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USA-Reise: Annalena Baerbock greift zu ungewöhnlichen Mitteln


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USA-Reise von Annalena Baerbock
Das kann sich Deutschland nicht leisten


Aktualisiert am 14.09.2023Lesedauer: 5 Min.
Im Cockpit eine US-Kampfjets: Annalena Baerbock besucht einen Luftwaffenstützpunkt in Texas.Vergrößern des Bildes
Im Cockpit eine US-Kampfjets: Annalena Baerbock besucht einen Luftwaffenstützpunkt in Texas. (Quelle: IMAGO/Thomas Koehler)

Sollte Trump wieder Präsident werden, könnte das für Deutschland ein großes Problem werden. Händeringend sucht Annalena Baerbock darum in Amerika nach Partnern. Aber was, wenn der Plan nicht aufgeht?

Bastian Brauns berichtet aus Texas

Und plötzlich war da Angela Merkel. Sie begegnete Annalena Baerbock in Texas. Nicht in persona, aber mit ihrem Vermächtnis. Mitten in Austin, in der Residenz von Greg Abbott. Der republikanische Gouverneur nämlich erinnert sich bis heute an einen Anruf der ehemaligen deutschen Bundeskanzlerin. Und das wollte Abbott der heutigen deutschen Außenministerin unbedingt noch erzählen.

Merkel hatte den Republikaner im September 2017 angerufen, um ihr Mitgefühl auszudrücken und um zu helfen. Hurrikan Harvey hatte da gerade weite Teile von Texas zerstört. Tote, Verletzte und 50.000 Menschen, die evakuiert werden mussten. Der Anruf der Kanzlerin beeindruckt Abbott bis heute, wie er Baerbock erzählte.

Manchmal sind es solche vermeintlich kleinen Gesten, die am Ende einen Unterschied machen. Denn sie bleiben in guter Erinnerung. Und darum können sie einen Weg bereiten für eine freundschaftliche Zukunft. Das ist so etwas wie nachhaltige, politische Landschaftspflege. Angela Merkel hätte damals nicht bei einem US-Gouverneur anrufen müssen. Die wenigsten Staats- und Regierungschefs werden es getan haben. Es hat sich gelohnt.

Schutz vor der politischen Katastrophe

Für Annalena Baerbock wirkt Merkels damaliger Anruf heute wie eine Schutzhütte bei einem heraufziehenden Sturm. Eine gute Beziehung zum texanischen Gouverneur Greg Abbott, ein paar Telefonnummern aus seinem Umfeld und tiefe wirtschaftliche Beziehungen in dem boomenden US-Bundesstaat könnten für Deutschland noch wichtig werden.

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Denn rund ein Jahr vor den nächsten Präsidentschaftswahlen in den USA droht Deutschland, ja droht Europa ein politischer Sturm: Er heißt Donald Trump, ist schwer vorherzusagen und könnte in der Wirkung zerstörerisch wie Hurrikan Harvey sein. Eine zweite Präsidentschaft Donald Trumps ist eine reale Option für die USA. Zahlreiche, ehemalige Wegbegleiter aus Trumps erster Amtszeit warnen heute. Die von ihm ausgehende Gefahr bedroht Amerikas Demokratie und die Verbündeten in der ganzen Welt.

Ein zweites Mal Trump könnte eine Spur der Verwüstung nach sich ziehen, die sich Deutschland nicht leisten kann. Ein Austritt aus der Nato, eine Umarmung von Putin, Handelskriege mit der EU – alles kann unter ihm als Präsidenten Wirklichkeit werden. Ein politischer Hurrikan in einer Zeit von Krieg, Klimawandel und wirtschaftlichem Abschwung. Die Vereinigten Staaten dürfen als verlässlicher Partner nicht ausfallen. Sie sind für Europa wichtiger als je zuvor.

Neue Freunde gegen die Katastrophe

Die fast zweiwöchige USA-Reise der deutschen Außenministerin gilt darum immer wieder einer Mission: Deutschland auf dieses heraufziehende Unwetter vorzubereiten – politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich und militärisch. Nahezu jeder Termin, den Annalena Baerbock in diesen Tagen absolviert, unterliegt im Grunde diesem Ziel. Das transatlantische Bündnis muss auch einen zweiten Trump überstehen.

Zu beobachten ist das nicht nur, wenn sie auf politische Tuchfühlung mit dem Republikaner Greg Abbott in Austin geht. Aber auch bei ihm lotet die Außenministerin etwa aus, was von seiner Partei in Sachen Ukraine-Hilfen in Zukunft zu erwarten ist. Ein Abwenden der Amerikaner würde das Land und ganz Europa in Bedrängnis bringen.

Greg Abbott hatte 2021 kurz nach dem Einmarsch der Russen in seinem Bundesstaat immerhin einen "Day of Prayer" für die Ukraine angeordnet. Abbott ist kein Putin-Freund. Aber der Republikaner ist vor allem ein Feind zu hoher staatlicher Ausgaben. Das gibt er auch Annalena Baerbock zu verstehen.

Partner für die Wasserstoff-Transformation

Wirtschaftlich geht es in Deutschland derzeit bergab. Zumindest geht es längst nicht mehr bergauf. Texas hat die Außenministerin deshalb nicht ohne Grund ausgesucht. Der Bundesstaat im Süden der USA boomt seit Jahren und erzielt das zweitgrößte Bruttoinlandsprodukt hinter Kalifornien. Damit ist Texas weltweit sogar die neuntgrößte Volkswirtschaft. Immer mehr Firmen und noch mehr Menschen ziehen jedes Jahr hierher. Und ausgerechnet der Öl-Bundesstaat erzeugt inzwischen so viel erneuerbare Energien wie kein anderer in den USA.

