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LEG-Abzocke in Aachen: Mieter kämpfen gegen falsche Abrechnungen und Müll


LEG-Abzocke in Aachen
Mieter kämpfen gegen falsche Abrechnungen, Müll und Kot

Von t-online, kk

25.04.2025 - 10:30 UhrLesedauer: 5 Min.
Die Häuser am Boxgraben werden vom Immobilienunternehmen LEG vermietet: Die Mieter beschweren sich über vielfältige Probleme.Vergrößern des Bildes
Die Häuser am Boxgraben werden vom Immobilienunternehmen LEG vermietet: Die Mieter beschweren sich über vielfältige Probleme. (Quelle: Katrin Krause)
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Am Boxgraben klagen Mieter über Probleme mit horrenden Nebenkostenabrechnungen und unzumutbaren Zuständen. Sie fühlen sich im Stich gelassen.

Heinz-Jürgen Oestreicher wohnt seit 1992 am Boxgraben. Früher war er sehr zufrieden mit der Wohnung. Die Miete war bezahlbar, die Nachbarschaft freundlich und der große Garten hinter dem Haus lud zum Entspannen ein. Und wenn es doch mal ein Problem gab, dann rief man einfach den Hausmeister. Der kam, schaute sich den kaputten Boiler oder das undichte Fenster an und kümmerte sich.

Doch 2008 änderte sich alles. Das war nicht nur für Heinz-Jürgen Oestreicher spürbar, sondern auch für seine Nachbarn. Die Hausverwaltung hörte auf, sich zu kümmern. Zunächst habe es noch einen Hauswart an der Vaalser Straße gegeben – mit einem eigenen Büro, erinnert sich Oestreicher. Mieter konnten dort hingehen und ihr Problem persönlich vortragen. Bald wurde der Hausmeister aber durch eine Hotline ersetzt und die Probleme der Mieter seien nicht mehr ernst genommen worden.

Immobilienunternehmen LEG besitzt 845 Wohnungen in Aachen

2008 war das Jahr, in dem das Immobilienunternehmen privatisiert wurde, auch die 14 Wohnungen am Boxgraben gehören heute zu ihr. Ursprünglich war die LEG ein staatliches Unternehmen, das durch den Zusammenschluss mehrerer gemeinnütziger Wohnungsunternehmen in Nordrhein-Westfalen entstanden ist. Im Februar 2013 ging das Unternehmen dann an die Börse. Heute verwaltet die LEG mehr als 167.000 Mietwohnungen, vor allem in Nordrhein-Westfalen (845 davon in Aachen) und gehört zu den größten Immobilienunternehmen Deutschlands.

Heinz-Jürgen Oestreicher erinnert sich an eines seiner ersten Gespräche über die damals neu eingerichtete LEG-Hotline: "Erst mal muss man wirklich lange warten, und selbst, wenn man dann mal mit einem Menschen sprechen kann, hört der einfach nicht zu." Oestreicher hatte damals ein Problem mit einem undichten Siphon am Waschbecken. "Die Frau sprach aber immer wieder von der Toilette." Fast drei Monate habe es gedauert, bis jemand kam. Aber das sei nicht so schlimm gewesen, sagt Oestreicher. Er habe einfach einen Eimer unter das Waschbecken gestellt. Andere Mieter hätten mit viel größeren Baustellen in ihren Wohnungen noch viel länger warten müssen.

Müll und Kot in Innenhof und Garten belastet die Bewohner

Eines der größten Probleme sei für alle der Müll und der Kot der Obdachlosen, die zeitweise im Hof und in den Garagen leben, sagt Oestreicher. Mehrere Bewohner der zwei Häuser am Boxgraben stehen in einem Halbkreis um den ältesten Mieter herum und nicken energisch. Der Garten hinter dem Haus ist eine beinahe fußballfeldgroße Wiese. Ein einzelner Baum steht in der Mitte. Wenn man nicht allzu genau hinsieht, wirkt es idyllisch. Wohl fühlen sich die Anwohner dort aber nicht. Eine junge Mutter sagt, dass sie ihre Kinder eigentlich nie in den Garten lasse. Überall lägen Spritzen, Flaschen und menschliche Exkremente.

Die Obdachlosen richteten sich in der Garage zwischen den Autos der Bewohner häuslich ein, würden sogar ihre Kleidung an Kleiderbügeln dort aufhängen und für die Verrichtung ihres Geschäfts dann auf die Wiese gehen, sagt die junge Mutter. Um Begegnungen zu vermeiden, gingen die meisten Mieter einfach nicht in den Garten. "Dabei ist das Grundstück doch eigentlich für uns Bewohner gedacht", sagt Oestreicher. Er ist enttäuscht. Denn eigentlich hatte die LEG den Bewohnern versprochen, den Eingang zu Garage und Garten mit einem Tor zu verschließen.

