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Heizungstausch: FDP setzt auf Wasserstoff – warum das ein Fehler ist


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Tagesanbruch
Dann wird es erst richtig teuer


Aktualisiert am 02.05.2023Lesedauer: 6 Min.
Die Heizungspläne der Regierung verunsichern viele Bürger.Vergrößern des Bildes
Die Heizungspläne der Regierung verunsichern viele Bürger. (Quelle: Christin Klose/dpa)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

es mag für Sie vielleicht absurd klingen, aber wenn ich rauchende Schlote sehe, bekomme ich Heimatgefühle. Ich wuchs nur wenige Hundert Meter von einem Kraftwerk entfernt auf, drei dampfende Kühltürme waren die Kulisse meiner Kindheit. Immer wenn ich sie am Horizont aufragen sah, wusste ich: Bald bin ich zu Hause.

Vielleicht geht es einigen Menschen, die im Duisburger Norden leben, ähnlich. Dort steht das größte Stahlwerk Europas, die Hütte Schwelgern von Thyssenkrupp Steel. Mehr als 100 Meter reckt sich der "Schwarze Riese" in den Himmel über dem Stadtteil Bruckhausen. Er ist bis heute einer der größten Hochöfen der Welt – aber: ein Auslaufmodell.

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Denn der Konzern rüstet um. Vier Hochöfen sollen im laufenden Betrieb durch sogenannte Direktreduktionsanlagen ersetzt werden. Statt aus Kohle und Koks will Thyssenkrupp bis 2045 Stahl aus grünem Wasserstoff gewinnen. So soll der CO2-Ausstoß fast auf null sinken. Wie diese monströse Aufgabe gelingen könnte, lässt sich heute der Bundespräsident erklären. Frank-Walter Steinmeier besucht das Werk in Duisburg und dürfte dort vor allem eines zu hören bekommen: Dass alles damit steht und fällt, den Wasserstoff heranzuschaffen.

Bis es so weit ist, kann Thyssenkrupp die neuen Anlagen übergangsweise mit Erdgas betreiben. Ein Modell, das Ihnen, liebe Leser, bekannt vorkommen dürfte. Denn es soll nicht nur in der Industrie, sondern auch in den Kellern der Deutschen zum Einsatz kommen. Zumindest hofft das die FDP und hat deshalb Ausnahmeregeln für Wasserstoff ins Heizungsgesetz geschrieben. Technologieoffenheit nennt die Partei das gern, Sie wissen schon. Dabei ist höchst unsicher, ob es den Energieträger überhaupt für jeden privaten Haushalt geben wird.

Der Expertenrat der Bundesregierung für Klimafragen etwa bezweifelt das. Statt den raren und teuren Wasserstoff in Gebäuden zu verheizen, solle man lieber Industrieunternehmen den Vorzug geben – so wie Thyssenkrupp Steel eben. Auch Verbraucherschützer warnen vor einem Einbau sogenannter H2-ready-Heizungen. Denn: Reicht das Wasserstoffnetz nicht bald bis in die Wohngebiete, hängen Verbraucher weiter am Erdgas. Und das wird richtig teuer. Nicht nur wegen der steigenden CO2-Abgabe, sondern auch, weil die Netzgebühren auf immer weniger Kunden umgelegt werden. Denn wer sich heute eine Wärmepumpe montieren lässt, zahlt nicht mehr für den Gasanschluss.

Es ist daher unverantwortlich, wenn FDP-Politiker wie der Fraktionschef im Bundestag, Christian Dürr, behaupten, mit H2-ready-Heizungen seien die Menschen für die Energiewende gerüstet. Viel wahrscheinlicher ist, dass sie am Ende zweimal zahlen: erst für die angeblich wandelbare Gasheizung, dann doch für die langfristig günstigere Wärmepumpe.

