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Hassmail an SPD-Politiker: "Wurden als 'Scheißpartei Deutschlands' bezeichnet"


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Hassmail gegen SPD-Politiker
"Wir wurden als 'Scheißpartei Deutschlands' bezeichnet"

InterviewVon Antje Hildebrandt

Aktualisiert am 09.08.2022Lesedauer: 5 Min.
Maximilian Wonke (SPD), Bürgermeister von Panketal, steht im ausgetrockneten Flüsschen Panke: Nicht alle Bürger halten sich an das Rasensprengverbot.Vergrößern des Bildes
Maximilian Wonke (SPD), Bürgermeister von Panketal, steht im ausgetrockneten Flüsschen Panke: Nicht alle Bürger halten sich an das Rasensprengverbot. (Quelle: Gemeinde Panketal/dpa)

In einer Gemeinde bei Berlin gilt zeitweise ein Rasensprengverbot. Nicht alle halten sich dran. Der Bürgermeister richtet sich auf einen heißen Herbst ein.

Panketal ist eine kleine Gemeinde mit knapp 20.000 Bewohnern an der nördlichen Stadtgrenze Berlins und in diesem Sommer von der Hitze besonders betroffen. Die Panke, ein Flüsschen, das in die Spree mündet, ist teilweise komplett ausgetrocknet.

Weil das Wasserwerk an seine Grenze kommt, hat Bürgermeister Maximilian Wonke (SPD) etwas gemacht, das bei vielen Bürgern gar nicht gut ankommt: Er hat für den späten Nachmittag ein Rasensprengverbot erlassen und einen Gießstopp verhängt. Im Interview mit t-online erzählt er, wie die Gemeinde Boykotteuren auf die Spur kommt und wie sie mit ihnen verfährt.

t-online: Herr Wonke, seit Anfang August gilt in Ihrer Gemeinde zwischen 17 und 21 Uhr ein Gießstopp und Rasensprengverbot. Die dpa berichtete, Sie hätten daraufhin Hassmails bekommen. Was schreiben Ihnen die Leute?

Maximilian Wonke: Ach, es war eigentlich nur eine E-Mail, die unter die Gürtellinie ging. Darin wurde die SPD als "Scheißpartei Deutschlands" bezeichnet. Ich wurde gefragt, welchen Wert ich für die Gesellschaft habe als Person. Ich würde nicht von einer "Hassmail" reden. Ich habe auch viele positive Zuschriften bekommen.

Tatsächlich?

Ja, Leute schreiben mir, die Maßnahme sei absolut notwendig. Wir leben eben in Zeiten des Klimawandels. Da müssen sich alle anpassen. Das ist eben das Problem, wenn wir drei, vier Wochen keinen Niederschlag haben. Dann kommt das Wasserwerk an seine Grenzen.

Können Sie denn nachvollziehen, dass Menschen wütend reagieren?

Nein, überhaupt nicht. Wir müssen als Gemeinschaft agieren. Man kann sich nicht darauf verlassen, dass jederzeit alles verfügbar ist. Wer sich unsolidarisch verhält, für den habe ich kein Verständnis.

Wie dramatisch ist der Wassermangel in Ihrer Gemeinde?

Der Wassermangel geht noch, weil trotz sinkender Pegel noch Grundwasser vorhanden ist. Aber wir haben eben keine Niederschläge. Das führt jetzt in der Trockenzeit dazu, dass die Gartenbesitzer nur zu bestimmten Zeiten im Garten arbeiten. Ganz dramatisch ist es zwischen 17 und 21 Uhr. Da wird am meisten gesprengt. Das sind aber auch die Zeiten, wo der Hausverbrauch am höchsten ist. Wo man kocht, den Geschirrspüler anschaltet und duschen geht.

Was passiert dann?

Wenn dann noch zeitgleich alle den Rasen sprengen, dann schafft es das Wasserwerk einfach nicht mehr, alle Haushalte zu versorgen. Der am höchsten gelegene Wasserhahn ist dann der erste, aus dem nichts mehr herauskommt.

Hatten Sie den Fall schon?

Zum Glück noch nicht. Das muss auch um jeden Preis vermieden werden. Es geht ja nicht nur um Trink- oder Gartenwasser, sondern vor allem auch um Löschwasser. Wenn ein Haus brennt und es nicht gelöscht werden kann, weil aus dem Wasserhahn nichts mehr kommt, dann haben wir ein sehr großes Problem.

Besteht in Ihrer Gemeinde Waldbrandgefahr?

Wir sind eine sehr dicht besiedelte Berliner Randgemeinde und haben zum Glück nicht so viele Kiefernwälder wie andere Gemeinden in Brandenburg. Doch auch eine vertrocknete Thuja-Hecke brennt schnell lichterloh.

