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Russland: Dutzende Politiker fordern Putins Rücktritt – die Nacht im Überblick


Die Nacht im Überblick
Dutzende russische Politiker fordern Putins Rücktritt

Von dpa, reuters
Aktualisiert am 13.09.2022Lesedauer: 4 Min.
Sollte wegen Hochverrats angeklagt werden: Wladimir Putin.Vergrößern des Bildes
Sollte wegen Hochverrats angeklagt werden: Wladimir Putin. (Quelle: IMAGO/Gavriil Grigorov/imago images)

Der Druck aus den eigenen Reihen wächst: Zahlreiche Abgeordnete stellen sich gegen Wladimir Putin. Die Ukraine ruft indes weitere Geländegewinne aus.

Zahlreiche Kommunalabgeordnete aus Moskau und St. Petersburg haben den Rücktritt des russischen Präsidenten Wladimir Putin gefordert. Eine entsprechende Petition haben bisher mehr als 40 Politiker des Landes unterzeichnet. Putins Handlungen "fügen der Zukunft Russlands und seiner Bürger Schaden zu", hieß es darin.

Der Rücktrittsaufruf stammte von der Bezirksverordneten Xenija Torstrjom aus Sankt Petersburg. Auf Twitter schrieb sie: "Der Text der Petition ist lakonisch und 'diskreditiert' niemanden." In der vergangenen Woche hatte die Polizei Unterzeichner eines Appells vorgeladen. Sie forderten, Putin wegen Hochverrats anzuklagen. Ihnen wurde daraufhin vorgeworfen, die eigene Armee in Verruf zu bringen.

Selenskyj: Mehr als 6.000 Quadratkilometer Land zurückerobert

Die ukrainische Armee hat nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj seit Anfang September mehr als 6.000 Quadratkilometer Land von den russischen Besatzern zurückerobert. "Unsere Truppen bleiben in Bewegung", sagte er am Montagabend in Kiew. Angesichts russischer Raketenangriffe auf das Stromnetz seines Landes forderte er vom Ausland eine schnellere Lieferung von Luftabwehrwaffen.

Der ukrainische Generalstab berichtete zudem von russischen Attacken an vielen Stellen der Front. In dem von russischen Truppen besetzten Atomkraftwerk Saporischschja entspannte sich die Lage derweil etwas, da zwei Stromleitungen zum Kühlsystem der abgeschalteten Reaktoren repariert werden konnten. Für die Ukraine ist am Dienstag der 202. Tag im Abwehrkampf gegen die russische Invasion. In Deutschland geht die Diskussion über eine Lieferung von Kampf- und Schützenpanzern an das angegriffene Land unterdessen weiter.

Ukrainische Armee rückt weiter vor

Die ukrainischen Truppen durchkämmen die zurückeroberten Gebiete im Osten nach Kollaborateuren der russischen Besatzungsmacht. Außerdem würden Minen geräumt, teilte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht vom Montagabend mit. Er machte keine weiteren Angaben zum Vordringen der Ukrainer, die die russischen Truppen im Gebiet Charkiw weitgehend in die Flucht geschlagen haben. Die Russen ließen dabei viele Waffen und schweres Material zurück. Der ukrainische Vorstoß gilt als Etappensieg bei der Rückeroberung besetzter Gebiete, der über die Ukraine hinaus Hoffnungen auf eine militärische Wende nährt.

Am Montag zeigten Fotos, dass sich ukrainische Soldaten in Sjwatohirsk im Gebiet Donezk befinden. Der Anführer der aus Moskau gesteuerten Separatisten von Donezk, Denis Puschilin, bestätigte Kämpfe um die Stadt, in der ein wichtiges orthodoxes Kloster steht. "Swjatohirsk, das sage ich ganz ehrlich, wird derzeit weder von uns noch vom Feind vollständig kontrolliert", sagte er in einer Videobotschaft. Zu überprüfen waren die Angaben zunächst nicht.

