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Nach Irans Angriff auf Israel: Das Terror-Regime der Mullahs wankt


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Tagesanbruch
Irans Terrorregime wankt

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 16.04.2024Lesedauer: 5 Min.
Irans Diktator Chamenei führt ein angeschlagenes Regime.Vergrößern des Bildes
Irans Diktator Chamenei führt ein angeschlagenes Regime. (Quelle: IMAGO/Iranian Supreme Leader'S Office)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

auf der Liste der Pariastaaten nimmt der Iran einen Spitzenplatz ein. Kaum ein anderes Land sorgt für so viel Unruhe in der Weltpolitik. Die Regierung in Teheran unterstützt die Hisbollah im Libanon, die Hamas im Gazastreifen, die Huthi-Miliz im Jemen, sie feuert Raketen nach Israel und schickt Terroristen nach Europa. Kein Zweifel: Das Mullah-Regime ist ein brandgefährlicher Aggressor.

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Drei Tage nach dem Großangriff auf israelische Städte, der nur dank einer perfektionierten Luftabwehr glimpflich verlief, herrscht in der Weltpolitik noch immer Alarmstimmung. Erst recht nach den Mutmaßungen amerikanischer Außenpolitiker, dass Nordkorea dem Iran zum Bau der Atombombe verhelfen könnte. Zu Recht wird die Gefahr eines Flächenbrandes im Nahen Osten beschworen, der globale Kreise ziehen könnte.

Ist das Mullah-Regime wirklich so brandgefährlich? Es gibt auch eine andere Deutung. Sie führt nicht in die Sphären internationaler Krisen, sondern ins Machtzentrum in Teheran. Auch dort herrscht Unruhe – und alles andere als martialisches Selbstbewusstsein. Zwar ließen die Mullahs die nächtliche Attacke auf den "kleinen Satan" Israel von den üblichen Claqueuren bejubeln. Doch der Blick hinter die Propaganda zeigt ein marodes Regime, das nicht nur unter massivem Druck steht, sondern womöglich einsturzgefährdet ist. Den Rückhalt in der Bevölkerung haben die schiitischen Diktatoren und ihre Revolutionsgarden längst verloren. Sie halten sich nur noch mit Gewalt und Überwachung an der Macht – und müssen permanent neuen Widerstand fürchten. Der gefährlichste Feind der Mullahs ist nicht Israel oder Amerika. Ihr gefährlichster Feind ist ihr eigenes Volk.

Brutal haben die Machthaber die landesweiten Proteste nach dem Tod der Kurdin Jina Mahsa Amini vor anderthalb Jahren niedergeschlagen. Knüppel und Schüsse, Folter und Todesurteile: Jedes Mittel war ihnen recht, um den "Gottesstaat" zu retten. Was nichts anderes bedeutet als ihre Macht, die in einem Ideologie-Mischmasch aus Schiismus, Machiavellismus und Militarismus wurzelt. Denn nur um diese Macht geht es ihnen; da unterscheiden sich die Turbanträger in Teheran nicht vom Despoten im Kreml oder dem Raketenbastler in Nordkorea.

Doch die Brutalität hat den Aufruhr nur oberflächlich eingedämmt; die Ruhe auf den Straßen ist trügerisch. Vielmehr hat das harte Vorgehen die Regierenden von der Mehrheit der 90 Millionen Iraner entfremdet. Ethnische Spannungen, wirtschaftliches Missmanagement und die grassierende Korruption verschärfen die Wut. Die Wahlbeteiligung im März lag auf einem historischen Tiefstand.

Sogar ein Regime-Günstling wie Gholamali Radjaii, Berater des ehemaligen Staatspräsident Rafsandjani, gesteht öffentlich: "Wir sind verbraucht. Die Islamische Republik bietet keine Zukunft mehr, und so kann es nicht weitergehen." Wer mit Iranern spricht, bekommt denselben Eindruck, den auch professionelle Beobachter des Landes teilen: Die meisten früheren Anhänger des Gottesstaates haben sich abgewandt. Sogar tiefreligiöse Menschen verweigern mittlerweile den Moschee-Besuch, so empört sind sie über das abgehalfterte Regime. Das Feuer der iranischen Revolution, vor 45 Jahren von Ayatollah Chomeini entzündet, ist erloschen.

Dessen Nachfolger Ayatollah Ali Chamenei ist mittlerweile selbst ein Greis, am Freitag wird er 85 Jahre alt. Krank ist er auch, zudem sagt man ihm fortschreitenden Altersstarrsinn nach. Er verliere zunehmend den Bezug zur Realität. Eines aber scheinen ihm seine servilen Berater verklickert zu haben: Einen echten Krieg würde die iranische Bevölkerung nicht mitmachen. Im Gegenteil: Eine wochen- oder gar monatelange militärische Konfrontation mit Israel und dessen Verbündetem USA könnte das Ende der Islamischen Republik besiegeln; ihr Zusammenbruch ist denkbar. Das dürfte der entscheidende Grund sein, warum Chamenei die Attacke auf Israel so rechtzeitig ankündigte, dass die Drohnen abgefangen werden konnten. Dass er darauf verzichtete, das viel gefährlichere Raketenarsenal der Hisbollah einzusetzen und die maximale Eskalation zu suchen. Der Revolutionsführer wollte nach dem israelischen Angriff auf das iranische Konsulat in Syrien Stärke demonstrieren – mehr aber auch nicht.

Der alte Mann hat Wichtigeres zu tun: Er muss seine Nachfolge regeln. Schon jetzt erschüttern die Vorboten eines Diadochenkampfes den innersten Machtzirkel. Eine Bedrohung für das erstarrte Regime.

Wer könnte auf den Diktator folgen? Da ist zum einen Präsident Ebrahim Raisi, ein stromlinienförmiger Hardliner, unbeliebt im Volk, aber gut vernetzt in der Nomenklatura. Seit der Massenhinrichtung politischer Gefangener 1988 schmäht der Volksmund ihn als "Schlächter von Teheran". Da ist zum anderen Chameneis Sohn Mojtaba Chamenei, der selten in der Öffentlichkeit auftritt, aber im Hintergrund die Strippen zwischen Politik, Revolutionsgarden und Geheimdiensten zieht. Bei der Niederschlagung der jüngsten Proteste soll er die Regimeschergen zu härtester Gewalt angestachelt haben. Er gilt als Favorit seines Vaters für die Nachfolge im höchsten Staatsamt.

Der revolutionäre Iran als Erbmonarchie? Dieses Machtmanöver würde mit den Grundprinzipien des Staates brechen – und wäre Wasser auf die Mühlen aller Kritiker. Die Nachfolgeanbahnung des Revolutionsführers ist hochriskant. Sie birgt die Möglichkeit, dass das weltweit gefürchtete Aggressor-Regime unter einem neuen Volksaufstand kollabiert. Dem Frieden in der Welt wäre es wohl zuträglich.


Was steht an?

Am letzten Tag seiner China-Reise trifft Olaf Scholz Präsident Xi Jinping. Eigentlich soll es dabei um die Ukraine und um Wirtschaftsfragen gehen: Der Kanzler will seinen Gastgeber bitten, Kriegstreiber Putin etwas weniger zu unterstützen – und chinesische E-Autos etwas weniger zu subventionieren. Doch die Reise wird vom iranischen Angriff auf Israel überschattet. Das bringt einiges durcheinander, berichtet mein Kollege Patrick Diekmann.

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Noch gut drei Monate bis zum Beginn der Olympischen Spiele in Paris. Kurz genug, um die Vorfreude zu schüren: Heute Vormittag wird im antiken Olympia in Griechenland das olympische Feuer entzündet. Anschließend tragen Läufer die Flamme bis in die französische Hauptstadt.


Auch sonst ist einiges los. Zumindest, wenn man den Kollegen der Deutschen Presse-Agentur glaubt. Die kündigen in ihrer Terminvorschau eine Studie zum Fremdgehverhalten von Blaumeisen an. Wir sind gespannt.


Das Erste Deutsche Fernsehen kündigt auch etwas an, und zwar gleich zweierlei: Erstens die neue Folge der Reihe "Der Amsterdam-Krimi", die es "Der Dreck der Anderen" zu nennen beliebt. Zweitens die Auftaktfolge zur neuen Staffel der Krimiserie "Mord mit Aussicht", die auch irgendwie heißt. Dann lieber Blaumeisen.


Ein Schuhmacher namens Georg Wessels im äußersten Westen Deutschlands besteigt heute ein Flugzeug nach Venezuela. Im Gepäck hat er drei Paar Schuhe. Nicht irgendwelche Schuhe, sondern sehr, sehr große. In Venezuela wohnt nämlich der Mensch mit den größten Füßen der Welt. Wessels ist seines Zeichens Experte für Übergrößen und überbringt die Riesenlatschen höchstpersönlich. Größe 69 übrigens.


Ohrenschmaus

Was passt zu großen Füßen? Ah, ich hab da was.


Lesetipps


Nach langem Ringen haben sich die Ampelkoalitionäre auf eine Reform des Klimaschutzgesetzes geeinigt. Das hat einschneidende Folgen für die Bürger, schreibt mein Kollege Julian Fischer.


Der lange Krieg gegen die Ukraine, die Folgen des Terroranschlags: Russland ist immer stärker erschüttert, berichtet unser Kolumnist Wladimir Kaminer.


Zum Schluss

Die Logik des Nahostkonflikts in einem Bild:

Ich wünsche Ihnen einen friedlichen Tag.

Herzliche Grüße und bis morgen

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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