Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Berlinerinnen erzählen Was sie der wichtigsten Frau ihres Lebens schon immer sagen wollten
Beistand bei Brustkrebs, drohender Abschiebung oder der gemeinsamen Firmengründung: Wir haben Liebeserklärungen von Berlinerinnen gesammelt an die erste Freundin, die Schwester, die Mentorin.
Der Berliner Feiertag am 8. März, zum Internationalen Frauentag, ist noch recht neu. Alt hingegen sind die tiefen Verbindungen, die Frauen miteinander eingehen – und die oft ein ganzes Leben lang halten. Fünf von ihnen erzählen hier ihre Geschichte und verraten uns, mit welcher Frau sie gerade eine ganz besondere Seelenverwandtschaft verbindet. Und auch ein Vierbeiner aus der Hauptstadt möchte zum Feiertag eine Liebesbotschaft loswerden.
"Ihre Eltern wollten mich im Fall einer Abschiebung adoptieren"
Anna Kasparyan über ihre allererste Freundin: "2001 kam ich aus Armenien nach Deutschland. An meinem ersten Tag auf der Grundschule in Mainz begegnete mir Juli. Ich konnte kein Deutsch, verständigte mich nur mit ein paar englischen Wörtern. Aber dieses fremde Mädchen hat mich monatelang so vollgelabert, dass ich einfach Deutsch lernen musste, um ihr etwas entgegnen zu können – so viel zumindest zur Legendenbildung, über die wir heute gemeinsam lachen.
Zu Beginn meiner Schulzeit in Deutschland wohnte ich mit meinen Eltern im Asylheim. Ihre Familie wohnte in der Nähe und hat mich so herzlich aufgenommen, dass Juli für mich eher wie eine Schwester als eine Freundin ist. Scherzhaft stellte ihre Familie sogar den Plan in den Raum, mich im Falle einer Abschiebung zu adoptieren.
Zum Glück kam alles anders, und wir durften viele unbeschwerte Teenager-Tage miteinander verbringen. Aber auch große Schicksalsschläge haben uns näher zusammengebracht. In den 23 Jahren Freundschaft haben wir uns nur einmal gestritten und ein halbes Jahr nicht miteinander gesprochen, weil wir beide bei einem kleinen Streit sehr stur geblieben sind.
Heute ist klar: Unsere Verbindung hält ein Leben lang. Und das, obwohl wir sehr unterschiedlich sind. Ich bin leidenschaftlich, aufbrausend, kokett. Juli ist direkt, sehr bedacht und stark durch ihre unerschütterliche Klarheit. Dadurch fordert sie mich heraus und bringt mich dazu, Entscheidungen zu überdenken und Rechtfertigungen zu finden. Wir sind füreinander da und eine Stütze im Erwachsenenleben.
Bei ihrer Hochzeit im Sommer 2019 war ich ihre Trauzeugin. Und aktuell freue ich mich darauf, ein anderes Highlight in ihrem Leben zu begleiten: Denn meine allererste Freundin ist schwanger, und ich habe mir fest vorgenommen, die weltbeste Tante zu sein!"
"Katy Perry schrieb, dass sie ihr 'jüngeres Ich' in mir sieht"
Floss über ihre berühmte Mentorin: "Es gibt eine Frau, die mein Leben maßgeblich beeinflusst hat – und ihr alle kennt sie! Es ist Pop-Ikone Katy Perry, die ich in meinem Leben schon mehrmals treffen durfte und die eine wichtige Mentorin für mich ist. Nicht nur ihr knallbunter Stil, sondern auch ihr Sinn für das Unternehmerische hat mich auf meinem eigenen Weg in die Musikbranche stark geprägt.
2007 stieß ich auf Myspace auf das California Girl. Das war vor ihrem ganz großen Durchbruch. Wir fingen an, gegenseitig unsere Bilder zu kommentieren. Später wurde ich eine von nur drei Leiterinnen des internationalen Fanclubs, quasi an der Schnittstelle zwischen Fans, Management und Katy, und lernte dadurch viel über das Business.
Das erste Mal trafen wir uns 2008 nach einem Konzert, später nahm sie mich mit zum Echo oder den MTV European Music Awards in Berlin. Als ich 2014 in Los Angeles lebte, um ein Praktikum beim Designer Jeremy Scott zu machen, half ich dabei mit, ihre extravaganten Super-Bowl-Kostüme umzusetzen. Das letzte Mal treffen wir uns im Juni 2022 in Las Vegas. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits selbst mein Musikprojekt gegründet.
Sie hat mein Talent über all die Jahre beobachtet, mir immer wieder Tipps gegeben und mir sogar mal ein Empfehlungsschreiben verfasst, in dem sie schreibt, dass sie ihr 'jüngeres Ich' in mir sehe – das lässt mich immer wieder daran glauben, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Dadurch hat sie mein Genre, 'Feminist Fantasy Pop', auf ihre pink-glitzernde Weise beeinflusst.
