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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Vor CSD-Parade Kölner Experte warnt vor Affenpocken-Welle
Die Zahl der Affenpocken-Fälle steigt immer weiter, in Köln liegt die Zahl inzwischen bei 48. Der CSD könnte die Situation noch verschärfen, befürchtet ein Experte.
Der Kölner Facharzt Christoph Wyen hat am Montag im "Kölner Stadt-Anzeiger" vor einer möglichen Affenpocken-Welle gewarnt. Er habe in seiner infektiologischen Schwerpunktpraxis am Ebertplatz inzwischen binnen weniger Tage schon fünf bis sechs Infizierte gesehen, obwohl vor gerade einmal drei Wochen die ersten Fälle aufgetaucht seien.
Die Symptome einer Affenpockenkrankheit sind grippeähnlich. Schwere oder gar tödliche Verläufe sind eher unwahrscheinlich. Der Kölner Experte Wyen spricht außerdem von Pocken am gesamten Körper, aber auch und vor allen Dingen im Genitalbereich. Die meisten Patienten in seiner Praxis seien durch Sexualkontakte mit anderen Männern infiziert worden.
Kölner CSD: Stigmatisierung der queeren Szene befürchtet
Ähnlich wie bei HIV befürchtet er eine Stigmatisierung dieser Bevölkerungsgruppe. Im Moment seien zwar vor allem Männer betroffen, aber nicht nur sie können erkranken: Wyen geht davon aus, dass sich auch Frauen und Kinder anstecken werden.
Durch die Sichtbarkeit der Krankheit könnten vor allem queere Menschen seines Erachtens nach stigmatisiert werden. In Fachkreisen würde gerade diskutiert, inwieweit der CSD am Sonntag eine drohende Gefahr ist und das Risiko einer rasanten Ausbreitung erhöht. Der Kampf für die Rechte der queeren Menschen könnte dadurch in den Hintergrund geraten, fürchtet er. Bei der Parade werden in diesem Jahr 1,5 Millionen Besucher erwartet.
Auch Gesundheitsdezernent Harald Rau ruft dazu auf, sich aufmerksam zu verhalten und auf mögliche Symptome zu achten, wenn es aktuell in der Domstadt auch nur wenige Fälle von Affenpocken gebe. 35 der 48 Fälle seien akut und die Patienten in Quarantäne, teilt die Stadt Köln auf Anfrage von t-online mit. Alle Infizierten sind demnach männlich.
"Sollten tatsächlich Symptome auftreten, sollten Betroffene ärztlich abklären lassen, ob sie erkrankt sind oder ob es sinnvoll ist sich impfen zu lassen", so Rau. Problematisch sei laut Wyen, dass sich viele aus Angst vor der dreiwöchigen Quarantäne nicht auf die Infektionskrankheit testen ließen.
Affenpocken-Impfung in Köln: Experte rät zu Immunisierung
Wer Risikokontakte hatte, könne sich laut RKI auch danach noch impfen lassen. Dazu rät auch Experte Wyen. Die STIKO empfiehlt die Impfung für Risikogruppen. Demnach kann die Impfung Affenpocken-Erkrankungen oder zumindest einen schweren Verlauf verhindern. Die Impfung erfolgt mit zwei Dosen im Abstand von mindestens 28 Tagen.
Wyen zufolge sei es wichtig, dass schnell viele Menschen geimpft würden – der Impfstoff sei allerdings noch knapp. Das Kölner Gesundheitsamt bietet seit vergangenem Donnerstag Impfungen gegen Affenpocken an.
Die Infektionskrankheit Affenpocken, die über Körperflüssigkeiten weitergegeben wird, ist inzwischen laut Robert-Koch-Institut (RKI) in 50 Ländern nachgewiesen worden. Deutschlandweit sind im Moment 838 Affenpocken Fälle registriert (Stand 28. Juni 2022). Das RKI geht davon aus, dass die meisten Ansteckungen durch sexuelle Kontakte erfolgt sind. Soweit bekannt erkranken die meisten Betroffenen nicht schwer. Das Institut rechnet in Deutschland mit weiteren Fällen.
- "Kölner Stadt-Anzeiger": Ausgabe von Montag, 27.06.2022
- Anfrage bei der Stadt Köln
- Stadt Köln: Mitteilung vom 24.06.2022
- Robert-Koch-Institut
- Eigene Recherchen