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Karriere in Russlands Armee: Wer ist Putins neuer Ukraine-Kommandeur?


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Neuer Kommandeur für Russlands Krieg
Er soll die Wende bringen


Aktualisiert am 12.01.2023Lesedauer: 4 Min.
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Russlands Präsident Putin und der neue russische Armeechef in der Ukraine, Waleri Gerassimow (Archivbild): Der Militär ist ein langjähriger Vertrauter des Kreml-Autokraten. (Quelle: RIA Novosti)
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Er hat sein Leben dem Militär gewidmet und gilt als Vertreter der "alten Garde": Waleri Gerassimow übernimmt das Kommando für die russische Armee im Angriffskrieg gegen die Ukraine. Wer ist der Mann?

Er wurde geholt, um "die Effektivität des Militäreinsatzes in der Ukraine" zu steigern, so begründet es der Kreml offiziell: Waleri Gerassimow, 67, befehligt nun die russische Armee bei den Kämpfen im Nachbarland. Damit rückt einer der führenden Militärs Russlands auf den derzeit wichtigsten Armeeposten, einer, der die Strukturen der Streitkräfte seit Jahrzehnten kennt und sich darin hochgearbeitet hat.

Damit beruft Kremlchef Putin inmitten andauernder, schwerer Kämpfe in der Ukraine einen langjährigen Vertrauten. Derzeit kämpft Russland besonders im Osten um die Orte Soledar und Bachmut (mehr dazu lesen Sie hier), aber auch in der Region Charkiw im Nordosten sind die Streitkräfte gefordert.

Ablöse nach nur drei Monaten

Gerassimow löst seinen Vorgänger Sergej Surowikin ab, der nur drei Monate im Amt war. Deswegen wird der Schritt inoffiziell als Akt der Verzweiflung gewertet. Außerdem wechselt nun mit Gerassimow der dritthöchste Militär in Russland auf den Posten: Er ist nach Präsident Putin selbst, der qua Amt Oberbefehlshaber der Armee ist, und Verteidigungsminister Schoigu – höchstrangiger Offizier der Armee.

Dass nun eine derart wichtige Person in der Ukraine antreten muss, zeigt laut Beobachtern, dass die Lage mehr als angespannt ist. Wer aber ist Waleri Gerassimow? Und warum musste sein Vorgänger Surowikin so plötzlich gehen?

Surowikin wurde kurzerhand zum Vize des 67-Jährigen degradiert. Kremlchef Wladimir Putin war offenbar höchst unzufrieden mit ihm. Surowikin hatte unter anderem den russischen Abzug aus Cherson befehligt, ausgerechnet kurz nachdem Putin das südukrainische Gebiet annektiert hatte. Womöglich dient Surowikin daher auch als Sündenbock und bekam das nun kurzerhand zu spüren.

Steiler Aufstieg beim russischen Militär

Mit Gerassimow steht nun ein Mann an der Spitze der Armee, der seine gesamte berufliche Laufbahn dem Militär gewidmet hat. In seiner Heimatstadt Kasan, einer Millionenstadt an der Wolga, etwa 700 Kilometer von Moskau entfernt, begann er seine Karriere auf der Militärschule und arbeitete sich von da an hoch.

Er war Zugführer, Kompaniechef, Kommandeur und an Einsätzen in Polen und im Nordkaukasus beteiligt. Ab 2015 war er zudem für den russischen Einsatz in Syrien zuständig. Dafür verlieh Putin ihm den Titel "Held der Russischen Föderation". 2012 wurde er Chef des Generalstabs der Streitkräfte und damit der drittwichtigste Mann des Militärs, eine Funktion, die er auch weiter ausüben wird.

Neben Schoigu und Putin verfügt Gerassimow über den Zugang zum Atomkoffer. Er ist außerdem Mitglied des Sicherheitsrats der Russischen Föderation, der ebenfalls mit Vertretern des engsten Putin-Zirkels besetzt ist.

Vertreter der alten Garde

Beobachterinnen und Beobachter ordnen Gerassimow in die Riege der alten Militärgarde ein, wie auch Verteidigungsminister Schoigu. Ihnen gegenüber stehen die "jungen Radikalen", wie der Chef der Söldner-Gruppe "Wagner", Jewgeni Prigoschin, und der Tschetschenen-Führer Ramsan Kadyrow, die offen mit ihrer brutalen Vorgehensweise im Krieg prahlen. Gerassimow haben sie wiederholt für seine angeblich zu lasche Kriegsführung kritisiert.

Gerassimow steht für die hybride Kriegsführung. Er gilt als ihr Vordenker und Erfinder einer nach ihm benannten Doktrin, nach der ein Krieg nicht nur militärisch Krieg, sondern auch wirtschaftlich, politisch und medial zu führen ist. Zum Beispiel mit Cyberattacken oder gezielt verbreiteten Falschmeldungen.

Diese Strategie lässt sich im Angriffskrieg in der Ukraine beobachten. Die Propagandamaschinerie beispielsweise wurde in Russland massiv verstärkt und produziert unermüdlich Falschmeldungen. Im staatskontrollierten Fernsehen werden Theorien aufgestellt, dass "der Westen" Russland angreifen wolle und man sich in der Ukraine nur "verteidige". Auch gibt der Kreml falsche Angaben über eigene Opfer und die der Ukraine heraus, die ebenso regelmäßig von unabhängigen Organisationen widerlegt werden.

Und trotzdem läuft es schlecht für die russische Armee, trotzdem wird nun der Mann der hybriden Kriegsführung an die vorderste Front geholt. Auch das verstärkt laut Expertinnen und Experten den Eindruck, Putin handle aus der Not heraus.

Beobachter: Ernennung wirkt wie Verzweiflung

Im Mai vergangenen Jahres kursierten dann Gerüchte, wonach Gerassimow in der Ukraine verletzt worden sei, als er Truppen im Osten des Landes einen Besuch abstattete. Eigentlich sollte der Besuch wohl die Soldaten motivieren. Doch dass ein derart hochrangiger militärischer Entscheider dem Risiko einer möglichen Bombardierung ausgesetzt worden war, werteten Analystinnen und Analysten als "peinlich".

Irritierend ist auch der Zeitpunkt der Ernennung, wie der deutsch-russische Journalist Maxim Kireev schreibt. Am Anfang wäre es "ein logischer Schritt" gewesen, schreibt er auf Twitter, "heute wirkt dies wie Verzweiflung." Kritik und Spott kommen auch aus Russland selbst.

"Sie werden den Krieg bald Krieg nennen"

Blogger schreiben, die ständigen Versetzungen wiesen darauf hin, dass es alles andere als, "nach Plan" läuft, wie stets kommuniziert wird. Die Ernennung von Gerassimow und die Degradierung von Surowikin deuteten darauf hin, dass Putin in Panik geraten sei und seine Entscheidungen davon abhängig mache, wer ihm zuletzt etwas "eingeflüstert" habe.

Andere sehen eine Zuspitzung in der Kriegsführung: Dass nun der Chef der gesamten Armee in der Ukraine zuständig ist, könnte dazu führen, dass bald nicht mehr nur von einer "Spezialoperation" die Rede sein werde, wie der Krieg in Russland offiziell genannt werden muss. Ivan Zhdanov von der russischen Anti-Korruptions-Stiftung des Oppositionspolitikers Alexej Nawalny zeigt sich auf Twitter überzeugt: "Das bedeutet, dass sie den Krieg bald einen Krieg nennen werden."

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