Ein Beispiel: Pastorentochter Katy Perry kommt aus einem sehr religiösen Elternhaus, und auch ich spiele in meiner letzten Single 'I Will Eat Your God' als queere Dreifaltigkeit mit der Botschaft, dass man nicht immer den Weg einschlagen sollte, der von der Gesellschaft vorgegeben wurde."
"Als sie Brustkrebs hatte, haben wir zusammen Überlebenspartys geschmissen"
Jenny über ihre große Schwester: "Meine Schwester Ulli ist der einzige Mensch in meinem Leben, der mich immer so genommen hat, wie ich bin. Und das, obwohl ich gerade als Kind und Teenager stets ein bisschen aus der Rolle gefallen bin und nie so wirklich in Stereotype von Weiblichkeit gepasst habe. Ich bin 40, meine Schwester ist 51 – der Kampf der Frauen um Gleichberechtigung war in unserer Jugend also noch ein anderer als heute.
Mit 18 ist sie in Berlin gelandet. Ich bewundere sie um die aufregenden Neunzigerjahre, die sie hier kurz nach der Wende mitgemacht hat: Straßenschlachten mit Nazis, Leben in der Hausbesetzerszene, Demonstrationen für eine gerechtere Welt – meine Schwester war überall dabei und hat mich ganz selbstverständlich mitgenommen. Schon bevor der heutige Tag ein Feiertag in Berlin wurde, waren wir an jedem 8. März zum Frauenkampftag auf der Straße.
Parallel hat sie mit 20 ein Kind bekommen und trotzdem Karriere gemacht. Zuerst hat sie sich in einer Firma für Tontechnik, also einer richtigen Männerwelt, durchgebissen. Jetzt ist sie Teamleiterin im medizinischen Bereich. Es liegt in ihrer Natur, anderen Menschen, vor allem Frauen, zu helfen. Auch mich hat sie immer wieder maßgeblich unterstützt, zum Beispiel, als es mit einem Kredit mal eng wurde. Ich bin dankbar für das Vertrauen, das sie mir immer wieder geschenkt hat. Und auch ich vertraue ihr wie keiner anderen: Sie hat mir die komplette Geburtsvorbereitung gemacht und war bei der Geburt meines Sohnes im Geburtshaus dabei.
Außerdem ist meine Schwester eine Überlebende von Brustkrebs. Wir können uns einander emotional komplett öffnen und haben versucht, zum Beispiel Überlebenspartys zu schmeißen, um auch aus dieser schlimmen Zeit das Beste zu machen. Ich liebe es, mich mit meiner Schwester totzulachen, bis uns die Bäuche wehtun. Aber wir können auch miteinander weinen, bis wir keine Luft mehr bekommen, oder gemeinsam Dinge kaputtschlagen, weil wir so wütend auf die Welt sind. Ich fühle mich von niemandem so geliebt wie von ihr. Meine Schwester ist das Größte."
"Wir arbeiten gemeinsam an dem Herzensprojekt, Frauen mehr Sichtbarkeit zu verschaffen"
Naïs Désirée Graswald über ihre Geschäftspartnerin: "Meine Rolle in der Arbeitswelt sehe ich vor allem darin, Initiatorin zu sein, Veränderungen anzustoßen und die Reibung auszuhalten, die dabei entsteht. Als Kommunikationsexpertin – für das Ministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur oder als Teamleiterin in der Volkswagen Group – erlebte ich Frauen, die ebenfalls ein besonderes Talent für diese Gratwanderung haben: Innovationen voranzutreiben, aber mit Respekt vor dem, was schon da ist, und bei gleichzeitigem Wissen über die Stoßrichtung neuer Entwicklungen. Was vielen Frauen jedoch noch fehlt, ist die Sichtbarkeit, um ihre Visionen auch durchzusetzen.
Als ich Christina Richter vor gut einem Jahr bei einem Networking-Dinner kennenlernte, wurde uns klar, dass uns dieses Problem gleichermaßen am Herzen liegt. Wir haben an diesem Abend viel gelacht, es war Liebe auf den ersten Blick – wie das so ist, wenn man einen Seelenverwandten trifft.
Für uns beide ist Sichtbarkeit der Schlüssel zu vielen Türen. Und wir wollen gerade angestellten Frauen, angefangen bei den Berufsanfängerinnen, Wege aufzeigen, wie sie solche Muträume in großen Unternehmen betreten und gestalten können. Deshalb haben wir die Akademie 'Own Your Seat' gegründet, ein mehrwöchiges Programm, das Frauen dabei unterstützen soll.
