Hitze, Dürre, Waldsterben So hart trifft die Klimakrise Deutschland
Waldsterben: In Deutschland sind die Wälder am stärksten von der Klimakrise betroffen: Wegen anhaltender Trockenheit und Hitze hat sich die Situation deutlich verschlechtert. Wälder und Waldböden sind ausgedorrt, die Bäume schwach und anfällig für Krankheiten und Schädlinge. Waldbrände, Stürme und Massenvermehrungen von baumschädigenden Insekten wie Borkenkäfern oder Nonnenfaltern lassen in der Folge ganze Waldbestände aus Fichten- und Kiefermonokulturen zusammenbrechen. (Hier zu sehen: Waldsterben im Harz.)
Starkregen, Überschwemmungen und Fluten: Nach Einschätzung des Deutsches Wetterdienstes werden Wetterextreme wie diese mit der anhaltenden Erderwärmung weiter zunehmen. Im Juli 2021 etwa kam es in Teilen Deutschlands zu heftigen Unwettern. Am schlimmsten waren Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz betroffen: Dort starben mehr als 190 Menschen. Die Flut verursachte zudem Sachschäden in Milliardenhöhe. (Hier zu sehen: die Abbruchkante bei der Flutkatastrophe in Erftstadt im Sommer 2021.)
Steigende Temperaturen: Die Monate und Jahre in Deutschland werden wärmer. Die Anzahl der "heißen Tage", also der Tage mit einer Höchsttemperatur von mindestens 30 Grad, steigt tendenziell an. 2018 und 2022 waren die bislang wärmsten Jahre in Deutschland seit Beginn der Aufzeichnungen: Die Durchschnittstemperatur lag bei 10,5 Grad. 1985 lag dieser Wert noch bei 7,4 Grad. (Hier zu sehen: eine Wetterstation in Rheinland-Pfalz.)
Hitzewellen: Die steigenden Temperaturen führen auch zu mehr Hitzewellen. Der bisherige Hitzerekord liegt in Deutschland bei 41,2 Grad. Er wurde am 25. Juli 2019 an Stationen in Duisburg und Tönisvorst (beides NRW) gemessen. Die Hitzewellen haben auch mehr Hitzetote zur Folge: In den Sommermonaten führen hohe Außentemperaturen regelmäßig zu deutlich höheren Sterberaten, insbesondere in älteren Altersgruppen. Die Menschen sterben etwa am Hitzeschlag, besonders gefährdet sind zum Beispiel alle mit vorbestehenden Herz-Kreislauf- oder Lungenerkrankungen. 2022 gab es in Deutschland 8.173 hitzebedingte Todesfälle. (Hier zu sehen: das Tempelhofer Feld in Berlin bei 37 Grad.)
Dürre: Der Weltklimarat geht davon aus, dass die Intensität und Häufigkeit von Dürren als Folge der Klimakrise auch in Deutschland noch weiter zunehmen werden. Insbesondere in den Regionen im Nordosten, aber auch in anderen Landesteilen wird es zukünftig immer häufiger und immer längere Trockenperioden geben. Viele Lebensbereiche und Ökosysteme sind von den Auswirkungen betroffen: Bei niedrigem Wasserstand sind die in den Flüssen, Bächen und Seen lebenden Pflanzen und Tiere bedroht, zudem ist der Schiffsverkehr beeinträchtigt, etwa auf dem Rhein. In der Landwirtschaft ist mit Ertragsausfällen zu rechnen. Die Forstwirtschaft verzeichnet erhebliche Baumschäden (Hier zu sehen: der Rhein in Düsseldorf bei niedrigem Wasserstand.)
Ertragsausfälle in der Landwirtschaft: Die zunehmende Trockenheit führt zu weniger ertragreichen Ernten. 2022 fielen rund 670 Liter Regen pro Quadratmeter, das ist ein Minus von etwa 15 Prozent im Vergleich zum Zeitraum 1961-1990. Aber auch Hitze beeinträchtigt die Lese. (Hier zu sehen: Ernte in Niedersachsen.)