Puschilin bestätigte darüber hinaus einen ukrainischen Angriff auf den Flughafen von Donezk. Die Angreifer seien vernichtet worden, was ebenfalls nicht zu überprüfen war. Erste ukrainische Berichte über die Attacke waren am Samstag publik geworden. Auf dem 2014 zerstörten Flughafen verlief seit damals die Front zwischen den Separatisten und der ukrainischen Armee. Ein Angriff dort wäre das erste Vorrücken der Ukrainer auf Gebiet der sogenannten Volksrepublik Donezk, seit Russland das Nachbarland am 24. Februar überfallen hat.

Selenskyj will schneller stärkere Flugabwehr

Die Hilfe internationaler Partner für die Ukraine müsse aufgestockt werden, forderte Selenskyj in seiner allabendlichen Videoansprache. "Gemeinsam können wir den russischen Terror überwinden."

Russische Raketentreffer auf ein Kraftwerk bei Charkiw hatten am Sonntagabend große Teile des Stromnetzes in der Ostukraine zeitweise lahmgelegt. "Hunderttausende Ukrainer fanden sich im Dunkeln wieder – ohne Strom. Häuser, Krankenhäuser, Schulen, kommunale Infrastruktur", so Selenskyj. "Russische Raketen treffen genau jene Objekte, die absolut nichts mit der Infrastruktur der Streitkräfte unseres Landes zu tun haben." Er deutete den Beschuss als Rache für den Vormarsch der ukrainischen Armee im Gebiet Charkiw.

Deutschland hat der Ukraine derweil das moderne Luftabwehrsystem Iris-T zugesagt. Die Ukraine hofft auf eine schnelle Lieferung. Nach ukrainischen Berichten soll die erste Einheit Ende des Jahres geschickt werden.

AKW Saporischschja wieder besser mit Strom versorgt

Das von russischen Truppen besetzte AKW Saporischschja in der Ukraine ist inzwischen wieder an zwei Reservestromleitungen angeschlossen. So könne eine Leitung das Kühlsystem der abgeschalteten Reaktoren versorgen. Die zweite sei in Reserve, teilte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien am Montagabend mit. Der sechste und letzte Reaktor sei heruntergefahren worden und benötige nun weniger Strom zur Kühlung.

Trotzdem bleibe die Lage am größten Kernkraftwerk Europas mitten im Kampfgebiet prekär, warnte IAEA-Chef Rafael Grossi. Die vier Hauptleitungen seien zerstört, das Kraftwerk liefere keinen Strom. "Eine nukleare Schutz- und Sicherheitszone ist dringend erforderlich", mahnte er. Er habe darüber die ersten Konsultationen mit allen Beteiligten geführt.

Das wird am Dienstag wichtig

In Deutschland wird weiter über die Lieferung von Kampf- und Schützenpanzern an die Ukraine debattiert. Der Druck von Grünen und FDP wächst, auch wenn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag noch einmal die Beschränkung auf Artillerie und Flugabwehr betonte. Es bleibe dabei, "dass es keine deutschen Alleingänge gibt", sagte Scholz in Berlin. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) warnte ebenfalls davor. SPD-Chefin Saskia Esken schloss die Lieferung von Kampfpanzern nicht aus, pochte aber auf internationale Abstimmung.

Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner plädierte für zusätzliche Unterstützung. "Vor der Tapferkeit der Ukrainerinnen und Ukrainer muss man salutieren. Wir müssen jeden Tag prüfen, ob wir noch mehr tun können, um ihnen in diesem Krieg beizustehen", schrieb Lindner auf Twitter. "Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen."

Auch Robin Wagener (Grüne), Vorsitzender der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe im Bundestag, forderte mehr Unterstützung: "Unsere Freiheit wird nicht auf den Gefechtsübungsplätzen der Bundesrepublik, sondern an der Front in der Ukraine verteidigt."

Auf der deutschen Lieferliste stehen bisher der Flugabwehrpanzer Gepard, die Panzerhaubitze 2000, Mehrfachraketenwerfer und das Flugabwehrsystem Iris-T sowie weitere Waffen und Munition.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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