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Zoff unter Russlands Hardlinern: Jewgeni Prigoschin gegen Igor Girkin


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Fehde unter russischen Hardlinern
Putins Bluthunde gehen aufeinander los


Aktualisiert am 31.01.2023Lesedauer: 3 Min.
Igor Girkin (l.) und Jewgeni Prigoschin: "Wenn er versucht wegzulaufen, pisse ich ihm ins Gesicht." (Montage: UF/t-online)Vergrößern des Bildes
Igor Girkin (l.) und Jewgeni Prigoschin: "Wenn er versucht wegzulaufen, pisse ich ihm ins Gesicht." (Montage: UF/t-online) (Quelle: Getty Images/imago/ITAR-TASS)

Jewgeni Prigoschin und Igor Girkin buhlen um die Gunst der Hardliner im Kreml. Vom Streit der beiden dürfte vor allem einer profitieren.

Kritik am Krieg gegen die Ukraine duldet der Kreml nur, wenn sie von rechts außen kommt. Vor allem auf Telegram wettern nationalistische Hardliner gegen die russische Armeeführung, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Einer der bekanntesten Figuren in diesem Milieu ist Igor Girkin, der unter dem Kampfnamen "Strelkow" schon 2014 auf russischer Seite gegen die Ukraine kämpfte und in den Niederlanden für den Abschuss von Flug MH17 mit 298 Toten zu lebenslanger Haft verurteilt wurde.

In seinem Telegram-Kanal mit mehr als 762.000 Abonnenten hat sich Girkin sogar schon ungestraft über Kremlchef Putin lustig gemacht, den er als "unseren einzigartigen strategischen Vorteil" verspottete. Zuletzt forderte Girkin sogar, Putin abzusetzen. Sein Ruf als erfahrener Militär und seine Anhängerschaft im russischen Sicherheitsapparat haben Girkin bisher geschützt, doch jetzt hat er sich womöglich mit dem Falschen angelegt: dem Chef der Söldner-Truppe Wagner, Jewgeni Prigoschin. Die öffentlich ausgetragene Fehde zwischen den beiden prominenten Hardlinern lässt tief blicken in Moskauer Machtkämpfe – und dürfte vor allem dem Mann an der Kremlspitze nützen.

Girkin kritisiert Prigoschin

Anlass für Attacken Prigoschins auf Girkin ist vermutlich ein Text, der sich kritisch mit Prigoschins politischen Ambitionen beschäftigt und von Girkin Anfang voriger Woche auf Telegram weiterverbreitet wurde. Kurz darauf erschien im Wagner-nahen Telegramkanal "RiaFan" ein Beitrag, der Girkin als "Couch-Experten" verspottet, der sich "wie der letzte Feigling und Schurke" verhalte und "seine Aussagen aus einem warmen Studio und nicht an der Front macht".

Girkin reagierte ungewohnt defensiv und betonte, er habe nie die Kämpfer und Kommandeure von Wagner kritisiert, deren "hohe Kampffähigkeit" er ständig betone. Prigoschin warf er vor, sich hinter dem Rücken der Wagner-Kämpfer zu verstecken. Der anonyme Beitrag im "RiaFan"-Kanal solle ihn diskreditieren, so Girkin. "In der Tat stehe ich Herrn Prigoschins für Russland äußerst schädliche Medientätigkeit kritisch gegenüber und bewerte auch seine politischen Ambitionen sehr negativ", so Girkin weiter. Davon schien sich der Wagner-Chef erst recht provoziert zu fühlen und äußerte sich am folgenden Tag persönlich auf Telegram zu Wort.

Prigoschin beleidigt Girkin massiv

Prigoschin bestritt politische Ambitionen und Werbung in eigener Sache. "Alles, was ich tue, tue ich zum Wohle des Unternehmens, das ich gegründet habe", schrieb er – um Girkin dann ein vergiftetes Angebot zu machen: "Als Wagner-Seniorchef lade ich Girkin an die Front ein, um seine Kampferfahrung zu nutzen. Natürlich wird ihm niemand eine hohe Position anbieten können, dafür ist es notwendig, seine Fähigkeiten zu zeigen. Es ist an der Zeit, den Worten Taten folgen zu lassen." Girkin reagierte auf Telegram zunächst wohlwollend auf das Jobangebot der Söldner-Truppe, doch dann verschärfte Prigoschin in einem Radiointerview seinen Ton gegenüber Girkin massiv.

Seine Kommandeure würden Girkin einen ziemlich unfreundlichen Empfang bereiten, so Prigoschin: "Sie werden den Schweinepriester fragen, warum er überhaupt hergekommen ist, dieses miese Stück Scheiße. Sie werden ihn fragen, warum er 2014 Slowiansk aufgegeben und seine Jungs zurückgelassen hat", so Prigoschin. "Wenn er überlebt, schüttle ich ihm die Hand. Wenn er versucht wegzulaufen, pisse ich ihm ins Gesicht." Nach Prigoschins Tirade schloss Girkin einen Einsatz für die Wagner-Truppe aus: Er werde nicht unter der Führung eines Mannes dienen, der ihn des Verrats beschuldigt habe, schrieb Girkin. "Ganz zu schweigen von den schmutzigen Beleidigungen, die diese Anschuldigungen begleiteten."

"Wir sollten Prigoschin nicht zu ernst nehmen"

Hintergrund des Streits zwischen Prigoschin und Girkin ist nach Einschätzung der US-Experten vom Institute for the Study of War (ISW) ihre Konkurrenz um die Gunst nationalistischer Kräfte innerhalb des Kreml: "Während beide wortreich ihre politischen Ambitionen verleugnen, haben sie immer wieder die Armeeführung angegriffen, um sich in der russischen Gesellschaft einen Namen zu machen", analysiert das ISW. "Prigoschin versucht offenbar, Girkins Ansehen zu untergraben und seinen Einfluss unter den Nationalisten auszuweiten. Dabei hat er – womöglich unabsichtlich – einen der prominentesten Kritiker Putins bloßgestellt."

Der britische Historiker und Russland-Experte Mark Galeotti hat Girkin allerdings noch nicht abgeschrieben. Um Prigoschin entwickle sich zwar ein regelrechter Personenkult, weil viele ihn als rücksichtslosen Anführer verehrten. "Wir sollten Prigoschin aber nicht zu ernst nehmen oder gar als kommenden Präsidenten betrachten", schreibt Galeotti auf Twitter. "Ironischerweise ist das Gegenteil der Fall: Aus Sicht des Kreml ist es ungefährlich, Prigoschin zum Helden zu stilisieren, eben weil er keine Bedrohung ist. Im Gegensatz dazu sind die 'patriotischen Putingegner', für die Girkin spricht, eine echte Bedrohung", so Galeotti.

Verwendete Quellen
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