Erdstöße auf Urlaubsinsel Santorini "Kinder und Frauen weinen, es bebt alle fünf Minuten"
Die Sensoren der Wissenschaftler erfassen in einem fort neue Erdbeben. Die Menschen haben Angst – und verlassen die griechische Trauminsel Santorini weiter.
550 Beben innerhalb von drei Tagen – und kein Ende in Sicht. In der Ägäis kommt die Erde auch am Dienstag nicht zur Ruhe. Schon im Morgengrauen seien im Seegebiet zwischen den Inseln Santorini und Amorgos Dutzende Erdstöße registriert worden, meldete die Zeitung "To Vima". "Der 'Tanz' der Richterstärken geht weiter", schreibt das Blatt. Das stärkste Beben bisher habe eine Stärke von 4,9 erreicht.
Noch nie zuvor seien so viele Erdstöße binnen so kurzer Zeit erfasst worden, sagt die Geologin Evi Nomikou von der Universität Athen. Ihr dringender Appell: "Ich würde den Leuten raten, den Anweisungen des Staatsapparats genau zu folgen." Denn nach wie vor rechnen die Seismologen damit, dass die bisherige Erdbebenserie nur der Auftakt für ein noch ausstehendes Hauptbeben unbekannter Stärke ist.
"Ich habe seit Tagen nicht geschlafen"
Die Angst auf Santorini ist entsprechend groß. Tausende sind schon von der 16.000-Einwohner-Insel geflohen. Mehr als ein Drittel der Einwohner sind griechischen Medien zufolge inzwischen abgereist. Fernsehbilder zeigen vollgepackte Autos am Fährhafen. "Ich habe seit Tagen nicht geschlafen", zitiert die Nachrichtenagentur dpa einen Mann, der einen der begehrten Plätze auf der Fähre Blue Star 1 nach Athen ergattert hat. "Die Kinder und die Frauen weinen, es bebt alle fünf Minuten." Eine Frau sagte: "Ich fühle mich wie ein Flüchtling im eigenen Land."
Auch am Flughafen herrscht Hochbetrieb. Aegean Airlines, die größte Fluggesellschaft Griechenlands, schickt zusätzliche Flugzeuge zur Insel, um die Menschen auszufliegen. Bis Dienstagabend würden so etwa 2.500 bis 2.700 Menschen Santorini auf dem Luftweg verlassen können, teilte die Airline mit.
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Wird der Unterwasservulkan Kolumbos aktiviert?
Schon in der Nacht zu Montag hatten viele Einwohner von Santorini im Freien geschlafen, um im Falle eines stärkeren Bebens nicht in ihren Häusern verschüttet zu werden. Wie schlimm es am Ende wirklich kommt, ist komplett unklar. Es gibt auch gewichtige Stimmen, die einigermaßen beruhigend klingen. Etwa der Chef der griechischen Behörde für Erdbebenschutz, Efthymios Lekkas, glaubt nicht, dass es zur großen Katastrophe kommt. Der Geologe hofft, dass sich die aufgestaute seismische Energie mit einem Erdbeben der Stärke 5 bis 5,5 entladen und danach langsam Ruhe in der Region eintreten könnte, sagte er dem Sender ERTnews.
Bis zu einer Stärke von 6 werden die Gefahren als verhältnismäßig gering eingeschätzt. Gefährdet seien dann vor allem schlecht gebaute Häuser, heißt es. Allerdings kann niemand mit Sicherheit sagen, ob ein Hauptbeben nicht auch die Stärke 7 erreichen könnte – dann wäre mit massiven Schäden zu rechnen. Lekkas und all seine Kollegen verweisen stets darauf, dass man letztlich keine sicheren Prognosen abgeben kann.
Besonders verheerend könnte es werden, wenn die andauernden Beben den großen Unterwasservulkan Kolumbos aktivieren würden. Er liegt nordöstlich von Santorini in nur sieben Kilometern Entfernung. Zuletzt hatte er sich im Jahr 1650 aus dem Meer erhoben und bei einer gewaltigen Eruption schwere Schäden angerichtet. Beim Kollaps des Vulkans war eine riesige Tsunami-Welle entstanden.
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Auswärtiges Amt warnt Bundesbürger im Urlaub
Im schlimmsten Fall könnte sich jetzt etwas Ähnliches wiederholen. Vorsorglich ist der Katastrophenschutz nach Santorini beordert worden. Auch das Militär bereitet sich auf einen möglichen Hilfseinsatz vor.
Schulen bleiben weiterhin geschlossen, Veranstaltungen sind untersagt. Auch das Auswärtige Amt warnt Bundesbürger, die im Urlaub in Griechenland sind. Unter Verweis auf den griechischen Katastrophenschutz heißt es auf der Internetseite des Ministeriums: "Vermeiden Sie Anfahrten und Aufenthalte in den Häfen von Ammoudi, Armeni, Korfou und dem Alten Hafen von Fira. Wählen Sie sichere Routen, wenn Sie sich innerhalb als auch außerhalb von Ortschaften bewegen. Verlassen Sie Küstengebiete sofort, sollten Sie sich dort aufhalten."
- ertnews.gr: "Στο ρυθμό των Ρίχτερ οι Κυκλάδες – 4,9 τα ξημερώματα: Σε επιφυλακή οι αρχές – Πού δεν θα λειτουργήσουν τα σχολεία" (Griechisch)
- tanea.gr: "Σαντορίνη: Συνεχίζεται ο χορός των Ρίχτερ – Νέος σεισμός ανοιχτά της Αμοργού" (Griechisch)
- tanea.gr:: "Σαντορίνη: Σοκαριστικό βίντεο από το νησί – Η στιγμή της κατολίσθησης" (Griechisch)
- tovima.gr: "Σεισμοί στη Σαντορίνη: Συνεχίζεται ο "χορός" των Ρίχτερ – Μαζικές αποχωρήσεις από το νησί" (Griechisch)
- auswaertiges-amt.de: Reise- und Sicherheitshinweise für Griechenland
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa