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Ukraine | Er unterstützte Selenskyj: Ukrainischer Oligarch festgenommen


Oligarch festgenommen
Er unterstützte Selenskyj – Wie gefährlich ist dieser Milliardär?

Von t-online, cc

Aktualisiert am 04.09.2023Lesedauer: 3 Min.
Der prominente Milliardär Ihor Kolomoisky wird von Einsatzkräften zu einem Gericht in Kiew begleitet.Vergrößern des Bildes
Der prominente Milliardär Ihor Kolomojskyj wird von Einsatzkräften zu einem Gericht in Kiew begleitet. (Quelle: STRINGER)

Der ukrainische Präsident und der Oligarch Ihor Kolomojskyj haben eine gemeinsame Vergangenheit. Nun greift Selenskyj durch. Was er damit riskiert.

Der Milliardär Ihor Kolomojskyj ist am Samstag wegen des Verdachts auf Betrug und Geldwäsche festgenommen worden, wie der Inlandsgeheimdienst der Ukraine mitgeteilt hat. Noch am selben Tag musste der prominente Oligarch vor einem Gericht in Kiew erscheinen. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft, der gegen ihn bis 31. Oktober verhängt wurde, die Kaution wurde auf umgerechnet 14 Millionen Euro festgelegt.

Wer aber ist der Mann, dem schwere Finanzverbrechen zur Last gelegt werden und warum ist seine Verhaftung so spektakulär? t-online beantwortet die wichtigsten Fragen zu dem Fall.

Weshalb wird gegen Kolomojskyj ermittelt? Die Vorwürfe gegen den 60-jährigen Bankier aus der ostukrainischen Stadt Dnipro wiegen schwer. So soll er zwischen 2013 und 2020 mehr als eine halbe Milliarde ukrainische Hryvnia (etwa 12,5 Millionen Euro) hinterzogen und außer Landes gebracht haben, und zwar mithilfe ukrainischer Banken. Eine Untersuchung zu dem Fall läuft, wie die Behörden mitteilten. Seine Anwälte haben bereits mitgeteilt, gegen die Verhängung der Untersuchungshaft Berufung einlegen zu wollen.

Wer ist der Mann? Kolomojskyj wurde 1963 im ukrainischen Dnipropetrowsk (oder auch: Dnipro) geboren, das zu jener Zeit noch Teil der Sowjetunion war. Er studierte am Metallurgischen Institut seiner Heimatstadt Ingenieurwesen, gründete nach dem Fall des Eisernen Vorhangs mit mehreren Geschäftspartnern eine Bank. Die Privat-Bank bauten sie schließlich zu einem Großkonzern mit Beteiligungen in der ukrainischen Öl-, Chemie-, Energie-, Medien- und Nahrungsmittelindustrie aus.

Kolomojskyj war eine Zeit lang Präsident des Fußballklubs Dnipro Dnipropetrowsk und von 2014 bis zu seiner Absetzung 2015 auch Gouverneur der Region Dnipropetrowsk. Er besitzt die zypriotische und die israelische Staatsbürgerschaft und engagiert sich stark für jüdische Gemeinden in Osteuropa. Sein Vermögen wird laut einem Bericht des Branchenmagazin "Forbes" auf eine Milliarde US-Dollar geschätzt.

Warum ist der Fall so brisant? Der mächtige Oligarch soll eine bedeutende Rolle bei Selenskyjs Einstieg in die Politik gespielt haben. Demnach soll sich der ukrainische Präsident im Jahr 2019 mit Kolomojskyjs damaligem Anwalt und Berater Andrij Bohdan getroffen haben, um über eine Unterstützung des damaligen Präsidentschaftskandidaten Selenskyj durch den Oligarchen zu besprechen. Dieser lebte zu jener Zeit im israelischen Exil. Kolomojskyj soll dem ehemaligen Fernsehstar dann im Wahlkampf tatsächlich geholfen haben, unter anderem mittels seiner Medienunternehmen, die für Selenskyj die Werbetrommel gerührt haben sollen. Bohdan wurde nach der Wahl Selenskyjs wichtigster Mann im Präsidialamt.

"Es überrascht kaum, dass viele in der Ukraine Selenskyj als den Kandidaten Kolomojskyjs betrachteten", schrieb die US-Denkfabrik Atlantic Council im Jahr 2021 zu der Verbindung der beiden Männer. Kolomojskyj wurde in der Ukraine der Beiname "Puppenspieler" gegeben – und Selenskyj soll sein liebstes Spielzeug gewesen sein, einen Vorwurf, den der heutige Präsident selbst in einem Interview zurückwies.

Wieso erfolgt Kolomijskys Verhaftung ausgerechnet jetzt? Das harte Vorgehen der ukrainischen Sicherheitsbehörden und der Justiz könnte in Zusammenhang mit den Anti-Korruptionsbemühungen stehen, die die Regierung Selenskyjs derzeit verstärkt unternimmt. Diese sind notwendig, um den angestrebten EU- und Nato-Beitritt des Landes perspektivisch zu ermöglichen.

Präsident Selenskyj will offenbar seine westlichen Partner davon überzeugen, dass seine Regierung alles unternimmt, um die Ukraine an westliche Standards auch in Sachen Korruptionsbekämpfung heranzuführen. Zugleich könnte er auch innenpolitisch das Signal geben wollen, dass gegen dubiose Figuren in der ukrainischen Politik durchgegriffen wird.

Was riskiert Selenskyj mit dem Vorgehen? Das Atlantic Council sah schon in dem Report im Jahr 2021 den Konflikt zwischen Selenskyj und dem mächtigen Oligarchen als "einen sehr wichtigen Härtetest" für die Antikorruptionsbemühungen. Demnach gehe von Kolomojskyjs weitreichenden Einfluss in der Ukraine "ein erhebliches Risiko für die Qualität der Demokratie und die wirtschaftlichen Reformen des Landes aus". So wird dem Milliardär vorgeworfen, sich noch vor dem Amtsantritt Selenskyjs für die Absetzung eines Staatsanwalts eingesetzt zu haben, der gegen ihn ermittelt hatte.

Vom Präsidialamt der Ukraine gab es seit der Festnahme Kolomojskyjs am Samstag noch keine Stellungnahme. Im Juli hatte der Präsident lediglich angekündigt, dem zypriotisch-israelischen Oligarchen die ukrainische Staatsbürgerschaft aberkennen zu wollen, da das ukrainische Recht keine doppelte Staatsbürgerschaft erlaube.

Als die USA im März 2021 angekündigt hatten, Sanktionen gegen Kolomojskyj zu verhängen, verlautete aus dem ukrainischen Präsidialamt Folgendes: "Die Ukraine muss ein System, das von Oligarchen dominiert wird, überwinden". Auf diesem Weg sei man für die Unterstützung aller Partner dankbar, hieß es weiter.

Verwendete Quellen
  • politico.eu: "Ukraine launches criminal case against oligarch Kolomoisky" (englisch)
  • atlanticcouncil.org: "US sanctions Ukrainian oligarch Ihor Kolomoisky" (englisch)
  • atlanticcouncil.org: "The craft of Kolomoisky" (englisch)
  • newsweek.com: "Who Is Ihor Kolomoisky? Zelensky Supporter Arrested in Corruption Crackdown" (englisch)
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