Umstrittener Vorschlag Niedrigwasser im Rhein: Was bringt eine Vertiefung?
Mit dem sinkenden Rheinpegel werden die Rufe lauter, die Fahrrinnen entlang des Flusses zu vertiefen. Genauso laut ist aber die Kritik daran.
Kürzlich hat der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler eine Lösung für das Niedrigwasser im Rhein ins Spiel gebracht und dafür einiges an Spott geerntet. Er schlug vor, den Rhein weiter zu vertiefen. Dem entgegneten viele Twitter-User mit Hohn und dem Hinweis, dass ein tieferer Rhein den niedrigen Wasserstand nicht verändern würde, denn das Wasser werde ja dadurch nicht mehr werden. Klar ist: Der niedrige Pegel des Rheins hat enorme Auswirkungen, auch auf die Wirtschaft. Was ist also dran an dem Vorschlag?
Die Politik hält an der Idee fest – vor allem dort, wo der Rheingrund noch flacher und steiniger ist als in Köln. Flussaufwärts im Bereich Bacharach und Kaub ist die Fahrrinne wesentlich flacher als in der Domstadt. Bei Niedrigwasser merken die Schiffer das hier besonders früh, denn sie können dann umso weniger Ladung transportieren.
Mitunter können sie gerade einmal 25 Prozent der Maximalkapazität laden, je nachdem, wie viel Tiefgang sie haben, also wie tief sie im Wasser liegen. Dieses Problem kann aber eine Vertiefung der Fahrrinne nicht lösen, wenn ohnehin zu wenig Wasser im Rhein ist. Denn damit ein Schiff nicht auf Grund läuft, braucht es schlicht genug Wasser und keine tiefere Fahrrinne. Dieses Prinzip greifen die Twitter-User auch unter Schäfflers Tweet auf.
Einen Nutzen brächte die Vertiefung des Rheins demnach nur bei genügend Wasser unter dem Kiel. Dann könnten generell größere Schiffe mit mehr Tiefgang auf dem Rhein fahren und mehr Güter transportieren, ohne auf Grund zu laufen. Das würde die Transportkosten insgesamt verringern. An gezielten Stellen könnte eine Vertiefung der Fahrrinne die Bedingungen für größere Schiffe verbessern – hier sammelt sich dann das Wasser in der Fahrrinne, was mehr Tiefgang erlaubt.
Bundesregierung unterstützt Rheinvertiefung
Der zuständige Koordinator der Bundesregierung für die Rheinvertiefung bei Bacharach, Oliver Luksic von der FDP, argumentiert weiter mit der Schiffbarkeit des Rheins bei Niedrigwasser. Damit an Engstellen im Mittelrheintal zwischen Mainz und St. Goar auch bei Niedrigwasser länger Schiffe fahren könnten, wird die Idee der Rheinvertiefung dort schon lange vorangetrieben, berichtet unter anderem der SWR.
Die Generaldirektion der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) hat erläutert, wie das vonstattengehen soll. Es müssten Felsen abgetragen werden, was zu Erschütterungen führt. Probegrabungen haben zuletzt gezeigt, dass eine Vertiefung möglich wäre.
Naturschützer befürchten Umweltschäden
Kritiker sehen allerdings ökologische Folgen einer Rheinvertiefung. Der Bürgermeister von Bacharach, Philipp Rahn, hat große Bedenken. Seiner Meinung nach würde die Vertiefung des Rheins an der Stelle zu sehr ins Landschaftsbild eingreifen, sagte er dem SWR. Die Uferbereiche, die jetzt noch überspült sind, würden verlanden. Oliver Luksic beschwichtigt hingegen. Die Eingriffe wären klein. Die Rheinvertiefung solle umweltschonend umgesetzt werden.
- Niedrigwasser: Lebensgefährliche Weltkriegsmunition am Rhein
Ein langfristiges Problem sehen auch Naturschutzverbände wie der BUND. Er hat zu einer Vertiefung des Rheins zwischen Duisburg und Köln eine Studie anfertigen lassen. Danach würde sich die Wasserqualität des Flusses durch den gravierenden Eingriff in die Gewässerstruktur des Rheins und das entsprechende Ökosystem verschlechtern.
Politik will die Wasserstraße leistungsfähiger machen
Die Vertiefung der Fahrrinne, so begründet es der BUND, würde zum Absinken des Grundwasserspiegels führen und benachbarte Auen und Feuchtgebiete gefährden. Zudem würden Flachwasserbereiche, in denen Fische laichen, dadurch seltener.
- Trügerischer Schein: Schwimmen im Rhein bei Niedrigwasser noch gefährlicher
Trotz all dieser befürchteten Risiken und dem offenbar geringen Nutzen bei extremem Niedrigwasser, wie es zurzeit herrscht, hält die Politik an den Plänen fest, die Wasserstraße Rhein leistungsfähiger zu machen. Auch Ministerpräsident Hendrik Wüst unterstützt das Vorhaben, das Teil des Bundesverkehrswegeplans 2030 ist, und der WSV-Präsident Hans-Heinrich Witte bekräftigt:
"Es ist erklärter politischer Wille, die Binnenschifffahrt in Deutschland zu stärken." Der Transport über den Landweg sei ökologisch, ergänzt er, und die Wasserstraßen würden dadurch an Bedeutung gewinnen. Experten befürchten jedoch, dass der Rhein auf lange Sicht sogar zeitweise austrocknen könnte.
- Eigene Recherche
- Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV)