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US-Wahl: Super Tuesday – letzte Warnung für Europa


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Tagesanbruch
Es gibt Hoffnung für Trumps Gegner

  • Bastian Brauns
MeinungVon Bastian Brauns

Aktualisiert am 05.03.2024Lesedauer: 6 Min.
Donald Trump im Wahlkampf in Virgina: Seine Wiederwahl wird wahrscheinlicher.Vergrößern des Bildes
Donald Trump im Wahlkampf in Virginia: Seine Wiederwahl wird wahrscheinlicher. (Quelle: Jay Paul)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

kennen Sie diese Tage, an denen Sie ständig einen Schlag bekommen? An der Rolltreppe im Kaufhaus. Wenn Sie die Wäsche aus dem Trockner holen. Oder wenn Sie einfach nur jemandem die Hand geben wollen. Es knistert. Sie zucken unwillkürlich zurück. Ich selbst habe auch schon mal einen kleinen Blitz gesehen.

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Derart geladen ist derzeit die politische Stimmung in Washington. Die Blitzeinschläge werden immer häufiger. Das Knistern immer lauter. Das Zucken immer schneller. Wie zum Beispiel gestern, als die Nachricht kam, dass Donald Trump nun doch bei den Vorwahlen im Bundesstaat Colorado antreten darf. Das wurde ihm dort eigentlich mit Verweis auf seine Rolle beim Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 verboten. Mit einem einstimmigen Urteil des Supreme Court, also des Obersten Gerichtshofs der USA, sind nun aber die Hoffnungen jener begraben, die darauf gehofft hatten, eine erneute Präsidentschaft Trumps könnte auf diese Weise verhindert werden.

In der US-Hauptstadt brennt die Luft. Denn mit diesem Urteil vom Montag ist eine ohnehin entscheidende Woche angebrochen – nicht nur für Amerika, sondern für die ganze Welt. Ab sofort steigt mit jedem weiteren Tag die Anspannung. Wie wird diese von vielen Experten als "Jahrhundert-Wahl" bezeichnete Entscheidung im November ausgehen? Die Antwort darauf mag noch viele Monate entfernt wirken. Prophezeiungen sind unseriös. Aber die Zeichen verdichten sich unaufhörlich: Trump 2.0 wird zumindest immer weniger unwahrscheinlich.

Diese Woche ist damit auch ein letzter Warnschuss für Europa, sich vorzubereiten. Am heutigen Dienstag dürfte auch dem letzten Zweifler klar werden, dass die Republikaner Donald Trump tatsächlich zum dritten Mal zu ihrem Spitzenkandidaten küren werden: Am sogenannten "Super Tuesday" finden in 16 Bundesstaaten die Vorwahlen statt. Der ehemalige amerikanische Präsident wird dabei voraussichtlich so viele Delegierte gewinnen, dass ihm ein Sieg beim Parteitag im Juli dieses Jahres nicht mehr zu nehmen sein wird.

Auch Joe Biden wird an diesem "Super Tuesday" höchstwahrscheinlich zwar in jedem Bundesstaat als Sieger vom Platz gehen. Aussagekraft für die Präsidentschaftswahlen im November hat das allerdings nur bedingt. Zu viel hängt davon ab, wie viele Wählerinnen und Wähler die Demokraten am Ende, wenn es darauf ankommt, motivieren können, ihre Stimme auch wirklich für Biden abzugeben.

Am Donnerstag dieser Woche hält Joe Biden dann zum letzten Mal in seiner laufenden Präsidentschaft seine berühmte "State of the Union Address". Das ist die Rede zur Lage der Nation vor dem amerikanischen Kongress. Die Öffentlichkeit wird diese immer mit viel Pomp inszenierte Ansprache an die Nation dieses Mal ganz genau beobachten.

Die Rede wird ein erster Gradmesser in diesem jetzt startenden, unerbittlichen Wahlkampf sein. Jeder Versprecher, jede vermeintliche Schwäche des 81-Jährigen wird genau registriert werden. Für den seit Monaten in Umfragen extrem angeschlagenen und zudem ältesten US-Präsidenten der Geschichte ist ein starker Auftritt Pflicht. Denn Bidens öffentliche "Performance" wird in den kommenden Monaten gnadenlos ausgeschlachtet und verbreitet werden. Auch wenn im Prinzip das Gleiche für Trumps regelmäßige Aussetzer gilt.

Fast absehbar, fast unausweichlich wirkt im diesjährigen US-Wahlkampf das Rückspiel zwischen Joe Biden und Donald Trump. Doch die Vorzeichen sind im Gegensatz zum Hinspiel anno 2020 vollkommen andere. Die Covid-19-Pandemie ist längst Geschichte und mit ihr die Vorteile für Joe Biden. Das damals abrupte Ende des regulären Wahlkampfes mit großen öffentlichen Auftritten kam ihm entgegen. Das chaotische Management dieser Krise durch Trumps Regierung trug maßgeblich zum Ende seiner Präsidentschaft bei.