In der Zusammenarbeit mit Christina, die ihre Expertise als Autorin und Personal-Branding-Expertin einbringt, geht mir nie die Energie aus. Außerdem hält sie nichts zurück, sie handelt schnell, agiert ehrlich und transparent. Und trotz ihrer Klarheit, die für einige hart wirken mag, ist sie trotzdem wunderbar verwundbar. Sie ist meine ideale Sparringspartnerin für die Arbeitswelt. Und wir leben das vor, was wir uns für alle Frauen wünschen: eine wertfreie Business-Beziehung auf Augenhöhe, in der wir uns nicht vergleichen, sondern bedingungslos unterstützen und fördern und uns vor allem vertrauen."
"Ihre Inspiration und ihre Weisheit haben mir immer wieder neuen Sinn gegeben."
Mara Erdmann über ihre beste Freundin: "Wir haben uns vor vielen Jahren auf dem Gymnasium in Berlin kennengelernt. Seither sind wir unzertrennliche Freundinnen. Sie war in den prägendsten Phasen meines Lebens an meiner Seite: vom Kind zum Teenager, vom Teenager zum jungen Erwachsenen und jetzt auf dem Weg zum Erwachsenen. Wir haben gemeinsam traurige und schwierige Zeiten durchlebt, aber auch viele lustige und aufregende Momente miteinander geteilt.
Fast zwei Jahrzehnte lang hat sie mich immer unterstützt, mir Orientierung gegeben und bedingungslos geholfen, wann immer ich sie brauchte. Ihre Inspiration und ihre Weisheit haben mir immer wieder neuen Sinn gegeben. Ohne sie wäre mein Leben nicht das, was es heute ist. Es gibt keine Haus- oder Abschlussarbeit, die sie nicht gelesen hätte, kein Inhaltsverzeichnis, das sie nicht sorgfältig formatiert hätte. Egal in welcher Stadt ich gelebt habe: Sie war immer da, um mich zu besuchen, sie hat mir bei jedem Umzug geholfen.
Sie kümmert sich um meinen Hund, als wäre es ihr eigener, und behandelt ihn mit so viel Liebe und Fürsorge. Sie ist innerlich und äußerlich der schönste Mensch, den ich kenne. In ihrer Nähe fühle ich mich immer wohl und geborgen. Sie strahlt Ruhe und Sicherheit aus und gibt mir das Gefühl, zu Hause zu sein.
Bevor ich Entscheidungen treffe, frage ich mich oft, was sie in meiner Situation tun würde, denn aus meiner Sicht trifft sie immer die richtige Wahl. Leider denkt sie manchmal zu wenig an sich selbst, was dazu führte, dass sie im letzten Jahr eine schwere Zeit durchmachen musste. Viele äußere Einflüsse haben sie aus dem Gleichgewicht gebracht, und sie war lange erschöpft und traurig. Aber langsam erholt sie sich wieder, und das macht mich sehr glücklich. Sie verdient nur das Beste für sich und all das Gute, das noch auf sie wartet."
"Sie ist die Tollste, aber die Yoga-Position 'herabschauender Hund' muss sie noch üben"
Hund Jerry zu seinem Frauchen: "Was ich besonders an meinem Frauchen Schenja liebe, ist ihre Fähigkeit, den Dosenöffner zu bedienen. Das kann einfach keine so gut wie sie! Generell ist mein Leben mit ihr einfach wuff – also wow in Menschensprache. Sie verwöhnt mich mit leckeren Snacks, krault mir stundenlang den Bauch und lässt mich beim Joggen mit ihr um die Wette rennen. Nur wenn sie Yoga macht, muss ich sie etwas kritisch beäugen. Denn das mit dem 'herabschauenden Hund' muss mein Frauchen noch üben. Da bin ich ihr mit meiner Technik auf jeden Fall eine Schnauzenlänge voraus.
Ich bin ihr sehr dankbar, dass wir jeden Tag zusammen durch Berliner Parks flanieren und oft schöne Wälder oder manchmal sogar das Meer besuchen. Dann flitze ich ihr davon, an der Brandung entlang, und belle die Wellen an. Darin bin ich auch erfolgreich, denn die Wellen ziehen sich dann zurück. Leider kommen sie in regelmäßigen Abständen auch immer wieder zurück, aber wenn ich erschöpft bin, nimmt mich mein Frauchen tröstend in den Arm. Sie ist einfach die Tollste und hat einen großen Platz in meinem Hundeherz.
Da mein Frauchen genauso sozial ist wie ich, darf ich auch häufig mit zu ihren Treffen mit anderen tollen Menschen. Ich liebe es, in Gesellschaft zu sein und von allen geknuddelt zu werden. (Beim Aufschreiben hat mir eine liebe Nachbarin geholfen, da ich keine Daumen habe)."
- Reporterin vor Ort