Festkomitee des Kölner Karnevals nach herber Kritik redlich bemühte.

"Hass" und "Gewalt" im Palästinensertuch

Der Wagen zeigt eine alte Frau mit Kufiya, umgangssprachlich auch Palästinensertuch genannt, und einer Schärpe, auf der "Antisemitismus" zu lesen ist. An der Leine hält sie zwei Hunde, die mit "Hass" und "Gewalt" betitelt sind und Halsbänder in den Farben der Palästina-Flagge tragen. Ihre Hand wird dabei von einem jüngeren blonden Mann geküsst, der ein Schild mit der Aufschrift "Zurück in der Gesellschaft" hinter dem Rücken hält und ihr den Hof macht. Was ist damit gemeint? Sind alle Palästinenser Antisemiten, die "zurück in der Gesellschaft" sind?

Nachdem t-online die ersten Bilder des Wagens veröffentlicht hatte, entbrannte in den sozialen Netzwerken eine heftige Diskussion. Der Wagen thematisiere Antisemitismus durch die Verbreitung von offenem anti-palästinensischen Rassismus, schrieb beispielsweise SPD-Politikerin Sawsan Chebli.

Erklärung des Festkomitees ist unverständlich

Mit diesen Vorwürfen konfrontiert, erklärte das Festkomitee den Wagen t-online so: "Wir wollten auf den Punkt aufmerksam machen, dass es den deutschen rechten Antisemiten sehr gelegen kommt, wenn in den Medien unmittelbar nach dem Überfall der Hamas auf Israel Bilder von jubelnden Menschen in Berlin und anderswo gezeigt werden, die palästinensische Flaggen schwenken". Ein Satz, den man nach dreimaligem Lesen immer noch nicht so richtig versteht. Diese Art von Meta-Meta-Interpretation kann kein Karnevalist am Straßenrand leisten.

"Die Interpretation des Wagens ist sehr unklar" findet auch Zeynep Karaosman von der Gruppe "Palestinians and Jews for Peace". Sie hat Bilder des Mottowagens gesehen. Die palästinensischen Motive, so Karaosman, seien allesamt negativ.

So hat das Kölner Festkomitee mit seinem Überraschungswagen einen sensiblen Umgang mit einem aktuellen, hochpolitischen Thema verpasst. Statt sich auf Gemeinsamkeiten zu konzentrieren, spaltet der Wagen mehr, als dass er eint. Die Nachwehen sind bis heute im Netz spürbar.

Verwendete Quellen
  • Eigene Meinung des Autors
  • Telefonat mit Zeynep Karaosman
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