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Gefährliche Grenzüberschreitung: Waffen aus China für Russland?


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Waffen aus China für Russland?
Gefährliche Grenzüberschreitung


Aktualisiert am 17.03.2023Lesedauer: 4 Min.
Präsidenten Putin (links) und Xi (rechts): Die USA warnen China davor, den russischen Angriffskrieg in der Ukraine mit Waffenlieferungen zu unterstützen.Vergrößern des Bildes
Präsidenten Putin (links) und Xi (rechts): Die USA hatten China davor gewarnt, den russischen Angriffskrieg in der Ukraine mit Waffenlieferungen zu unterstützen. (Quelle: SERGEI BOBYLYOV)
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Hat China Waffen an Russland geliefert? Diese Frage bekommt jetzt neue Brisanz. Deutschland und die EU würden den USA bei Sanktionen folgen müssen. Aber bereit scheint dafür kaum jemand.

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Sollte es wirklich stimmen, dann wird es Konsequenzen geben. So jedenfalls hatten es selbst hochrangige deutsche Regierungsmitglieder in den vergangenen Wochen immer wieder verbreiten lassen. Sollte China wirklich Waffen an Russland liefern, dann wäre das eine ganz neue Dimension im Kriegsgeschehen in der Ukraine, hieß es. Dann würden auch Sanktionen gegen China nicht ausgeschlossen. Ziel sei es aber, das unbedingt zu verhindern.

Ende Februar hatte die Frage nach chinesischen Waffenlieferungen eine besondere Brisanz bekommen. Denn der amerikanische Außenminister Antony Blinken warnte öffentlich davor, dass neue Informationen der US-Geheimdienste darauf hindeuteten, dass chinesische Unternehmen nicht nur zivile Produkte an Russland verkaufen, die zu Tötungszwecken eingesetzt werden könnten. Blinkens Andeutungen damals: China könnte auch "todbringende Unterstützung" für Russland leisten. Eine derartige Eskalation würde "schwerwiegende Folgen" für China nach sich ziehen, warnte er.

China bewegt sich in der Grauzone

Bei ihren G7-Partnern, darunter auch Deutschland, loten die USA seither aus, inwiefern gemeinsame Sanktionen gegen China verhängt werden könnten. Als Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Jahrestag der russischen Invasion in New York bei den Vereinten Nationen sprach, war die Rolle Chinas das Top-Thema. Als der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kurz darauf zum US-Präsidenten ins Oval Office zu einem Vier-Augen-Gespräch anreiste, ging es ebenfalls um China. Als schließlich auch die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Washington zu Gast war, sprachen Biden und sie ebenfalls über mögliche Konsequenzen.

Jetzt bringt eine Recherche des US-Magazins "Politico" die Alliierten womöglich unter Zugzwang. Unter Berufung auf Handels- und Zolldaten schreiben die Autoren, dass chinesische Firmen bereits im vergangenen Jahr rund 1.000 Sturmgewehre, Teile von Drohnen sowie kugelsichere Schutzkleidung an russische Unternehmen geliefert haben sollen. Zugleich deckte der amerikanische Fernsehsender "CNN" auf, dass ukrainische Soldaten am vergangenen Wochenende eine in China hergestellte Drohne des Typs Mugin-5 abgeschossen haben. Das eigentlich für zivile Zwecke, auch als "Alibaba"-Drohne bezeichnete Fluggerät war nachgerüstet und bewaffnet worden.

Pat Ryder, Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, wollte vor Pressevertretern in Washington am Donnerstag diese Lieferungen zumindest nicht in die Kategorie einordnen, die zu direkten Konsequenzen führen würde. Er wisse zwar von den neuen Presseberichten. "Bis zum jetzigen Zeitpunkt haben wir aber nicht gesehen, dass todbringende Unterstützung von China nach Russland für den Einsatz auf dem Schlachtfeld in der Ukraine transferiert wurde", so Ryder.

Aus den recherchierten Daten lasse sich auch nicht per se schlussfolgern, ob die Waffen im Ukraine-Krieg zum Einsatz kommen, hatte "Politico" geschrieben. Die Gewehre würden dann trotz ihrer tödlichen Wirkung als sogenannte "dual use"-Produkte durchgehen, die nicht per se als "lethal assistance", also als "todbringende Unterstützung" für den Ukraine-Krieg definiert werden. Die gelieferten Gewehre sind in den Daten als "zivile Jagdgewehre" gekennzeichnet. Berichten zufolge sollen sie aber etwa von der paramilitärischen Polizei in China und von Streitkräften der Philippinen, im Südsudan und Paraguay eingesetzt werden. Es ist womöglich ein Schlupfloch, das China und Russland für sich zu nutzen wissen.

