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AfD paktiert mit CDU – Alarmstufe Rot für alle Demokraten in Deutschland


Meinung
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Tagesanbruch
Ab sofort gilt Alarmstufe Rot

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 15.09.2023Lesedauer: 5 Min.
Demonstranten gegen eine AfD-Veranstaltung.Vergrößern des Bildes
Menschen demonstrieren gegen eine AfD-Veranstaltung. (Quelle: Andreas Arnold/dpa)
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Seltsam fühlt sich dieser Spätsommer an. Auf den Straßen brummt das Leben; Cafés, Züge und Autobahnen sind voll. Kaum ist die Ferienzeit zu Ende gegangen, planen die ersten schon wieder ihren Herbsturlaub. Für Politik scheinen sich viele Leute nur noch dann zu interessieren, wenn es zischt und knallt: Aiwanger und Heizungshammer, Putin und Trump. Viele wenden sich mit Grausen von der Ampel ab, ob sie nun rot, gelb oder grün blinkt. Mit den Schwarzen ist nicht mehr viel los, umso höher fliegt die AfD: Nach Sachsen und Thüringen liegt sie in den Umfragen nun auch in Brandenburg vorn; der Rechtsextremismusforscher Hajo Funke spricht von der "größten Krise der Demokratie seit 1949."

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Gestern Abend dann der nächste Paukenschlag: Im Thüringer Landtag hat die Opposition erstmals ein Gesetz gegen den Willen der rot-rot-grünen Landesregierung beschlossen – mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD. Die CDU wollte die Grunderwerbsteuer senken, FDP und AfD stimmten zu und verhalfen den Christdemokraten zur nötigen Mehrheit. Es war eine geplante Zusammenarbeit, wie unser Reporter Johannes Bebermeier schreibt.

Die von CDU-Chef Friedrich Merz beschworene Brandmauer nach rechts ist damit eingestürzt. Es ist ein politischer Dammbruch, und man fragt sich, wo das eigentlich enden soll. Ärger über den Krisenkurs einer Regierung ist legitim, Alternativkonzepte voranzutreiben ist es selbstverständlich auch. Aber ein aufrechter Demokrat würde doch niemals einer in weiten Teilen rechtsextremistischen Partei seine Stimme geben oder aus taktischen Gründen mit ihr paktieren. Das Bild des feixenden Thüringer CDU-Fraktionschefs Mario Voigt neben dem Faschisten Björn Höcke ist ein Schlag in die Magengrube jedes anständigen Bürgers. Was kommt als nächstes, eine schwarz-gelb-braune Koalition in Erfurt?

Die Entwicklung ist brandgefährlich, und sie folgt einem europäischen Trend. In Frankreich sind die Rechtsextremisten im Aufwind, in Italien regieren Postfaschisten, in Polen und Ungarn sitzen Rechtsstaatsfeinde in den Ministerien – fallen nun auch in der Bundesrepublik die Schranken gegen Extremisten? "Thüringen ist erst der Anfang", jubelt AfD-Frontfrau Alice Weidel. Die Landtagswahlen in Bayern und Hessen Anfang Oktober könnten die bundespolitische Landschaft erschüttern, die Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im kommenden Jahr haben das Potenzial zu einem antidemokratischen Fanal. Es kann einem angst und bange werden.

Doch zu verzagen, wäre die falsche Reaktion. Der gestrige Sündenfall ist nicht nur ein Alarmsignal für alle Menschen, die weiterhin in einem demokratischen, pluralistischen und toleranten Land leben wollen. Sie sind jetzt gefordert, sich politisch einzumischen, statt nur zu meckern oder sich gefrustet abzuwenden und in den nächsten Urlaub zu entschwinden. Mitreden und mitgestalten ist das Gebot der Stunde.

Zugleich ist der beschämende Erfolg der AfD eine dunkelgelbe Karte für die Regierenden, auch in Berlin. Die Mehrzahl der Bürger hat verstanden, dass Krisenzeiten schmerzhafte Einbußen verlangen. Aber viele haben die Nase voll von zankenden Koalitionären und von Schönrednern, die finanzielle Einschnitte als angebliche Fortschritte verkaufen. Die Folgen des russischen Angriffskriegs und der rasante Klimawandel erfordern neue politische Antworten. Ohne Verzicht auf Annehmlichkeiten wird es nicht gehen. Die Zeit der staatlichen Füllhornpolitik und des rücksichtslosen Wirtschaftens ist vorbei. Multikrise bedeutet Prioritäten zu setzen, bedeutet Veränderung für alle.

