Silvester in Berlin Aufregung um CDU-Anfrage: "Das hat quasi die AfD erfunden"
Die Berliner CDU möchte wissen, wie die Tatverdächtigen aus der Silvesternacht mit Vornamen heißen. Das löst eine Debatte aus.
Eine Frage der CDU-Fraktion Berlin bezüglich der Silvesternacht an den Innenausschuss sorgt derzeit für Aufsehen. Im Zuge der Aufklärung der Straftaten, die sich in der Silvesternacht ereignet haben, möchte die CDU nicht nur wissen, welche Staatsangehörigkeiten die erfassten Tatverdächtigen besitzen. Sie fragt auch, wie die Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit mit Vornamen heißen. So lautet eine der 47 von der Fraktion eingereichten Fragen: Wie lauten die Vornamen der Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit?
Niklas Schrader, Politiker der Linken und Mitglied im Abgeordnetenhaus, kritisierte diese Frage am Donnerstag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Er ist der Meinung, sie werde gestellt, um den deutschen Tatverdächtigen offenbar "das Deutschsein abzusprechen".
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
"Ich finde das schockierend", sagt er im Gespräch mit t-online. "Die machen das Deutschsein nicht an der Staatsangehörigkeit fest, sondern versuchen irgendwie über die Vornamen herumzuorakeln, welchen ethnischen Hintergrund diese Menschen haben sollen." Das sei quasi eine Einteilung von deutschen Staatsbürgern in "echte" und "unechte" Deutsche. "Das ist Rassismus", kritisiert er scharf. Und weiter: "Wie viele Generationen soll man denn Deutsch sein, um als 'echter' Deutscher zu gelten? Ich finde, da gilt das Staatsangehörigkeitsrecht und fertig."
Das sagt die CDU zu der Frage nach den Vornamen
Der CDU-Abgeordnete Frank Balzer versteht die Kritik nicht. "Es sind ja Deutsche, sie haben einen deutschen Pass, das ist unstrittig", sagt er. "Nur gibt es Menschen mit deutschem Pass, die den Staat auf eine Art und Weise ablehnen, und da müssen wir genauer wissen, wer sich dahinter verbirgt."
Die CDU habe die Frage gestellt, da die Innenverwaltung allgemein von rund 45 deutschen Tatverdächtigen gesprochen habe. "Feuerwehrleute und Polizisten, die im Einsatz waren, berichteten aber davon, dass diejenigen, die sie angegriffen haben, ausschließlich junge Männer zwischen 16 und 25 Jahren mit Migrationshintergrund waren." Wenn man Aufklärung betreiben möchte, müsse man das wissen. "Wenn wir über Integration reden, wenn wir über Maßnahme reden, die wir ergreifen wollen, dann müssen wir auch den Mut haben zu sagen, wer die Tätergruppe ist."
Man wolle mit der Frage kritisieren, dass die Innenverwaltung nicht die Informationen herausgibt, die früher überall zu erhalten waren, in anderen Bundesländern auch immer noch weitergegeben werden. "In Berlin tut man es nicht, weil man hier, wie man so sagt, nicht stigmatisieren will."
Schrader wirft der CDU in diesem Zusammenhang auch die Übernahme einer AfD-Strategie vor. "Diese Frage nach dem Vornamen hat die AfD quasi erfunden", sagt er. Balzer weist diese Kritik an seiner Partei ebenfalls zurück: "Wir brauchen die Informationen als Grundlage, um zu diskutieren, was man wie und wo machen kann. Das machen wir für uns und nicht, weil eine andere Partei das macht."
- Berliner Politik streitet über Böllerverbot: "Was soll dieser Quatsch eigentlich?"
Freymark: "Es macht keinen Sinn, so etwas zu fragen"
Aus CDU-Kreisen hieß es zudem, Schrader bediene sich mit dem Vorwurf einer AfD-Strategie eines Wahlkampfsprechs. Ganz einig scheint man sich bei der CDU dann aber doch nicht zu sein. Danny Freymark (CDU), Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin, äußerte zumindest auf Twitter, er werde vorschlagen, diese Frage zurückzuziehen, "da ich sie weder teile noch hilfreich finde. Es macht einfach überhaupt keinen Sinn so etwas zu erfragen."
Der Fragenkatalog ist für die Sitzung des Innenausschusses, die am kommenden Montag abgehalten wird. "Ich bin gespannt, ob dort die Frage nach den Vornamen wirklich beantwortet wird. Ob die sich darauf einlassen. Solch personenbezogene Daten von Tatverdächtigen können zudem auch unter Datenschutz fallen", sagt Linken-Politiker Schrader.
- twitter.com: Post von @nikschrader
- twitter.com: Antwortpost von @dannyfreymark
- Telefonat mit Niklas Schrader
- Telefonat mit Frank Balzer
- Telefonat mit weiterem CDU-Mitglied
- Fragenkatalog der CDU-Fraktion bzgl. der Silvesternacht 2022/2023
- cdu-fraktion.berlin.de: Pressemitteilung vom 05.01.2023