Der "Spiegel" hatte bereits im Februar darüber berichtet, dass das russische Militär mit dem chinesischen Drohnenhersteller Xi’an Bingo Intelligent Aviation Technology verhandelt. Demzufolge sollen Kamikazedrohnen in Massenproduktion für Russland hergestellt werden. 100 sprengkopffähige Drohnen des Prototyps ZT-180 sollen offenbar bis April geliefert werden.

Ein fragwürdiger Friedensstifter

Im Gespräch mit t-online sagte die Sicherheitspolitikexpertin der US-Denkfabrik Council on Foreign Relations, Liana Fix: "Angesichts der weitreichenden Folgen, die etwaige Sanktionen für die gesamte China-Politik der EU haben würden, ist klar, dass die USA eindeutige Beweise vorlegen und sich mit den ihren Alliierten abstimmen müssten." Sollte China wirklich den Schritt gehen und Russland eindeutig für den Krieg in der Ukraine bewaffnen, dann müssten die europäischen Staaten allerdings Konsequenzen ziehen, wenn sie die eigene Ukraine-Unterstützung nicht durchkreuzen wollen, so Fix.

Die chinesische Regierung ist gerade eigentlich dabei, sich einen Ruf als Friedensstifterin zu erarbeiten. Pünktlich zum Jahrestag der russischen Invasion hatte man einen viel kritisierten, weil russlandfreundlichen Vorschlag für einen Friedensplan verbreitet. Selbst ein Treffen zwischen dem Präsidenten Xi Jinping und seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj soll jetzt in Planung sein. Die Recherche zu den Waffenlieferungen dürfte dem eigenen Ansinnen nun einen erheblichen Dämpfer verpassen. Auch wenn es sich nicht um Panzer oder Flugzeuge handelt.

Wäre Deutschland wirklich bereit für China-Sanktionen?

Auch wenn die amerikanische Regierung die Berichte bislang nicht bestätigen will, werden die Fragen nach möglichen Konsequenzen drängender gestellt. Viel spricht schon jetzt dafür, dass die USA den Druck auf ihre Verbündeten weiter erhöhen. Und die deutsche Bundesregierung ist mit ihrer bis jetzt nicht veröffentlichten, ersten, nationalen Sicherheitsstrategie gerade erst dabei, sich zu sortieren. Zwar soll sie noch diesen Monat veröffentlicht werden und als größte Bedrohung soll in der Sicherheitsstrategie Russland bezeichnet werden. China hingegen soll nicht anders als schon im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP weiterhin als "Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale" beschrieben werden.

Ablesbar sind die Unterschiede zwischen Deutschland und den USA in Bezug auf China schon lange – besonders, wenn es um kritische Infrastruktur geht. Mal wurde das deutlich beim Telekommunikationsanbieter Huawei. Aktuell geht die US-Regierung deutlich schärfer gegen das chinesische Socialmedia-Unternehmen Tiktok vor, dessen App auch von Millionen deutschen Nutzern verwendet wird.

Der Cybersicherheitsdirektor des US-Auslandsgeheimdienstes NSA, Rob Joyce, bezeichnet die App etwa als "geladene Waffe", mit der China Falschinformationen verbreiten und die Privatsphäre von US-Bürgern ausspähen könnte. Die Biden-Regierung soll jetzt sogar die chinesischen Anteilseigner von Tiktok dazu aufgefordert haben, ihre Anteile zu verkaufen, wenn sie ein Verbot der App in den USA umgehen wollten. In Deutschland ist bislang nur bekannt, dass Mitarbeiter von Bundesministerien die App zumindest auf ihren Diensthandys nicht verwenden dürfen.

Das Interesse an einer Konfrontation mit China ist erkennbar gering. Klar ist, dass für Deutschland und die Europäische Union die wirtschaftlichen Folgen von Sanktionen gegen China noch deutlich einschneidender sein dürften als bei jenen gegen Russland.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Pressegespräch mit John Kirby
  • Pressekonferenz des Weißen Hauses
  • Telefon-Interview mit Liana Fix
  • Pressekonferenz des Pentagon
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