Forscher äußern Vermutung Anzahl der Berliner Syphilis-Fälle explodiert – vor allem hier
Die stark ansteckende Geschlechtskrankheit verbreitet sich in Berlin immer mehr. Die Fallzahlen sind viel höher als in anderen Städten. Forscher äußern eine Vermutung.
Die Anzahl der gemeldeten Syphilis-Fälle hat in den letzten Jahren in Berlin stark zugenommen. Die Hauptstadt ist mit der Anzahl der dort gemeldeten Fälle der Geschlechtskrankheit bundesweiter Spitzenreiter: Laut eines vom Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichten Epidemiologischen Bulletins wurde hier im Vergleich mit anderen Bundesländern mit 41,3 Betroffenen pro 100.000 Einwohnern die höchste Inzidenz gemeldet.
Zum Vergleich: Bundesweit lag die Inzidenz 2022, dem letzten vom RKI ausgewerteten Jahr, bei zehn Betroffenen unter 100.000 Einwohnern. Die Forscher gehen davon aus, dass die äußerst ansteckende Geschlechtskrankheit, die rote Geschwüre und auch eine farblose Flüssigkeit im Intimbereich hervorruft, vor allem in großen deutschen Städten grassieren würde: Andere deutsche Großstädte wie Köln (42,9), München (38,9) oder Frankfurt am Main (27,8) weisen auch hohe, aber deutlich niedrigere Werte als Berlin, auf.
In Berlin häuften sich in den letzten Jahren laut dem RKI vor allem in der Innenstadt die Syphilis-Fälle. So liegen die "jüngeren Bezirke" der Stadt auch an der Spitze einer Auswertung, die die deutschen Großstädte und Berliner Bezirke miteinander vergleicht: Friedrichshain-Kreuzberg, Charlottenburg-Wilmersdorf und Mitte meldeten 2022 Inzidenzen von über 90 – damit also einen mehr als neunmal so hohen Wert wie im Bundesdurchschnitt.
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Syphilis in Berlin: Warum explodieren die Fallzahlen?
In Neukölln (wo zuletzt etwas weniger als 60 von 100.000 Einwohnern mit Syphilis diagnostiziert wurden) seien die Fälle 2022 aber zuletzt stark angestiegen: Das RKI geht dort von einem Anstieg von 46 Prozent der gemeldeten Fälle im Vergleich zum Vorjahr aus. Lichtenberg, Pankow und Tempelhof-Schöneberg bleiben bei Inzidenzen von unter 40 immerhin unter dem Berlin-Schnitt, liegen aber immer noch weit über dem Bundesdurchschnitt.
Warum verbreitet sich gerade in Berlin die Syphilis so stark? Das liege vor allem daran, dass dort besonders bei vielen Männern, die Sex mit Männern haben, die Geschlechtskrankheit diagnostiziert worden sei, so der Bericht. Bundesweit lag laut dem Bericht in 85,6 Prozent der gemeldeten Fälle der wahrscheinlichste Infektionsweg beim Geschlechtsverkehr zwischen Männern. Frauen sind von der Geschlechtskrankheit ohnehin selten betroffen: Bundesweit lag ihr Anteil unter den Infizierten zuletzt bei 5,6 Prozent. Das ist auf dem Niveau der Vorjahre.
Und: Vor allem im Berliner Nachtleben könnte sich die Syphilis wohl gut weiter verbreiten, vermuten die Forscher. Sie schreiben: "Berlin weist eine vergleichsweise hohe Anzahl von Orten auf, an denen sexuelle Kontakte zwischen MSM (Anm. d. Red.: Männer, die Sexualverkehr mit Männern haben) angebahnt werden können und die von MSM aus dem nationalen wie internationalen Kontext frequentiert werden."
Die Ausgangsbeschränkungen in der Corona-Pandemie in den Wintern 2021 und 2022 drückten die Meldungen der Infektionszahlen beim RKI. Ab dem Sommer 2022 stiegen sie dann wieder deutlich an. Bundesweit wurden dem RKI 2022 8.305 Syphilis-Fälle gemeldet. Das ist der Höchststand seit Beginn der Messungen im Jahr 2001.
- rki.de (PDF): Syphilis in Deutschland 2020 – 2022
- wikipedia.org: Syphilis second state 1