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Berlin | Friedrich Merz greift Senat scharf an – "rassistische Scheisse"-Rufe


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CDU-Prominenz in Neukölln
Merz greift Berliner Senat scharf an – "rassistische Scheiße"-Rufe


Aktualisiert am 28.01.2023Lesedauer: 3 Min.
Friedrich Merz, Bundesvorsitzender der CDU: Er sprach bei einem Wahlkampf-Bürgertreffen im Gemeinschaftshaus Gropiusstadt im Bezirk Neukölln.Vergrößern des Bildes
Friedrich Merz, Bundesvorsitzender der CDU: Er sprach bei einem Wahlkampf-Bürgertreffen im Gemeinschaftshaus Gropiusstadt im Bezirk Neukölln. (Quelle: Monika Skolimowska/dpa)
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Friedrich Merz, Kai Wegner und andere CDU-Politiker treffen sich im "Brennpunkt Neukölln". Das kommt nicht bei jedem gut an.

"Rassismus raus, Merz raus" tönt es am frühen Freitagabend aus einer kleinen Gruppe heraus auf dem Bat-Yam-Platz in Berlin-Gropiusstadt. Ein Bündnis verschiedener Parteien und Organisationen, angeführt durch Die Linke, macht deutlich: Friedrich Merz, Bundesvorsitzender der CDU, ist aus ihrer Sicht nicht willkommen.

Zusammen unter anderem mit dem Berliner Spitzenkandidaten für die Abgeordnetenhauswahl in Berlin, Kai Wegner, laden die Christdemokraten zu einem Bürgerdialog an den Ort der Hauptstadt ein, der gemeinhin als Problembezirk gilt: Neukölln. Kritik gibt es bei der kleinen Demonstration insbesondere an Merz' Aussagen zu den Silvesterkrawallen in Berlin. Jugendliche mit Migrationshintergrund nannte er "kleine Paschas".

An der Kundgebung nimmt auch Marcel Hopp teil. Der SPD-Politiker des Abgeordnetenhauses aus Gropiusstadt ist gebürtiger Neuköllner und unterrichtete als Lehrer sieben Jahre im Bezirk: "Ich bin nicht begeistert, dass Herr Merz hier für eine Stunde herkommt und uns erklärt, wer seiner Ansicht nach zu dieser Gesellschaft gehört und wer nicht."

Hopp hat viel Kontakt zu den Menschen vor Ort. Er kritisiert, dass es sich bei der Veranstaltung um ein reines Parteievent handele. Viele Neuköllnerinnen und Neuköllner hätten demnach gar nichts von dem Bürgerdialog mitbekommen. Dabei brauche es den, allerdings mit Anwohnern – und ohne Ressentiments: "Sowohl die 'Pascha'-Aussagen als auch Namensabfragen spalten die Gesellschaft", so Hopp. Nach der Silvesternacht wollte die CDU die Namen der deutschen Täter wissen.

Merz kritisiert Berichterstattung

Im Gemeinschaftshaus wird Merz derweil unter Applaus empfangen. Seine "Pascha"-Aussage versucht er zu entkräften, betont starke Erfolge der Integration. Auch er habe diese die letzten Wochen erwähnt. "Das wurde ausgeblendet. Das ist Manipulation durch Ausschnitte", kritisiert er die Berichterstattung. Dabei hatte er in den vergangenen Wochen immer wieder seine "Pascha"-Äußerung verteidigt.

Gleichzeitig erwähnt er aber auch die misslungene Integration vieler Menschen: "Man löst Probleme nicht, in dem man sie verschweigt. Man muss darüber reden. Und das traue ich diesem Senat nicht zu", sagt Merz mit Blick auf die bevorstehende Berlin-Wahl am 12. Februar. Er greift den Senat scharf an, wirft ihm vor, weder einen Flughafen bauen noch Wahlen organisieren zu können.

Immer wieder kommt er – dort in Neukölln – auf die Silvesternacht zu sprechen: "Sie nehmen die Nachrichten wahr, dass in dieser Stadt Polizeibeamte, Hilfskräfte, Feuerwehrleute, Krankenhausmitarbeiterinnen und -Mitarbeiter behandelt werden wie wirklich der Abschaum." Wegner sagte: "Wir haben in unserer Stadt ein Gewaltproblem, 365 Tage im Jahr. Von rechts, von links und von Männern mit Migrationshintergrund."

Die CDU-positive Stimmung im Raum wird nur einen Moment lang getrübt: Während der Merz-Rede ruft ein junger Mann "rassistischer Scheiß". Dann verlassen er und etwa ein Dutzend weitere Zuhörer den Saal. Merz spricht zuvor von der Auschwitzbefreiung und der damit zusammenhängenden Gedenkveranstaltung im Bundestag: "Wenn man das hört, ist man stolz auf Deutschland." Es ist unklar, auf was genau er sich bezieht. Vermutlich meint er die Aufarbeitung der Verbrechen in Auschwitz.

Bundestagsabgeordneter bietet Merz Gespräch an

Hakan Demir, SPD-Bundestagsabgeordneter aus Neukölln, bekommt davon nichts mit. Er steht vor Merz' Auftritt am Rande des Protests: "Ich hätte mir gewünscht, dass ich mich mit Herrn Merz austauschen kann." Er habe ihn eingeladen in sein Büro, welches sich lediglich 100 Meter vom Gemeinschaftshaus befindet. "Ich hätte ihm gerne nähergebracht, wie die Menschen in der High-Deck-Siedlung wirklich denken." Auch er sieht in dem Besuch von Merz lediglich einen Wahlkampftermin. Doch zu einem Treffen kommt es nicht. Merz sagt ab, demnach habe er wegen weiterer Termine keine Zeit.

Im Saal sind auch Micky, Çağatay und Kubi vom Gangway e.V., einem Straßensozialarbeitsprojekt in Berlin. Sie kennen die Kinder und Jugendlichen aus der Gegend sehr gut. Laut ihnen müsse man mehr über Männlichkeit und Gewalt reden.

Das Thema Integration müsse man hingegen auf die Mehrheitsgesellschaft verlagern: "Wieso werden die Menschen, die hier in der zweiten Generation leben, immer noch nicht als deutsch anerkannt?", fragt Micky. "Die Jugendlichen fühlen sich seit 30 Jahren nicht zugehörig, weil man ihnen sagt: 'Du bist ein Fremder!'" Insbesondere das müsse sich ändern. Dass Merz gerade jetzt im Wahlkampf nach Neukölln kommt, habe auch für sie einen faden Beigeschmack.

Verwendete Quellen
  • Besuch vor Ort
  • Gespräche vor Ort
  • Teilnahme an dem CDU-Bürgerdialog
  • Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa
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