Sorge um Amazonas-Gebiet Wegen Waldbränden fällt in São Paulo schwarzer Regen
"#PrayforAmazonas" führte am Mittwoch die weltweiten Twittertrends an, "Betet für den Amazonas". Dahinter steckt neben Sorge auch Unmut: Interessieren gewaltige Brände in Brasiliens Regenwäldern weniger als das Feuer von Notre-Dame?
In den brasilianischen Regenwäldern lodern fast doppelt so viele Waldbrände wie im Vorjahr. Und die Trockenzeit kommt erst noch. Auf Twitter wurde "#Prayfor Amazonas" und "PrayforAmazonia" weltweit zum Trend. Was ist da los?
Die Zahl der Waldbrände in dem Land hat in den ersten acht Monaten des Jahres drastisch zugenommen und ist so hoch wie zuletzt 2013. Das staatliche brasilianische Weltraumforschungsinstitut INPE teilte mit, dass es zwischen Januar und August 72.843 Waldbrände gegeben hat. Das sei ein Anstieg um 83 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Im gesamten Jahr 2018 waren es 39.759 Waldbrände.
Die Nachricht alarmiert viele Menschen – und löst Debatten aus, ob sie genug Aufmerksamkeit bekommt. Auf Twitter zogen viele Nutzer Vergleiche mit dem Großbrand der Kirche Notre-Dame in Paris, die in kürzester Zeit weltweit Schlagzeilen gemacht hatte. In zahlreichen Tweets wurde Kritik am unterschiedlichen Umgang der Menschen mit dem Thema geübt und zum Handeln aufgefordert.
Greenpeace forderte "statt Gebeten den Ausstieg aus dem Mercosur-Abkommen. Das gerade erst abgeschlossene Freihandelsabkommen bedeute Geschäfte mit Waldvernichtung. Zugleich gab es auch Appelle, die großen Brände in Sibirien nicht zu vergessen.
Die aktuellen Feuer in Brasilien und die Rauchwolken sind auf Satellitenbildern gut zu sehen. Anzeichen der Brände sind aber auch im fast 2.000 Kilometer von den Brandherden entfernten São Paulo zu spüren. Dort hatte sich zuletzt mitten am Tag der Himmel verdunkelt. Bewohner der Millionenmetropole berichteten von schwarzem Regen. Untersuchungen von zwei Universitäten bestätigten, dass das Regenwasser Brandrückstände enthält, wie das Nachrichtenportal G1 berichtete.
Waldbrände in schwer zugänglichen Gebieten
Bei der Zahl der Brände stützt sich das INPE ebenfalls auf Satellitenbilder. Die Zunahme der Waldbrände sei eine Folge des "Anstiegs bei der Abholzung, die wir in jüngsten Statistiken sehen konnten", erklärte der WWF-Experte für das Amazonas-Gebiet Ricardo Mello. In den meisten Fällen seien Flächen in Privatbesitz betroffen, aber auch in Naturschutzgebieten brenne es immer wieder.
Die meisten Brände wurden zuletzt im Bundesstaat Mato Grosso im Süden des Amazonasgebiets gemeldet. Die Löscharbeiten gestalten sich schwierig, da es in der Region nur wenige Straßen gibt und sich die Einsatzkräfte deshalb mit Booten auf Flüssen bewegen müssen. Zudem gibt es unterirdische Feuer, die lange unentdeckt bleiben. "Wir geben unser Bestes", sagte Umweltminister Ricardo Salles. "Es kommt im Moment häufiger zu Bränden, weil es zuletzt sehr trocken war."
Abholzung des Regenwalds beschleunigt sich rasant
Erst vor wenigen Wochen hatte das INPE Zahlen vorgelegt, wonach sich die Abholzung des Regenwaldes in Brasilien zuletzt rasant beschleunigt hat. Allein im Juli wurde in Brasilien demnach vier Mal so viel Wald abgeholzt wie im gleichen Monat des Vorjahres. Als Reaktion auf die verstärkte Rodung legten Deutschland und Norwegen die millionenschwere Förderung für Waldschutz- und Biodiversitätsprojekte in dem südamerikanischen Land auf Eis.
Die Kritik an Brasiliens ultrarechtem Staatschef Jair Bolsonaro wegen dessen harter Linie bei der Abholzung des Amazonas-Regenwaldes wird derweil lauter. Bolsonaro hatte die Zahlen zur Abholzung als Lügen bezeichnet und den INPE-Direktor gefeuert. Der brasilianische Präsident zweifelt den menschengemachten Klimawandel an und ist ein Freund der Agrarindustrie. Umweltschützer werfen ihm vor, mit seinen Aussagen gegen den Umweltschutz Holzfäller, Bergleute und Bauern zum Raubbau am Amazonaswald zu ermutigen.
Regionalregierungen stellen sich gegen Bolsonaro
In einer gemeinsamen Mitteilung kritisierten zuletzt die Regionalregierungen von neun Bundesstaaten die "illegale wirtschaftliche Betätigung" in der Amazonasregion und kündigten an, künftig direkt mit den Geberländern des Amazonas-Fonds verhandeln zu wollen.
So viele Waldbrände wie in Brasilien gab es in diesem Jahr nirgendwo sonst in der Region. Mehr als 26.000 Brände wüteten in Venezuela, rund 16.000 waren es in Bolivien. Und tatsächlich hat die Trockenzeit in der Region gerade erst begonnen.
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Im August und September werden im Amazonasgebiet unterdurchschnittliche Niederschläge erwartet. "Das sind nicht gerade beruhigende Aussichten", sagte der Koordinator der Brandbeobachtung der Nationalen Weltraumagentur INPE, Alberto Setzer, dem Portal Infoamazonia.
- Nachrichtenagenturen AFP, dpa