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Russland betreibt offenbar "Schwarzmarkt" für Kriegsgefangene


Illegaler Austausch
Verkauft Russland Kriegsgefangene auf einem "Schwarzmarkt"?

Von t-online, aj

Aktualisiert am 07.03.2024Lesedauer: 3 Min.
Ein verwundeter Soldat in der Ostukraine im März (Symbolbild): Russische Truppen sollen mit ukrainischen Gefangenen auf illegalem Weg handeln.Vergrößern des BildesEin verwundeter Soldat in der Ostukraine im März (Symbolbild): Russische Truppen sollen mit ukrainischen Gefangenen auf illegalem Weg handeln. (Quelle: Wolfgang Schwan/Anadolu via Getty Images)

Russland soll Kriegsgefangene auf einem "Schwarzmarkt" handeln – und sogar Verwundete an tschetschenische, paramilitärische Gruppen verkaufen.

Russland soll Kriegsgefangene auf einem "Schwarzmarkt" handeln. Ukrainische Behörden werfen den russischen Truppen vor, eine Unterwelt des Gefangenenaustauschs zu betreiben. Demnach sollen sogar Verwundete an paramilitärische Gruppen verkauft worden sein. Davon berichtete die britische Zeitung "The Times".

Wie der Sprecher des Koordinationsbüros für die Behandlung von Kriegsgefangenen in der Ukraine, Petro Yatsenko, gegenüber der Zeitung berichtete, seien insbesondere tschetschenische Gruppen am Handel mit gefangenen Ukrainern beteiligt. Diese würden die Ukrainer von anderen russischen Militärfraktionen erwerben und gegen tschetschenische Gefangene der Ukraine austauschen.

Die Ukrainer würden dafür von den russischen Streitkräften nach Grosny, der Hauptstadt Tschetscheniens, gebracht. Laut Yatsenko gab es bereits "Fälle, in denen sie unsere Verwundeten von der russischen Armee gekauft haben, sie nach Grosny gebracht haben und sie dann gegen ihre eigenen ausgetauscht haben".

Eine Praxis, die wahrscheinlich auch gegen das Genfer Abkommen verstößt. Obwohl dort kein spezifischer Artikel den Handel mit Kriegsgefangenen verbietet, sieht das Abkommen grundsätzlich vor, dass "keine Sondervereinbarung die Situation der Kriegsgefangenen negativ beeinflussen darf".

"Ich war ein Kriegsgefangener"

So sollen etwa die Achmat-Spezialeinheiten von Ramsan Kadyrow an dem illegalen Handel beteiligt sein. Die Kämpfer des tschetschenischen Diktators seien für ihre mangelnde Disziplin und für ihre außerordentliche Brutalität gegen Zivilisten bekannt. Nach den Schlachten um Mariupol, Sjewjerodonezk und Lyssytschansk im Jahr 2022 wurden sie demnach zu einem Großteil in die rückwärtigen Gebiete hinter der Front versetzt. Dort sei es schwierig, eigene Gefangene zu nehmen.

Die Experten des renommierten US-Thinktanks ISW haben sich zu dem Thema geäußert. Sie vermuten, dass einige paramilitärische Kräfte innerhalb der russischen Streitkräfte keinen Zugang zu dem übergeordneten russisch-ukrainischen Kriegsgefangenenaustausch haben.

Die "Times" sprach auch mit einem ukrainischen Soldaten, der von russischen Streitkräften im Februar 2023 in der Ostukraine gefangen genommen wurde. "Ich war ein Kriegsgefangener. Russland hat mich auf dem Schwarzmarkt gehandelt", erzählt der 41-jährige Vyacheslav Levytskiy, der vor dem Krieg als Mechaniker gearbeitet hatte, den Journalisten.

Bei einem nächtlichen Angriff auf seine Stellung in einem Unterstand in den Wäldern nördlich von Awdijiwka wurde ihm in beide Beine und in den Unterleib geschossen. Als er am nächsten Tag das Bewusstsein wiedererlangte, war er allein und verbrachte mehrere Tage damit, über die gefrorene Erde zu kriechen und nach den übrigen Mitgliedern seiner Einheit zu suchen. Dann sei er gefangen genommen und nach Grosny verfrachtet worden. Dort wurden ihm in einem Krankenhaus beide Beine und auch die Hände amputiert.

Gefangener wurde in Grosny nach eigenen Angaben fair behandelt

Nach seiner Genesung im Krankenhaus sei er in einen Keller gebracht worden, wo er mit 60 anderen ukrainischen Gefangenen für einen Austausch mit fünf Tschetschenen gewartet habe. Im Juni 2023 kehrte er im Rahmen eines Austauschs in die Ukraine zurück. Der "Times" berichtete er, dass er in Tschetschenien relativ freundlich behandelt worden sei, wahrscheinlich weil die dortigen Landsleute auch unter Putins Regime litten, so Levytskiy, und daher Sympathie mit den Ukrainern hätten.

Der "Times" zufolge kamen im Rahmen von Austauschmaßnahmen bislang 2.700 ukrainische Gefangene frei. Wie viele Russen Kiew dafür freigelassen hat, ist unbekannt. Es wird vermutet, dass mehr als 4.000 ukrainische Militärangehörige als Kriegsgefangene in Russland gefangen gehalten werden, aber die genauen Zahlen auf ukrainischer und russischer Seite sind nicht bekannt, da beide Länder diese Daten nicht offenlegen.

Verwendete Quellen
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