Und es gibt noch ein Problem mit der Wette auf Wasserstoff: Sie führt dazu, dass der heute schon nötige Klimaschutz verschleppt wird. Selbst wenn irgendwann doch Wasserstoff zu den Privathaushalten fließen sollte, hat der Gebäudesektor das CO2-Budget bis dahin unnötig stark verbraucht. Das gilt umso mehr, da der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfachs (DVGW) davon ausgeht, länger für die Umrüstung der Leitungsrohre zu brauchen, als es der Gesetzentwurf vorsieht. "Bis in die Vierzigerjahre" werde das dauern, sagte der DVGW-Vorstandsvorsitzende Gerald Linke kürzlich der "FAZ". Also noch rund 20 Jahre.

Es wäre fahrlässig, so lange zu warten. Stattdessen sollte die Ampelkoalition schon jetzt dafür sorgen, dass Gasheizungen nur noch in Ausnahmefällen eingebaut werden. Dafür braucht es die richtigen Anreize – allen voran eine bessere sozial gestaffelte Förderung. Schließlich kostet der Einbau einer Wärmepumpe derzeit oft noch viermal so viel wie der einer Gasheizung.

Für den Staat wird das teuer, keine Frage. Und ja, der sparsame FDP-Finanzminister Christian Lindner dürfte mit den Zähnen knirschen. Doch er sollte sich überlegen, ob das Geld damit nicht deutlich besser investiert ist als in die Rettung der Gasnetzbetreiber. Schließlich kostet die Umrüstung der Leitungen auf Wasserstoff schätzungsweise rund sieben Milliarden Euro, ist also auch kein Schnäppchen. Und dazu womöglich noch ein echter Rohrkrepierer. Wenn der Rohstoff am Ende eben gar nicht fließt.


Palmer tritt bei Grünen aus

Die Kritik war heftig: Jetzt hat Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer reagiert und nach seinem Skandalauftritt in Frankfurt seinen Austritt bei den Grünen erklärt. Er wolle eine Auszeit nehmen und sich professionelle Hilfe holen, heißt es in einer Erklärung, über die zuerst der Südwestdeutsche Rundfunk (SWR) berichtete. Palmer hatte am Freitag auf einer Konferenz der Goethe-Universität Frankfurt mehrmals das rassistische Wort "Neger" benutzt. Als er daraufhin von Demonstranten mit "Nazis raus"-Rufen konfrontiert wurde, verglich er dies mit dem Judenstern.


Das Chaos geht weiter

Wenn der Mensch eines besonders gut kann, dann Dinge so lange wie möglich vor sich herschieben. Und so dürften in Bayerns Finanzämtern heute noch einmal besonders viele Grundsteuererklärungen eintrudeln.

Anders als in den restlichen Bundesländern hatten Eigentümer dort drei Monate länger Zeit, die Daten für die Grundsteuerreform weiterzureichen. Die war nötig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht die bisherige Berechnung der Steuer auf den Besitz von Grundstücken und Gebäuden für verfassungswidrig erklärt hatte. Doch selbst mit bayerischen Alleingängen ist irgendwann einmal Schluss. Was aber nicht bedeutet, dass mit der letzten Grundsteuerfrist heute auch das Chaos endet.

Denn nach der Grundsteuererklärung ist vor den Grundsteuerbescheiden. Und gegen die sind bundesweit bereits Hunderttausende Einsprüche eingegangen. Viele weitere stehen noch aus, weil die Finanzämter mit den Bescheiden nur schwer hinterherkommen. Die Einsprüche selbst werden derzeit kaum bearbeitet. Gleichzeitig strebt der Bund der Steuerzahler (BdSt) eine Verfassungsklage gegen das Bundesmodell an. Das gilt in allen Ländern außer in Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen und Niedersachsen. In Baden-Württemberg geht der BdSt bereits gegen das dortige Grundsteuergesetz vor, da er auch dieses für verfassungswidrig hält.