Mieterschutzbund kennt die Probleme am Boxgraben

Sandra Keilhauer ist Geschäftsführerin des Aachener Mieterschutzbundes. Sie kümmert sich schon seit vielen Jahren um die Belange der Mieter der LEG-Wohnungen am Boxgraben. "Die meisten Probleme ließen sich hier wirklich beseitigen, indem man ein Tor anbrächte", sagt sie. Dann würde auch niemand mehr auf dem Grundstück der Mieter Sperrmüll abstellen, für dessen Entsorgung die Mieter zahlen müssten.

Doch das größte Problem der Mieter, sagt Sandra Keilhauer, seien die horrenden Nebenkostenabrechnungen. Die Abrechnungen seien fehlerhaft, und die Kosten hätten sich in den vergangenen Jahren teilweise verdreifacht, berichtet sie. In einem Unterpunkt etwa sei die Wartung und Pflege des Spielplatzes aufgelistet, sagt sie. Einen Spielplatz gibt es in dem Garten allerdings gar nicht. Auch die Grundsteuer werde auf die Mieter umgelegt. Der Betrag in der Abrechnung stimme oft nicht mit dem offiziellen Steuerbescheid überein.


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Wenn die LEG 100 falsche Rechnungen ausstellt, und nur 50 Leute diese Rechnungen zahlen – weil sie nicht so genau gucken, sich nicht auskennen, oder denken, das habe schon alles seine Richtigkeit – dann macht die LEG damit einen ordentlichen Gewinn


Sandra Keilhauer, Geschäftsführerin Mieterschutzbund Aachen


Dieses Vorgehen der LEG erlebe Keilhauer häufig. Das Ganze sei ein bundesweites Problem, sagt sie. Die LEG lege beispielsweise Kosten von Objekt A (mit Spielplatz) auch auf Objekt B und C (ohne Spielplatz) um. "Wenn die LEG 100 falsche Rechnungen ausstellt, und nur 50 Leute diese Rechnungen zahlen – weil sie nicht so genau gucken, sich nicht auskennen, oder denken, das habe schon alles seine Richtigkeit – dann macht die LEG damit einen ordentlichen Gewinn", sagt sie. Die LEG selbst wollte sich auf Anfrage von t-online zu dem Sachverhalt nicht äußern.

Die meisten Bewohner der beiden Häuser am Boxgraben haben sich inzwischen an den Mieterschutzbund oder einen Anwalt gewandt, um ihr Geld zurückzubekommen. Eine Bewohnerin, die diesen Prozess gerade durchläuft, sagt: "Für ein halbes Jahr zahle ich knapp 1.000 Euro Nebenkosten, und das ohne Heizung. Ich weiß, dass alles teurer geworden ist, aber doch nicht so."

Bewohner fürchten Sanktionen des Vermieters

Doch in dem Haus leben auch Parteien, die die Nebenkosten nicht anfechten, sondern einfach bezahlen. Einige von ihnen sind alt oder krank. Andere sprechen nicht gut Deutsch und verstehen die Posten auf der Abrechnung nicht. "Und viele haben Angst, ihren Mund aufzumachen, weil sie nicht aus der Wohnung fliegen wollen", sagt eine ältere Bewohnerin. Ihren Namen möchte sie – wie viele andere der Bewohner – nicht öffentlich machen. Einige Mieter, so sagt sie, seien auf die Wohnung dringend angewiesen. Denn eine neue bezahlbare Wohnung in ähnlicher Lage zu finden, sei wirklich schwierig geworden.

Weil sie dies als Missstand empfindet, hat sie sich gemeinsam mit anderen Bewohnern auch an die Initiative "Recht auf Stadt" gewandt. Das ist eine Vereinigung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Probleme mit nicht mehr bezahlbarem Wohnraum in die öffentliche Diskussion einzubringen und denen zu helfen, die sich nicht trauen, für ihre Rechte als Mieter einzustehen.

Initiative und Mieterschutzbund betreuen LEG-Mieter

Die Initiative betreut nicht nur die Mieter der zwei Häuser am Boxgraben, sondern kümmert sich auch um ähnliche Probleme von Mietern in der Zeppelinstraße. Der Vermieter ist auch hier die LEG. Bei regelmäßigen Treffen, so sagt der Initiator, kristallisierten sich in allen Fällen häufig dieselben Probleme heraus. Erstens: Ein Hausmeister oder anderer Ansprechpartner fehlt. Zweitens: Die Nebenkosten sind viel zu hoch, aber die Mieter zahlen und wehren sich oftmals nicht. Und drittens: Alle Menschen in den betreffenden Objekten fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Es fehle ihnen an Fürsprechern.

Wer in Aachen selbst schlechte Erfahrungen mit von der LEG verwalteten Wohnungen gemacht hat, kann sich beim Mieterschutzbund Aachen oder der Initiative "Recht auf Stadt" melden. Über legmieter-aachen@gmx.de können Interessierte sich auch zu Treffen betroffener Mieter anmelden. Das nächste Treffen findet am 7. Mai 2025 statt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Treffen mit Mietern des Boxgrabens, Sandra Keilhauer vom Mieterschutzbund und der Initiative "Recht auf Stadt"
  • Nebenkostenabrechnungen von Anwohnern
  • Anfrage an die LEG

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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