Jeder Gartenbesitzer weiß, dass man den Rasen am besten morgens sprengen sollte, weil dann die Verdunstung am geringsten ist. Warum halten sich Panketaler nicht daran?

Ich verstehe das auch nicht. Das ist völlig unvernünftig. Ich denke, viele machen es aus Bequemlichkeit.

Sie sind selbst Gartenbesitzer. Wann sprengen Sie denn?

Mein Rasen ist schon zur Kokosmatte geworden. Ich sprenge dann, wenn sich in meiner Zisterne genug Regenwasser gesammelt hat.

Hat Ihre Gemeinde durch das Rasensprengverbot denn schon Wasser gespart?

Da gibt es noch keine Zahlen. Es gilt ja erst seit anderthalb Wochen. Ich bin sehr gespannt. Die Lage ist prekär, weil es seit Wochen heiß ist und der Wasserverbrauch hoch. Aber wir werden das am Freitag zum ersten Mal auswerten.

Ein Verbot ergibt nur Sinn, wenn auch kontrolliert wird, ob es eingehalten wird. Wer macht das in Ihrer Gemeinde?

Dafür rückt im Moment noch keiner extra aus. Das machen Mitarbeiter, die sowieso unterwegs sind. Die haben wir sensibilisiert, auch mal nach rechts und links zu schauen und die Gartenbesitzer anzusprechen. Wir versuchen das auf die sanfte Tour.

Haben die Mitarbeiter bereits Ärger bekommen deswegen?

Noch habe ich davon nichts gehört. Das spricht dafür, dass noch nichts passiert ist.

Was machen Sie, wenn gut Zureden nicht hilft?

Dann kommt die harte Tour. Das heißt, wir müssen dann mit dem Fahrrad durch den Ort fahren und in die Grundstücke reingucken

… und mit dem Bußgeldbescheid wedeln?

Na ja, man will ja die Bürger nicht gängeln. Mir wäre es auch lieber gewesen, wir hätten dieses Verbot nicht verhängen müssen. Wir haben 2021 eine Wasserampel eingeführt. Ich habe in unserem Ortsblatt, dem "Panketalboten", immer wieder darauf hingewiesen, dass abends nicht gesprengt werden soll, weil das Wasserwerk an seine Grenzen kommt. Wir haben die Grundstücksbesitzer ermutigt, sich Zisternen anzulegen, und Tipps gegeben zur klimagerechten Gartengestaltung.

Ohne Erfolg?

Ja, die Strategie ist leider gescheitert. Wenn jemand das Rasensprengverbot verletzt und renitent ist, müssen wir eben ein Bußgeld bis zu 1.000 Euro verhängen. Zum Glück achten viele Bürger aufeinander.

Sie meinen, sie denunzieren ihre Nachbarn?

Solche Fälle haben wir immer, auch in anderen Bereichen. Es gibt ja viele Regeln, die Grundstücksbesitzer einhalten müssen. Da geht es auch ums Schneeräumen oder um Lärmschutz. Es gibt die eine oder andere Nachbarschaftsstreitigkeit. Da ist das Rasensprengen nur noch ein weiterer Faktor. 90 Prozent der Häuser sind übrigens Eigenheime mit Garten.

Für viele Gartenbesitzer ist der Rasen heilig. Wie hoch ist bei Ihnen der Anteil der sogenannten Rasen-Nazis?

Ich kenne keine persönlich, aber es gibt schon so einige, die die Rasenkante mit der Nagelschere nachschneiden. Aber unsere Mitarbeiter sind im sprichwörtlichen Sinne kampferprobt. Unsere Behörde ist auch Vollstreckungsbehörde. Wir treiben für den Bund auch säumige Rundfunkbeiträge ein. Dass es manchmal hart auf hart kommt, kennen wir. Wir haben es auch mit dem einen oder anderen Reichsbürgern zu tun.

Wie sind Ihre Mitarbeiter für den Fall vorbereitet, dass einer von denen eine Waffe zieht?

Zur Vollstreckung kommen die Bürger zu uns ins Rathaus. Das Büro ist so gestaltet, dass sie nicht in den Bereich kommen, in dem die Mitarbeiter sitzen. Die haben obendrein noch ein Notrufsystem.

Wurde schon mal Alarm ausgelöst?

Bisher noch nicht. Es passiert nur einmal im Jahr, dass jemand ausflippt und wir von unserem Hausrecht Gebrauch machen müssen. Sollten unsere Mitarbeiter irgendwann mal in die Situation geraten, am Gartenzaun ein Bußgeld wegen unerlaubten Rasensprengens eintreiben zu müssen, würde es vielleicht gefährlicher.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Maximilian Wonke
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