"Urkomisch" Publikum lacht Lawrow bei Politikforum aus
Russlands Außenminister Sergej Lawrow spulte bei einer Konferenz seine Propaganda zum Ukraine-Krieg herunter. Dann wurde es dem Publikum zu viel.
Bei einer Konferenz in Neu-Delhi am Freitag haben Teile des Publikums dem russischen Außenminister Sergej Lawrow sehr deutlich gemacht, wie sie zum Ukraine-Krieg stehen. Der Spitzendiplomat war zur Raisina-Konferenz in die indische Metropole eingeladen worden, bei der es um internationale Politik und Wirtschaft ging – kurz nach dem G20-Treffen der Außenminister in der Stadt. Der Moderator stellte durchaus kritische Fragen zum Ukraine-Krieg, Lawrow blieb bei seinen unwahren und dennoch immer wieder gemachten Behauptungen, dass die Nato der Aggressor sei und sein Land Ansprüche auf die Ukraine habe.
Aus dem Publikum kam dann die Frage, wie der Krieg die Energiepolitik Russlands gegenüber Asien – und im besonderen Indien – beeinflusse. Lawrow begann erneut zu lamentieren: "Wissen Sie, den Krieg, den wir versuchen zu stoppen, der gegen uns angezettelt wurde, indem man die Ukraine benutzte". Dann brach er ab, und schaute auf – denn aus dem Publikum kam lautes Gelächter. Offensichtlich nur mit Mühe fand er seine Worte zurück, rieb nervös seinen Daumen an seiner Hand. Ein Zuschauer rief noch laut "Come on!", womit wohl so viel wie "Echt jetzt?" gemeint war.
Lawrow sagte daraufhin, der Krieg habe die Politik Russlands beeinflusst, auch die Energiepolitik. Russland werde sich niemals mehr auf Partner im Westen verlassen. Bemerkenswert war, dass Lawrow überhaupt von einem Krieg sprach. Bislang nennt der Kreml den Angriff eine "Spezialoperation".
"Peinlich" und "urkomisch"
Die Szene verbreitete sich schnell in den sozialen Netzwerken. Der russische Wissenschaftler Konstantin Sonin, der derzeit in Chicago politische Ökonomie lehrt, beschrieb den Vorfall als "peinlich", aber auch "urkomisch". Auch andere Nutzer machten sich lustig, einer schrieb "Lawrow will sich wohl für Fox News bewerben", in Anspielung auf die vergangene weitgehend unkritische Unterstützung des Senders für den ehemaligen Präsidenten Donald Trump und seine Behauptungen. "Der russische Außenminister war die Pausenunterhaltung beim G20-Treffen, das Publikum gab ihm 10 von 10 Punkten", schrieb ein anderer Nutzer.
Lawrow schien aber eher unbeeindruckt zu sein und blieb auch am Ende bei seiner Sicht der Welt und der angeblichen Opferrolle Russlands: Als sich der Moderator verabschiedete und hoffte, sich in einer weniger krisengeschüttelten Lage erneut zu treffen, sagte Lawrow: "Die Amerikaner werden sicherlich einige Fragen vorschlagen, die sie benutzen können" – was das Publikum erneut zum Lachen brachte.
Indien versucht sich in neutraler Rolle
Indien ist im Ukraine-Krieg in einer schwierigen Lage. Zum einen sind da Energieimporte aus Russland, die das Land dringend braucht, ebenso wie Rüstungsgüter. Wohl auch deshalb hält sich Präsident Narendra Modi mit scharfer Kritik an Russlands Angriff auf die Ukraine zurück. Bei der UN-Vollversammlung enthielt sich sein Land. Gleichzeitig hat Indien einen Erzfeind – China. Und da sind Europäer und Amerikaner, die sich immer kritischer gegenüber den Machthabern in Peking zeigen, gerne willkommen.
Lawrow war vor allem wegen des G20-Außenministertreffens nach Indien gekommen, an dem auch seine deutsche Amtskollegin Annalena Baerbock teilgenommen hat. An seinem und dem chinesischen Veto scheiterte eine gemeinsame Erklärung, in der der Ukraine-Krieg abgelehnt werden sollte und ein russischer Abzug gefordert wurde.
- youtube.com: "Raisina Dialogue 2023 LIVE: Russian Foreign Minister Sergey Lavrov Speaks In New Delhi | India G20" (englisch)
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