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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Neue Waffenlieferung Erhält die Ukraine erstmals Langstreckenwaffen?
Die Ukraine hat schon lange die Lieferung von Langstreckenwaffen gefordert. Jetzt könnte es in der Sache Bewegung geben.
Großbritannien zieht offenbar in Betracht, als erstes Land der Ukraine Langstreckenraketen zu liefern. Der von Großbritannien verwaltete "International Fund for Ukraine" ruft Unternehmen zur Kontaktaufnahme auf, wenn sie Marschflugkörper mit einer Reichweite von 300 Kilometern und einer Nutzlast von 20 bis 490 Kilogramm bereitstellen können.
Der Aufruf aus der vergangenen Woche wurde an diesem Dienstag durch einen Bericht der "Washington Post" bekannt. Ein britischer Beamter hatte gegenüber der Zeitung allerdings betont, dass noch keine abschließende Entscheidung über eine Lieferung getroffen worden sei.
Dennoch gab es schon länger Anzeichen dafür, dass die britische Regierung wohl eine entsprechende Lieferung planen könnte: "Gemeinsam müssen wir der Ukraine helfen, ihre Städte vor russischen Bomben und iranischen Drohnen zu schützen. Und deshalb wird Großbritannien das erste Land sein, das der Ukraine Waffen mit größerer Reichweite zur Verfügung stellt", sagte etwa der britische Premierminister Rishi Sunak bereits auf der Münchner Sicherheitskonferenz im vergangenen Februar.
Prescht Großbritannien wieder vor?
Details nannte der Premier damals nicht. Die "Washington Post" geht allerdings davon aus, dass die beschriebenen Spezifika auf sogenannte Storm-Shadow-Marschflugkörper passen könnten, die Ende der Neunzigerjahre von Großbritannien und Frankreich entwickelt wurden.
Die Lieferung wäre ein Novum für die Ukraine. Denn bisher hatten sich die westlichen Staaten – allen voran die USA – geweigert, Raketen oder Marschflugkörper von solch großer Reichweite zu liefern. Theoretisch wäre auch der Mehrfachraketenwerfer Himars in der Lage, amerikanische ATACMS-Raketen mit bis zu 300 Kilometern Reichweite abzufeuern. Doch weil nicht nur die USA befürchten, dass dadurch auch Ziele im russischen Inland erreichbar wären, waren die Waffen bisher kein Thema.
Großbritannien war dagegen schon häufiger vorgeprescht: Noch vor der deutschen Ankündigung, westliche Kampfpanzer zu liefern, hatte die britische Regierung etwa angekündigt, 14 Challenger-Panzer abzugeben. "Das ist eine Position, die das Vereinigte Königreich auf einzigartige Weise einnehmen kann, da Russland uns sowieso nicht sehr mag", sagte der nicht genannte britische Beamte der "Washington Post". Man wisse zudem, dass es für andere Länder einfacher sei, Waffen zu liefern, wenn sich auch Großbritannien beteilige.
Gemeinsame Lieferung mit neuen Kampfjets?
Laut "Washington Post" wäre es möglich, dass die Storm Shadows auch mit den sowjetischen Kampfjets der Ukraine kompatibel sind. Laut einem Medienbericht soll es im vergangenen Dezember zu einem entsprechenden Test in Polen gekommen sein: Dabei sollen Storm-Shadow-Marschflugkörper in den Kampfjet Su-24 integriert worden sein, den die Ukraine noch aus alten Sowjetbeständen besitzt.
Möglicherweise steht allerdings auch ein größerer Plan hinter der Lieferung der Marschflugkörper: In der vergangenen Woche sprach der niederländische Premier Mark Rutte davon, dass es weitere Gespräche mit der Ukraine über die Lieferung von F-16-Kampfjets gebe. Die Kampfflugzeuge, die von vielen westlichen Staaten genutzt werden, könnten auch die Marschflugkörper abfeuern. Rutte betonte allerdings bei dem Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, dass noch keine Entscheidung getroffen worden sei. Allerdings gebe es bei dem Thema auch keine Tabus.
- washingtonpost.com: "Britain prepares to send long-range missiles to Ukraine" (englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagentur Reuters
- gov.uk: "International Fund for Ukraine (IFU)" (englisch)
- avia-pro.net: "Testing of a Ukrainian front-line bomber with SCALP and Storm Shadow missiles began in Poland" (englisch)
- telegraph.co.uk: "British long-range missiles 'could help Ukraine disrupt Russian navy'" (englisch)
- tagesspiegel.de: "Selenskyj erwartet Raketen mit größerer Reichweite aus dem Westen"
- reuters.com: "Dutch PM says talks on F-16s for Ukraine progressing" (englisch)