Was in Texas passiert, davon soll auch Deutschland profitieren. Baerbock erhofft sich wirtschaftliche Kooperationen im Bereich der grünen Transformation. Auch mit lukrativem Handel lassen sich Freundschaften vertiefen und Feindschaften vermeiden. Gegen die Profitinteressen der US-Bundesstaaten kann im Zweifel auch ein sprunghafter neuer Präsident nichts ausrichten.

Bei einem kurzen Besuch von Baerbock am Standort der Energiespeicherfirma Advario am Golf von Mexiko wird klar: Wenn Deutschlands Industrie überleben soll, braucht es auch künftig verlässliche Energieimporte. Gestern war es das Erdgas der Russen. Irgendwann bald soll es der Wasserstoff sein. Für die Strategie der Bundesregierung braucht es dazu etwa jede Menge Ammoniak. Hier, unweit von Houston, steht bei Advario mit 70.000 metrischen Tonnen das größte Ammoniak-Silo der Welt. Es ist ein weltweit begehrter Stoff. Baerbock will, dass er aus den USA nach Deutschland kommt.

Hoffen auf den demografischen Wandel und die Städte

Annalena Baerbock ist die erste deutsche Regierungspolitikerin, die seit Helmut Kohl vor mehr als 30 Jahren nach Texas zu Besuch kommt. Seither hat sich viel geändert. In diesem Jahr etwa haben Latinos hier die nicht-hispanischen Weißen als ethnische Gruppe erstmals überholt. Immer mehr junge Menschen zieht es in die großen Städte.

Es ist gut möglich, dass der republikanische Bundesstaat in nicht allzu ferner Zukunft auch mal an die Demokraten fallen könnte. Die Außenministerin trifft Journalisten, Latino-Gruppen und nimmt an einem Bürgerdialog teil, zu dem Menschen sogar aus der Partnerstadt Leipzig nach Houston gereist sind. Sie spricht von "urbaner Diplomatie", die gefördert werden solle. Also von bilateralen Beziehungen auch auf lokaler Ebene. Denn darauf würden schließlich auch die internationalen Beziehungen aufbauen. Auch hier steckt die Idee dahinter: Je besser sich die Menschen kennenlernen, wie etwa über Städtepartnerschaften oder Studienprogramme, desto schwerer fällt es jemandem wie Trump oder anderen Populisten, das zu zerstören.

Gemeinsamkeiten betonen

Vor ihrer Abreise nach Washington landet Baerbock mit ihrer Regierungsmaschine noch auf der Sheppard Air Force Base. Es ist die größte und vielfältigste Ausbildungseinrichtung der US-Luftwaffe, sie liegt ebenfalls in Texas. 30.000 Soldaten sind hier stationiert. Und auch jeder deutsche Kampfjetpilot durchläuft hier seine Pilotenausbildung. Die Bedeutung dieses Standorts und des gemeinsamen Trainings mit Amerikanern und anderen Nato-Partnern ist nach Ausbruch des Ukraine-Krieges noch gestiegen.

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Baerbock spricht mit den deutschen Soldaten und steigt schließlich sogar in einen Kampfjet. Eine Außenministerin ist in Kriegszeiten immer auch ein wenig Verteidigungsministerin. "Zu zeigen, dass man füreinander einsteht", sagt Baerbock, dafür sei dieser Luftwaffenstützpunkt ein gutes Beispiel. Das sei wichtig für die transatlantischen Beziehungen und die gemeinsame Allianz. Sie dankt den Soldatinnen und Soldaten und bekommt Applaus.

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Die Republikaner direkt ansprechen

Als Baerbocks Regierungsmaschine in Wichita Falls Richtung Washington abhebt, verdunkelt sich der Himmel. Es beginnt leicht zu regnen. Aber ein Sturm ist nicht angekündigt. Noch hat die Außenministerin Zeit, nicht nur Freunde und politische Verbündete zu treffen, sondern auch mit jenen ins Gespräch zu kommen, die es zu überzeugen gilt. Was in Austin mit dem republikanischen Gouverneur Greg Abbott begann, geht in der US-Hauptstadt weiter.

Dort wird Baerbock ganz gezielt nicht nur auf ihren Amtskollegen, den US-Außenminister Antony Blinken treffen. Gespräche mit weiteren Republikanern stehen an, darunter sind nicht nur Befürworter der Ukraine-Politik, wie Mitch McConnell, der Minderheitsführer im US-Senat. Baerbock wird auch mit der Kongressabgeordneten Nancy Mace zusammentreffen. Die Politikerin aus South Carolina ist etwa der Ansicht, dass Putin einen Krieg gegen die Ukraine nie begonnen hätte, wenn Trump noch Präsident geblieben wäre.

Am Abend sucht die deutsche Außenministerin noch das ganz große konservative Publikum. Dann wird sie dem Trump lange treu ergebenen Fernsehsender Fox News ein Live-Interview geben. Auch mit diesem Gespräch will Baerbock zumindest versuchen, etwas zu bewirken. Sie will für ihre Positionen und die der deutschen Regierung werben und direkt zu jenen sprechen, die unerreichbar scheinen.

Ob der Plan am Ende aufgeht, ist unklar. Auf ein mögliches Trump-Tief in den deutsch-amerikanischen Beziehungen lässt es sich eben nur sehr schwer vorbereiten. Doch die politische Sturmwarnung zu ignorieren, wäre auch keine Lösung.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen vor Ort
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