Ich meine: Die meisten Bürger wären bereit dazu – wenn man es ihnen transparent erklärt, wenn sie sich gerecht behandelt fühlen und wenn sie den Eindruck haben, die Regierenden wissen wirklich, was sie tun. Ist das nicht der Fall, wird bald der nächste Dammbruch folgen.


Held des Tages

Dieser Mann hat gezeigt, wie man als Demokrat aufrecht bleibt: Der SPD-Politiker Otto Wels hielt am 23. März 1933 die letzte freie Rede im Reichstag gegen das "Ermächtigungsgesetz" der Nazis. Da lauerten die brauen Schlägertrupps schon im Saal. Heute vor 150 Jahren wurde der mutige Berliner geboren.


Auf die Straße

Die Hochwasserkatastrophe in Libyen, davor die Unwetter in Griechenland, Bulgarien und der Türkei, vorher die Waldbrände: So viele Extremwetterereignisse künden von der Klimakrise, dass man meinen könnte, die Brisanz der Lage sei jedem ersichtlich. Stattdessen beharrt das Ampelkabinett auf der Aufweichung des Klimaschutzgesetzes: Im Juni haben Scholz, Habeck, Lindner und Co. die Sektorenziele abgeschafft und die einzelnen Ministerien aus der Verantwortung entlassen.

Kein Wunder also, dass die Aktivisten von Fridays for Future den selbst ernannten Klimakanzler an seine eigenen Ansprüche erinnern wollen. Heute rufen sie zum 13. globalen Klimastreik auf, mehr als 245 Demonstrationen und Kundgebungen in ganz Deutschland sind geplant.


Einfach ausknipsen

Energiesparen ist einfach: Bei der Aktion Earth Night werden alle Bürger dazu aufgerufen, heute Abend das Licht auszuschalten. Kerzen tun es auch und sind obendrein romantisch.


Frieden schaffen

Vor 375 Jahren beendete der in Münster und Osnabrück geschlossene Westfälische Friede den Dreißigjährigen Krieg – ein Jubiläum, das mit zahlreichen Veranstaltungen gewürdigt wird. Besonders prominent besetzt ist die heutige Westfälische Friedenskonferenz im historischen Rathaus zu Münster, bei der es um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Sicherheit in Europa und die Rolle der Wirtschaft in Friedensprozessen geht. Die Eröffnungsrede hält Verteidigungsminister Boris Pistorius, später spricht Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko.


Bayern gegen Bayer

So kann's gehen: Nach einem 1:2 in Leverkusen setzte der FC Bayern im März seinen Trainer Julian Nagelsmann vor die Tür und verpflichtete Thomas Tuchel. Im heutigen Abendspiel der Fußballbundesliga muss sich der neue Chefcoach nun selbst gegen die Leverkusener beweisen. Die stehen unter der Leitung des besten Bundesligatrainers Xabi Alonso mittlerweile vor den Münchnern an der Tabellenspitze. Im Interesse einer spannenden Saison darf das gern erst mal so bleiben.

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Ohrenschmaus

Als ich vor Jahren mit ihm beim Eierlikörchen zusammensaß, erzählte er mir von seiner wilden Jugend in Nordafrika: Trommler in einer amerikanischen Militärkapelle. Leichte Mädchen. Der Sternenhimmel am Strand. Erst später startete er seine Karriere, die ihn auf den deutschen Rock-Olymp führte. Dort thront er nun, nuschelt lässige Sätze und ordnet die Lage. Der TV-Sender Arte ehrt den größten deutschen Rocker jetzt mit einer Doku: "Udo Lindenberg & das Panikorchester – 50 Jahre Rock'n'Roll in der bunten Republik" wird heute Abend ausgestrahlt. Ich schalte ein.


Zum Schluss

Geht das Bunkern etwa schon wieder los?

Ich wünsche Ihnen einen beschwingten Wochenausklang.

Herzliche Grüße

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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