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Ist die Frist noch nicht abgelaufen, empfiehlt der BdSt allen Eigentümern, Einspruch gegen die Grundsteuerbescheide einzulegen. Lesen Sie hier, was Sie dafür tun müssen. Weist das Finanzamt diesen zurück, muss jeder zunächst selbst Klage beim Finanzgericht einreichen. Der BdSt bereitet aber Musterverfahren vor, stellt Rechtsanwälte und übernimmt alle Kosten. Das Ziel: so schnell wie möglich vor das Bundesverfassungsgericht zu kommen. Bis Eigentümer Klarheit haben, dürfte es also noch dauern. Womöglich sogar länger als bis 2025, wenn die neue Grundsteuer erhoben wird.


Freiheit für alle

Wenn die Fronten verhärtet sind, hilft oft nur noch eins: miteinander reden. Zumindest versuchen wollen das heute Verkehrsminister Volker Wissing und Vertreter der "Letzten Generation". Es ist das erste öffentliche Gespräch zwischen einem Bundesminister und den Klimaaktivisten, die in diesen Tagen versuchen, Berlin "unbefristet lahmzulegen".

"Unser Wunsch ist es, die Lebensgrundlagen und die Freiheit der Menschen auch in Zukunft zu bewahren", teilte die "Letzte Generation" vorab mit. Mit der Freiheit ist man bei der FDP ja grundsätzlich an der richtigen Adresse. Fragt sich nur, ob beide dasselbe darunter verstehen? Oder ob da nicht eher die Freiheit von heute mit der Freiheit von morgen kollidiert.


Die Legende lebt

Es ist eines der beständigsten Rätsel der Welt: Heute vor 90 Jahren, am 2. Mai 1933, berichtete erstmals eine Zeitung über eine unheimliche Erscheinung im schottischen Loch Ness. "Im See, der eben noch so ruhig und glatt da gelegen hatte wie ein Mühlteich, fand sich auf einmal ein gewaltiger Hügel", erzählten damals die Hotelmanagerin Aldie Mackay und ihr Ehemann dem "Inverness Courier". Es soll die erste Sichtung von Nessie gewesen sein, dem Seeungeheuer, das die Einheimischen schon seit Jahrhunderten im rund 350 Meter tiefen See vermutet hatten.

Ein knappes Jahr später gelang dann der Londoner "Daily Mail" ein vermeintlicher Scoop: Sie druckte das erste Foto von Nessie – eine Sensation! Zumindest glaubte man das, bis sich 1994 herausstellte: Das dinosaurierähnliche Wesen auf dem Bild hatte der Chirurg Robert K. Wilson aus einem Spielzeug-U-Boot gebastelt.

Dem Rummel um das Ungeheuer von Loch Ness tat das bis heute keinen Abbruch. Noch immer pilgern scharenweise Touristen in die Highlands, um das Rätsel zu lösen. Noch immer melden Augenzeugen weitere Sichtungen. Man könnte also sagen: Nessie lebt. Und sei es nur in den Köpfen.


Ohrenschmaus

53 Jahre nach Bandgründung haben Aerosmith ihre Abschiedstour angekündigt. Da kann man schon mal pathetisch werden. Und womit ginge das besser als mit einem der größten Hits der Rockband?


Lesetipps

Das Heizungsgesetz beschäftigt auch die SPD. Wo es noch verbessert werden muss, erklärt SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert im Interview mit meinen Kollegen Miriam Hollstein und Johannes Bebermeier.


Wozu künstliche Intelligenz (KI) fähig ist, haben uns Programme wie ChatGPT bereits gezeigt. Doch es geht noch mehr. Wie KI bald sogar ganze Armeen führen könnte, beschreibt mein Kollege Jan Mölleken.


Haben Sie manchmal Schwierigkeiten, gute Entscheidungen zu treffen? Dann sollten Sie vielleicht mit Schach beginnen. Was man dabei fürs Leben lernt, haben der Großmeister Stefan Kindermann und Schachmeisterin Veronika Exler meinem Kollegen David Digili erzählt.


Zum Schluss

Ich hoffe, diese 4-Tage-Woche schafft Sie nicht zu sehr. Morgen schreibt wieder Florian Harms den Tagesanbruch für Sie.

Herzliche Grüße

Ihre

Christine Holthoff
Redakteurin Finanzen
Twitter: @c_holthoff

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Mit Material von dpa.

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