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Handbuch für Putins Soldaten aufgetaucht: Kriegs-Leitfaden voll Propaganda


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Propagandabroschüre des Kreml
Handbuch für Putin-Soldaten: "Eröffnen Sie das Feuer"


Aktualisiert am 27.10.2022Lesedauer: 3 Min.
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Ein russischer Soldat in der Ukraine: Tausende Russen mit wenig Erfahrung werden seit Putins Teilmobilmachung im September in den Krieg geschickt. (Quelle: RIA Novosti/imago-images-bilder)

Eine Broschüre gibt russischen Soldaten Ratschläge für den Kampf in der Ukraine. Die Inhalte strotzen nur so vor Propaganda.

Es ist eine seltsame Mischung aus Ratgeber und Propaganda, was da unter dem Titel "Ich lebe, ich kämpfe, ich siege" auf 63 Seiten steht: Harmlos anmutende Kochrezepte und Tipps fürs Überleben in der Wildnis stehen neben in martialischer Sprache formulierten Verhaltensregeln.

Diese neue russische Propagandabroschüre soll Rekruten bei ihrem Einsatz im Krieg helfen, berichtet die russische Nachrichtenseite "Oskol Kray". Demnach wird das Heft Soldaten überreicht, die derzeit für den Einsatz in der Ukraine ausgebildet werden und bald an die Front ziehen sollen. Das Handbuch sei vom russischen Verteidigungsministerium genehmigt worden.

Der Ratgeber enthält Informationen aus der militärischen Grundausbildung. Zum Beispiel, wie ein Schützengraben auszuheben ist, was Artilleriefeuer anrichtet sowie Abschnitte über Schutz vor Scharfschützen und Läusen – aber auch Gebetstexte für muslimische und orthodoxe Soldaten finden sich darin. Bei den Verfassern der Texte soll es sich um russische Veteranen handeln, die in Afghanistan oder Tschetschenien oder kürzlich in der Ukraine gekämpft haben. Das geht aus dem Vorwort des "Nachschlagewerks" hervor.

Autoren kritisieren Begriff "militärische Spezialoperation"

Dass das Handbuch stark propagandistische Inhalte verbreitet, wird gleich zu Beginn des Manuskripts deutlich: Dort wird der Krieg in der Ukraine als "Großer Vaterländischer Krieg 2.0" bezeichnet. Deutschland, Tschechien, Polen, Japan, Italien und weitere Länder "haben (im Zweiten Weltkrieg) gegen uns gekämpft", heißt es da, heute nähmen diese Länder in der Ukraine Rache an Russlands "großem Sieg".

Zugleich schreiben die Autoren, dass russische Politiker den Einsatz in der Ukraine als "besondere Militäroperation" bezeichneten. Für die Soldaten sei der Einsatz jedoch ein echter Krieg "mit Blut, Schmerz, Verlust und Siegesfreude". Das Brisante: In Russland schränkt der Kreml die Berichterstattung massiv ein. Die Verwendung von Begriffen wie "Krieg", "Angriff", oder "Kriegserklärung" ist verboten. Dass das russische Verteidigungsministerium die Veröffentlichung des Ratgebers unterstützt, überrascht daher. Seit einigen Wochen fällt auf, dass mitunter auch Politiker und Fernsehmoderatoren das Wort "Krieg" benutzen.

Gängige Muster der Kriegsrechtfertigung

Die Broschüre bedient aber auch gängige Muster der russischen Kriegsrechtfertigung. Die Verfasser behaupten, die Ukrainer seien eigentlich Russen – aber von westlichen Mächten zu "wilden Russophoben" gemacht und ihrer Bildung, Kultur und Muttersprache beraubt worden. Letztendlich diene der Krieg in der Ukraine dazu, Russland zu schützen, heißt es in der Propagandaschrift.

Diese Aussagen entsprechen der Begründung des Kremlchefs für die russische Invasion Ende Februar. Wladimir Putin rechtfertigt diese mit einer angeblichen Bedrohung durch das Nachbarland. Als Ziele gibt er die "Entmilitarisierung" und "Entnazifizierung" der Ukraine an.

Drastische Wortwahl

Weiter erläutert die Broschüre, wie russische Soldaten mit Zivilisten umgehen sollten. Es wird behauptet: Jeglicher Widerstand der lokalen Bevölkerung sei auf die Kommandozentrale der Streitkräfte der Ukraine zurückzuführen. Demnach zählten Saboteure und Protestierende als Kombattanten und dürften festgehalten, behindert und als Kriegsgefangene behandelt werden.

Dabei gelte allerdings: "Wir foltern keine Gefangenen." Im Gefecht in der Ukraine wird dieser Rat von vielen russischen Soldaten jedoch nicht befolgt. Etliche Überlebende aus russischer Gefangenschaft haben bereits von Folter, Raub und Mord berichtet.

Sollten Einheimische eine Bedrohung für Soldaten darstellen, rät das Handbuch: "Eröffnen Sie das Feuer auf sie" und fügt hinzu: "Aber! Auf Unbewaffnete zu schießen, ist nicht unsere Methode." Doch auch dieser Rat wird in der Realität offenbar nicht immer befolgt: Die russische Armee hat seit Beginn des Krieges UN-Schätzungen zufolge bereits Tausende Zivilisten verletzt oder getötet. Der Kreml bestreitet stets, zivile Ziele anzugreifen.

"Lifehacks für den Schießkampf"

Weiter wird in dem Dokument davon abgeraten, Fotos oder Videos von den Soldaten zu machen, um die Position der russischen Streitkräfte nicht zu gefährden. Jeder Zivilist könne ein Spion sein, so die Verfasser. Ebenso berge das Posten von Nachrichten in sozialen Netzwerken oder das Einschalten eines Mobiltelefons im Kriegsgebiet ein tödliches Risiko: Tatsächlich sollen Kämpfer ihre Position bereits unbeabsichtigt durch Smartphones verraten oder am Telefon über begangene Kriegsverbrechen gesprochen haben. Mehr dazu lesen Sie hier.

Neben "Lifehacks für den Schießkampf" erklärt das Buch auch, wie Rekruten einen Wasserfilter aus einer Plastikflasche bauen können und wie man ein rauchloses Lagerfeuer macht. Zu den Tipps für das Überleben in der Wildnis gehört zudem ein Rezept für Ofenkartoffeln in Folie auf Holzkohle.

"Nachschlagewerk" von russischen Veteranen

Ob der Ratgeber tatsächlich an russische Rekruten ausgehändigt wird, lässt sich derzeit nicht unabhängig überprüfen. Er kann jedoch auf der Webseite des russischen Verteidigungsministeriums heruntergeladen werden.

Laut der Nachrichtenseite "Oskol.tv" sagte ein Staatsmitarbeiter mit Namen Alexey Miroshnik: "Heute haben wir uns eine sehr wichtige Aufgabe gestellt – das Leben und die Gesundheit von Menschen unter diesen extremen Bedingungen zu retten. Eine sehr nützliche Veröffentlichung." Man habe Hunderte Exemplare des Handbuchs an mobilisierte Einwohner von Belgorod verteilt.

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