Obwohl sich die wirtschaftlichen Zahlen seither fast ausschließlich und extrem positiv entwickelt haben, wird Joe Biden bis heute das Problem der hohen Preise in die Schuhe geschoben. Obwohl die Inflation deutlich langsamer steigt, bleibt der Blick der Wählerinnen und Wähler auf die Kassenzettel im Supermarkt oder an der Tankstelle die beste Wahlkampfhilfe für Donald Trump und seine "Make-America-Great-Again"- (MAGA-) Republikaner.

Wie sehr Joe Biden im eigenen Lager politisch zu kämpfen hat, zeigte zuletzt das Ergebnis der Vorwahl im wichtigen Bundesstaat Michigan. Dort stimmten rund 100.000 Wählerinnen und Wähler nicht für ihren eigenen Kandidaten, und zwar aus Protest gegen dessen Israel-Politik. Der "Super Tuesday" könnte weitere Hinweise dafür liefern, wie groß die Gefahr für Biden im Herbst sein wird, entscheidende Wählergruppen bei den arabischstämmigen Amerikanern, den Schwarzen und bei den Jungen zu verlieren, weil diese vielleicht nicht zur Wahl gehen oder womöglich für einen dritten Kandidaten stimmen werden.

Ihr hohes Alter stellt laut Umfragen zwar für Biden (81) und für Trump (77) ein Problem dar. Eine neue Erhebung zeigt aber, dass dem amtierenden Präsidenten eine zweite Amtszeit noch viel weniger zugetraut wird als seinem Herausforderer. Der Aussage "(Dieser Kandidat) ist einfach zu alt, um ein effektiver Präsident zu sein" stimmten bei Trump 21 Prozent der Befragten zu. Bei Biden waren es 47 Prozent.

Eine Hoffnung für die Trump-Gegner gibt es trotzdem. Während für Biden sein Alter, die hohen Preise, die Migrationskrise und der Krieg im Nahen Osten negative Auswirkungen haben, ist auch Trumps Rückhalt keineswegs so eindeutig, wie sein Vorsprung in vielen Umfragen derzeit wirken mag. Ein Indikator dafür ist zum Beispiel die Kandidatur seiner Konkurrentin Nikki Haley, die noch immer nicht aufgeben will. Die 52-jährige Frau repräsentiert insbesondere jene Republikaner, die Trumps Abkehr von der Weltpolitik als extrem gefährlich betrachten. Auch wenn Haley absehbar auch am heutigen "Super Tuesday" gegen Trump verlieren wird, könnte zumindest ein Teil ihrer Anhänger Trump im November die Stimme verweigern und zu Hause bleiben.

Eine Gruppe hat in diesem US-Wahljahr darum ein besonderes Gewicht. Analysten bezeichnen sie hierzulande als "double haters" (Doppel-Hasser). Gemeint sind damit jene Wählerinnen und Wähler, die weder Joe Biden noch Donald Trump erneut im Weißen Haus sehen wollen. Wer am Ende möglichst viele dieser Menschen doch noch von sich überzeugen kann, könnte am Ende triumphieren.

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Ebendiese unklaren und unvorhersehbaren Dynamiken in den USA machen das Handeln auf der anderen Seite des Atlantiks so dringend erforderlich. Dort sollte man mit allem rechnen, so absurd manche Vorgänge aus europäischer Perspektive auf viele auch wirken mögen. Wer jetzt schon all diese kleinen elektrischen Entladungen wahr- und ernst nimmt, der wird von einem möglichen Blitzeinschlag beim großen Herbstgewitter im November immerhin nicht überrascht sein.


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Über die Ergebnisse des "Super Tuesday" und über alles Wichtige rund um das Wahljahr informieren wir Sie in unserem US-Wahl-Blog.



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Ohrenschmaus

Immer dann, wenn mir die Popularität von Donald Trump in den USA unerklärlich erscheint, höre ich dem schon 2018 viel zu jung verstorbenen Rapper Mac Miller zu. Zwar ist sein Song "Donald Trump" klar ironisch zu verstehen. Aber das Lied zeigt auch, wie sehr dieser Mann in der amerikanischen Gesellschaft vielfach als Instanz und sein Milliardenvermögen als erstrebenswert angesehen wird.


Zum Schluss

Einen spannenden Tag wünscht Ihnen

Ihr

Bastian Brauns
Washington-Korrespondent
X: @BastianBrauns

Was denken Sie über die wichtigsten Themen des Tages? Schreiben Sie es uns per E-Mail an t-online-newsletter@stroeer.de.

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