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Wetter in Deutschland: Nasskalt und zu warm – was bedeutet das für den Sommer?


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Nass und kalt
Wann kommt der Sommer zurück?


Aktualisiert am 04.08.2023Lesedauer: 5 Min.
Regen in Berlin: Trotz Unwetter und Regen war die Hauptstadt im Juli das sonnigste Bundesland.Vergrößern des Bildes
Regen in Berlin: Trotz Unwetter und Regen war die Hauptstadt im Juli das sonnigste Bundesland. (Quelle: Rolf Kremming/imago-images-bilder)
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Der Sommer macht in Deutschland aktuell Pause. Ausgerechnet zur Ferienzeit. Die bisherige Bilanz überrascht jedoch – und ein Ende der kühlen Tage ist absehbar.

Kühl und regnerisch, fast herbstlich – so kommt vielen Deutschen der Sommer wohl aktuell vor. Dabei ist die Hitze noch gar nicht lange her: In der ersten Julihälfte schwitzte die Bundesrepublik bei Temperaturen teils weit jenseits der 30 Grad. Erst die vergangenen Wochen brachten das unbeständigere Wetter – pünktlich zum Beginn der Sommerferien in vielen Bundesländern. Doch es ist absehbar, dass das Sommerwetter zurückkehren wird.

Was ist mit dem Sommer los?

Eigentlich nichts, sagt Renate Molitor von wetter.com: "Der Sommer macht in diesem Jahr eigentlich das, was er früher gemacht hat, nämlich ein Hin und Her von heiß und kühl."

Das Wetter wird aktuell bestimmt von Luftmassen, die aus westlicher Richtung nach Deutschland kommen, also vom Atlantik. Das liegt am Jetstream, einem Windband, das in höheren Schichten der Atmosphäre von West nach Ost verläuft. Es treibt das Weiterziehen der Wetterlagen in mittleren Breiten der Nordhalbkugel an – eigentlich.

Denn durch die Klimakrise schwächt sich der Jetstream ab. Die Luftströmung entsteht durch Temperaturunterschiede zwischen Nordpol und Äquator. Im Zuge der Erderhitzung erwärmt sich die Arktis jedoch schneller, die Differenz nimmt ab – dem Jetstream geht die Energie aus. Dann bleiben Wetterlagen an einem Ort hängen, wie es gerade der Fall ist.

Meteorologin Molitor formuliert es so: "Der Jetstream dümpelt aktuell ohne große 'Ausbeulungen' vor sich hin. So kann keine kühle Luft nach Süden und keine heiße Luft nach Norden." Daher ist von sommerlicher Hitze, die normalerweise aus dem Südwesten nach Deutschland, hierzulande aktuell wenig zu spüren. "Das ist so, als ob da eine Mauer zwischen stände", beschreibt es die Expertin. Es ist also zu wenig Bewegung im Wetter – weswegen Mitteleuropa auch wenig von den Hitzewellen im Rest der Nordhalbkugel mitbekommt.

Wieso ist der Sommer trotzdem zu warm?

Doch auch wenn es vielen wohl so vorkommt: Zu kalt ist dieser Sommer nicht, im Gegenteil. 1,8 Grad zu warm war der Juli in diesem Jahr, verglichen mit der internationalen Klimareferenzperiode von 1961 bis 1990. Nach Daten des Deutschen Wetterdiensts (DWD) erreichte der Monat ein Temperaturmittel von 18,6 Grad. Im Vergleichszeitraum liegt der Wert bei 16,9 Grad.

Das liegt vor allem am Hochsommerwetter in der ersten Monatshälfte – Spitzenreiter war der 15. Juli, als in Möhrendorf-Kleinseebach 38,8 Grad gemessen wurden. Damit stellte der Ort etwa 22 Kilometer nördlich von Nürnberg den diesjährigen Julirekord auf. Über den gesamten Monat betrachtet war es in Berlin am wärmsten: 19,8 Grad betrug die Durchschnittstemperatur, 1,5 Grad mehr als der Durchschnitt zwischen 1961 und 1990.

Erst in der zweiten Monatshälfte kam die kühlere Luft nach Mitteleuropa. Diese bestimmt noch immer unser Wetter und drückt vielerorts die Höchstwerte auf unter 20 Grad – das wiederum ist eher zu kühl für die Jahreszeit.

Noch deutlicher als der Juli lag der Juni über dem Schnitt: Ganze 3,1 Grad gegenüber den Klimareferenzjahren zwischen 1961 und 1990 schlagen zu Buche. Die bisherigen Sommermonate reihen sich damit ein in den Trend, der durch Erderhitzung und Klimakrise verursacht wird: Den letzten zu kühlen Juni gab es 2009 (0,54 Grad unter dem Mittel des Vergleichszeitraums), den letzten zu kühlen Juli 2010 (0,84 Grad unter dem Schnitt).

Der Vergleich mit dem Zeitraum 1961 bis 1990, der von der Weltorganisation für Meteorologie für die langfristige Einordnung empfohlen wird, zeigt den Effekt der Klimakrise also deutlich. Meteorologen nutzen jedoch mittlerweile noch einen zweiten 30-Jahres-Zeitraum: von 1991 bis 2020. Dieser ist nicht auf die langfristige Überwachung der Klimakrise ausgerichtet, sondern auf die statistische Einordnung des Wetters. Dieser Vergleichszeitraum ist durch die Erderhitzung im Schnitt bereits deutlich wärmer – das entspreche auch dem "erlebten" Klima der Bevölkerung, erklärt der DWD. Die meisten haben sich über die letzten dreißig Jahre längst an die höheren Temperaturen und häufigeren Extremwetterereignisse gewöhnt.

