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Lobbyismus kostet eine Milliarde Euro: Firmen und Verbände investieren


Bundestagsbericht
Verbände geben eine Milliarde Euro für Lobbyarbeit aus

Von t-online, dpa
Aktualisiert am 01.04.2025 - 07:19 UhrLesedauer: 3 Min.
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Ganz ohne Kofferdeals (Archivfoto): Verbände geben für ihre legale Lobbyarbeit im deutschen Parlament rund eine Milliarde Euro aus. (Quelle: Thomas Imo/photothek.net via www.imago-images.de/imago)
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Wer im Bundestag Lobbyarbeit betreibt, muss sich registrieren lassen. Das Register enthüllt: Firmen und Lobby-Gruppen investierten im Vorjahr fast eine Milliarde Euro für ihre Arbeit.

Verbände, Unternehmen und andere Interessenvertreter haben im vergangenen Jahr rund eine Milliarde Euro für Lobbyarbeit ausgegeben. Das geht aus einem Bericht des Deutschen Bundestags hervor.

Im Lobbyregister des Parlaments werden für 2024 finanzielle Aufwendungen unter anderem für Personal, Sachkosten und Repräsentanz in Höhe von mehr als 910 Millionen Euro aufgelistet. Der Gesamtbetrag dürfte allerdings laut Bericht etwas höher sein, da einige Interessenvertreter wie etwa Arbeitgeberorganisationen, Gewerkschaften und Religionsgemeinschaften von der Eintragungspflicht des Bundestages ausgenommen sind.

20 Verfahren eingeleitet

Das Lobbyregister wird seit 2022 auf der Internetseite des Deutschen Bundestages geführt. Es soll sichtbar machen, wer Einfluss auf politische Entscheidungen und die Gesetzgebung nimmt. Verstöße werden geahndet.

In drei von 20 Ordnungswidrigkeitsverfahren, die von der Register führenden Stelle bisher eingeleitet wurden, ist den Angaben zufolge ein Bußgeld verhängt worden. In den meisten dieser Verfahren ging es demnach um den Verdacht, dass ein Interessenvertreter seiner Pflicht zur Eintragung ins Lobbyregister nicht nachgekommen war. Einige Verfahren wurden inzwischen eingestellt.

Zudem hat die registrierende Stelle ein Prüfverfahren durchgeführt, in dem laut Bericht "wegen der wahrheitswidrigen Behauptung eines tatsächlich nicht bestehenden Näheverhältnisses" zu bestimmten Politikern ein "nicht unerheblicher Verstoß" gegen den im Lobbyregistergesetz festgelegten Verhaltenskodex festgestellt wurde. Der Auto-Lobbyverein Mobil in Deutschland, dessen Eintrag im Register deshalb einen roten Warnhinweis trägt, setzt sich dagegen juristisch zur Wehr.

Von BASF bis IKEA

Auch zahlreiche Konzerne werden in dem Bericht erwähnt. Zu den Regelungsvorhaben, zu denen beispielsweise Ikea Deutschland aktiv geworden ist, zählen unter anderem Vorschriften zum Matratzenrecycling und das Aufenthaltsrecht. Der Ludwigshafener Chemieriese BASF interessierte sich laut Register etwa für das Gebäudeenergiegesetz aktiv und das "Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen".

Mit einer Gesetzesänderung, die im Vorjahr in Kraft trat, wurden die Pflichten zur Angabe von Lobbytätigkeit erweitert. Beispielsweise werden seither auch Kontakte zu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Abgeordneten sowie zu Referatsleitern in Bundesministerien erfasst.

Eva Kaili
Verlor ihr Amt: Eva Kaili, Vizepräsidentin des Europaparlaments. (Quelle: Eric Vidal/European Parliament/dpa/dpa)

Immer wieder in der Kritik

Lobby bezeichnet ursprünglich die Halle des britischen Parlaments, wegen der Gespräche mit Interessenvertretern in diesem Raum etabliert sich für das Vorgehen bald der Begriff Lobbyismus.

Skandale tauchen regelmäßig auf. Der Flick-Skandal erschütterte nach 1981 die Bundesrepublik. Konzernchef Friedrich Karl Flick versuchte über Parteispenden Steuernachlass für Aktiendeals und Erbschaften zu erhalten.

Die Aserbaidschan-Affäre traf nach Bekanntwerden 2017 mehrere Unions-Abgeordnete. Sie sollen im Europarlament gegen Geld kritische Berichte über die Menschenrechtslage in dem ölreichen Land abgelehnt haben.

Die Kaili-Affäre traf 2022 ebenfalls das Europaparlament. Vize-Parlamentspräsidentin Eva Kaili soll gegen Geld kritische Berichte gegen WM-Ausrichter Katar unterbunden haben.

Im Lobbyregister geht es um legale Kontakte von Interessenvertretern zu Abgeordneten. Ziel des Gesetzes, das in seiner ersten Fassung Anfang 2022 in Kraft trat, ist es, Transparenz über die Kontakte herzustellen. Bevor die Registrierung gesetzlich vorgeschrieben wurde, gab es in Deutschland lediglich eine Liste von Verbänden, in die man sich beim Bundestag freiwillig eintragen lassen konnte.

Keine Details über konkrete Gespräche

Mit welchen Abgeordneten ein Lobbyist konkret gesprochen hat, muss aber nicht aufgelistet werden. Um einen möglichen "Drehtüreffekt" offenzulegen, werden seit der Reform Mitgliedschaften, Ämter und Funktionen im Bundestag, in der Bundesregierung oder der Bundesverwaltung für namentlich benannte Lobbyisten für die zurückliegenden fünf Jahre abgefragt. So soll verhindert werden, dass ehemalige Mandatsträger oder Kabinettsmitglieder ihre Beziehungen zu alten Kollegen spielen lassen.

Bis zum 31. Dezember 2024 waren 26.998 Personen im aktiven Lobbyregister benannt. Rund 95 Prozent der registrierten Interessenvertreter haben ihren Sitz in Deutschland. Jeweils etwas mehr als 30 Interessenvertreter sind in Belgien, den USA und den Niederlanden ansässig.

"Wirtschaft" ist der Interessenbereich, der laut Register das am häufigsten benannte Ziel von Lobbyarbeit ist. Auf Platz zwei der Interessenbereiche lag zuletzt "Umwelt", gefolgt von "Wissenschaft, Forschung und Technologie" und "Europapolitik und Europäische Union".

Verwendete Quellen
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