Küsten: Die Klimakrise trifft auch die Küstenregionen hart – durch den steigenden Meeresspiegel, stärkere Sturmfluten und die Erosion der Küsten. Im Sommer 2022 war es an der Nord- und Ostsee außergewöhnlich warm: In der Ostsee lagen die Temperaturen 1,5 Grad über dem langjährigen Mittel. Die Folgen der Erwärmung: Fauna und Flora verändern sich, viele Fischarten wandern nach Norden. (Hier zu sehen: Küste in Mecklenburg-Vorpommern.)
Trinkwasserversorgung: Insgesamt ist in den vergangenen rund 30 Jahren der Grundwasserstand stärker gesunken als gestiegen. Mehr als 70 Prozent des deutschen Trinkwassers wird aus Grundwasser gewonnen. Das Fatale: Laut Recherchen von Correctiv ist das Grundwasser an knapp der Hälfte aller ausgewerteten Messstellen in den Dürrejahren zwischen 2018 und 2021 auf den tiefsten Stand seit 1990 gefallen. Bundesweit gibt es bislang keinen flächendeckenden Wassermangel, jedoch deutliche regionale Defizite. (Hier zu sehen: eine Kläranlage in Baden-Württemberg.)
Waldbrände: 2022 hat in Deutschland eine Rekordfläche von etwa 4.300 Hektar gebrannt. Stark betroffen sind unter anderem Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Die Trockenheit begünstigt Feuer. Es gibt aber auch zwei Faktoren, die nicht direkt mit der Klimakrise zu tun haben: Zum einen entstehen die meisten Brände durch Menschenhand – ob durch Brandstiftung oder Fahrlässigkeit. Zum anderen gestaltet der Mensch Landschaften um: Feuchtgebiete werden entwässert, es trocknet schneller aus. Angepflanzte Forstmonokulturen aus Nadelbäumen brennen zudem schneller als Laubwälder. (Hier zu sehen: Waldbrand in der Böhmischen Schweiz.)
Gletscher: Es waren mal mehr, aber nun gibt es in Deutschland nur noch vier Gletscher: der Nördliche Schneeferner und der Höllentalferner an der Zugspitze sowie der Blaueis- und der Watzmanngletscher in den Berchtesgadener Alpen. Die Gesamtfläche beträgt inzwischen noch rund vierzig Hektar. Doch schneearme Winter und heiße Sommer lassen die Gletscher stark schrumpfen. Der Südliche Schneeferner etwa ist 2022 so stark geschmolzen, dass er nicht mehr als eigenständiger Gletscher gilt. Neben der Sommerhitze setzte den deutschen Alpengletschern 2022 zusätzlich auch der Saharastaub zu, der sich im März als rötliche Schicht auf Schnee- und Eisflächen abgelagert hatte. Die durch den Staub verdunkelte Gletscheroberfläche wurde von der Sonne stärker erwärmt als sonst. Weil dunklere Flächen mehr Energie des Sonnenlichts aufnehmen, beschleunigte das die Eisschmelze. (Hier zu sehen: der Blaueisgletscher in Oberbayern.)
Biodiversität: Einer Studie im Journal "Science" zufolge haben die drastischen Temperaturveränderungen einen erheblichen Einfluss auf Lebensräume aller Arten. Co-Autor Prof. Dr. Wolfgang Kießling erklärt: "[Die Lebensräume] haben jeweils einen ganz speziellen Toleranzbereich, was das angeht, und müssen ihr Habitat aufgrund des Klimawandels nun verlagern. Damit gehen verschiedene Herausforderungen einher. Mobile Lebewesen können nur so lange migrieren, bis sie in einer Sackgasse landen, zum Beispiel an der Küste einer Landmasse. Sessile Organismen wie Korallenriffe können erst im Laufe mehrerer Generationen ihren Lebensraum verändern. Auf lange Sicht ist es für viele von ihnen vielleicht schon zu spät." (Hier zu sehen: ein versteinertes Korallenriff in der Kluterhöhle in Nordrhein-Westfalen.)