Im Vergleich zu dieser aktuelleren Periode liegt der diesjährige Juli 0,4 Grad über dem Mittelwert. "Man könnte sagen plus minus null, also genau im Schnitt", erklärt Wetterexpertin Molitor. Und: Der Juni war auch im Vergleich mit der aktuelleren Periode deutlich zu warm: 2,1 Grad lag er über dem Schnitt der Jahre 1991 bis 2020.

Wie steht es um die Trockenheit?

Der Juli war allerdings nasser als der klimatologische Durchschnitt: Rund 100 Liter pro Quadratmeter fielen in Deutschland gemittelt – fast ein Drittel mehr als im Schnitt der Jahre 1961 bis 1990. Vor allem gegen Ende des Monats gab es Schauer, Gewitter und Starkregen nahezu täglich, so der DWD. Die bayrischen Alpen und die Nordseeküsten bekamen am meisten Regen ab. Vor allem im äußersten Norden, Süden und Südwesten konnte das die Trockenheit lindern, die durch zu geringe Niederschläge im Juni massiv verstärkt worden war.

Die Bodenfeuchtekarte des DWD zeigt: Vor allem im Nordwesten des Landes sind die Pflanzen aktuell gut mit Wasser versorgt. Der Blick auf den Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung bestätigt: Für den Oberboden bis 25 Zentimeter Tiefe wird für das nördliche Niedersachsen, das westliche Schleswig-Holstein und einen Streifen vom Ruhrgebiet bis nach Berlin gar keine Trockenheit mehr angezeigt.

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Im Gesamtboden, also auch in den tieferen Schichten, ist die Feuchtigkeit jedoch in vielen Regionen noch immer nicht angekommen, trotz des vielen Regen im Juli. Auch der im Schnitt trockenere Juni brachte vor allem in der Mitte Deutschlands enorme Niederschlagsmengen, wie der DWD in seiner Wetterbilanz schreibt.

Das Problem: Starkregen, wie er diesen Sommer verbreitet vorkam, hilft gegen die Dürre in den tieferen Bodenschichten kaum. Er fällt jedoch infolge der Klimakrise immer häufiger. Der Grund: Es verdunstet durch die höheren Temperaturen mehr Meereswasser, zudem kann die erhitzte Atmosphäre mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Wenn es dann regnet, fallen somit tendenziell größere Mengen Wasser.

Aber: Starkregen kann vom trockenen Boden schlechter aufgenommen werden. Die großen Wassermengen kommen durch Versickern kaum in den unteren Bodenschichten an. Stattdessen fließt es an der Oberfläche ab, in Flüsse, Seen und das Meer – und kann auf dem Weg dorthin im schlimmsten Fall zu Überschwemmungen führen, wie es in den vergangenen Wochen immer wieder kurzzeitig der Fall war.

Wann kommt der Sommer zurück?

Nach den kühlen letzten Wochen ist nun aber absehbar, dass die Sommertage zurückkehren – zumindest für ein kurzes Intermezzo. In den kommenden Wochen werde zumindest hin und wieder etwas Bewegung in den Jetstream kommen, erklärt Wetterexpertin Molitor: Es werde erwartet, dass sich das Strömungsband nach Süden ausstülpt und warme Luft aus Richtung Südwest nach Deutschland schaufelt – samt sommerlichen Temperaturen.

Die erste solche Wärmewelle werde nach aktuellem Stand Mitte der nächsten Woche kommen – und damit wieder die Sommertage. So bezeichnet der DWD Tage, an denen die Temperaturen mindestens 25 Grad erreichen.

Im Südwesten wird das bereits am Mittwoch erwartet: 28 Grad sind vorhergesagt. "Am Donnerstag sind es dann schon 30 Grad", sagt wetter.com-Meteorologin Molitor. "Die Wärme breitet sich dann auch in den Osten aus." Gute Nachrichten hat sie auch für Urlauber im deutschen Norden: "Ab Freitag wird es auch endlich an den Küsten sommerlicher". Ein kleines "Aber" gebe es dennoch: Deutschland erwarte keine Hitzewelle mit 38 oder 40 Grad, so die Meteorologin. "Aber es wird schwül".

Die sommerliche Wärme bleibt allerdings nicht lang: Nach aktuellem Stand der Vorhersagen schwenke der Jetstream schon ab Beginn der übernächsten Woche wieder über uns hinweg und es wird kühler. Mit dem Temperaturwechsel steige dann auch wieder die Gefahr kräftiger Gewitter. Für die langfristige Betrachtung heißt dieses wechselhafte Wetter der Meteorologin zufolge aber lediglich: "Ein Hin und Her, wie es eigentlich im Sommer früher normal war."

Verwendete Quellen
  • Anfrage an wetter.com
  • dwd.de: "Deutschlandwetter im Juli 2023"
  • dwd.de: "Deutschlandwetter im Juni 2023: Sehr warmer und zweitsonnigster Juni mit regionalem Starkregen, aber auch Trockenheit"
  • dwd.de: "Klimatologische Referenzperiode"
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