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London: 72 Tote im Grenfell Tower – schwere Vorwürfe in Abschlussbericht


Schwere Vorwürfe nach Grenfell-Tragödie
Hätten die 72 Toten verhindert werden können?

Von t-online, lma

04.09.2024Lesedauer: 3 Min.
Feuerwehrleute beobachten hilflos, wie der Grenfell Tower in London abbrennt. Der Hochhausbrand steht beispielhaft für die Folgen von Sparwut und mangelhafte gesetzliche Vorschriften.Vergrößern des Bildes
Feuerwehrleute beobachten hilflos, wie der Grenfell Tower in London abbrennt (Archivbild): Nun wurde der Abschlussbericht der Untersuchung veröffentlicht. (Quelle: Guilhem Baker/London News Pictures via ZUMA/dpa)
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Der Abschlussbericht zur Grenfell-Tragödie enthüllt erschütternde Versäumnisse von Bauindustrie und Regierung. Diese Konsequenzen könnten folgen.

Am 14. Juni 2017 ereignete sich die verheerende Brandkatastrophe im Grenfell Tower in London, bei der 72 Menschen ums Leben kamen. In den frühen Morgenstunden breitete sich ein Feuer von einer Wohnung im vierten Stock rasend schnell über die Fassade des Hochhauses aus, welches mit brennbarem Material verkleidet war.

Diese Katastrophe erschütterte das gesamte Vereinigte Königreich und löste internationale Empörung aus. Nun, mehr als sieben Jahre später, hat die zweite Phase der öffentlichen Untersuchung zur Grenfell-Tragödie ihren Abschluss gefunden.

Schwere Vorwürfe gegen Hersteller und Regierung

Der Abschlussbericht des Grenfell Tower Inquiry Panels, unter Vorsitz von Sir Martin Moore-Bick, stellt eine beispiellose Anklage gegen die beteiligten Bauunternehmen und gegen britische Regierungsstellen dar. Insbesondere die Verwendung brennbarer Materialien, wie Aluminium-Verbundplatten (ACM) mit Polyethylen-Kern, und deren mangelnde Prüfung stehen im Zentrum der Kritik.

Der Bericht nennt explizit den Hersteller Arconic, der die ACM-Verkleidung lieferte. Laut den Erkenntnissen des Berichts waren sich sowohl Arconic als auch andere Unternehmen wie Celotex und Kingspan der brandgefährlichen Eigenschaften ihrer Produkte bewusst. In einigen Fällen sollen irreführende Tests ausgeführt worden sein, um die Mängel zu vertuschen.

Regierung soll über Gefahren informiert gewesen sein

Bereits in den Jahren vor der Grenfell-Katastrophe gab es deutliche Hinweise darauf, dass das verwendete Material bei einem Brand gefährlich ist, trotzdem wurde es weiterhin verwendet. Arconic und weitere Hersteller versuchten der Untersuchung zufolge, die Brandsicherheitszertifikate für ihre Produkte zu manipulieren. "Von 2005 bis nach dem Brand des Grenfell Tower hat Arconic dem Markt bewusst das wahre Ausmaß der Gefahr der Verwendung von Reynobond 55 PE in Kassettenform verschwiegen, insbesondere bei Hochhäusern", heißt es in dem Bericht. Reynobond 55 PE waren die vorgehängten Fassadenplatten des Hochhauses.

Der Bericht beleuchtet auch das Handeln der britischen Regierung. Bereits Jahre vor dem Brand soll diese über die Gefahren der brennbaren Fassadenverkleidungen informiert gewesen sein, jedoch keine scharfen Maßnahmen ergriff, um deren Einsatz zu verbieten. Insbesondere nach dem Lakanal-House-Feuer im Jahr 2009 gab es klare Warnungen, die nicht angemessen beachtet wurden. Der Brand wurde damals durch einen Fernseher in dem zwölfstöckigen Gebäude ausgelöst, es kamen sechs Menschen ums Leben. In der Folge wurden Verschärfungen der Brandschutzvorschriften gefordert.

Mangelhafte Aufsicht und fatale Fehler

Die Untersuchung beleuchtet auch die Versäumnisse der Kensington and Chelsea Tenant Management Organisation (TMO), die für die Verwaltung des Grenfell Towers zuständig war. Es wird beschrieben, wie TMO wiederholt Brandrisiken ignorierte und keine effektiven Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit traf.

Der Bericht hebt zudem hervor, dass es zu einem erheblichen Mangel an Brandschutzaufsicht durch die zuständigen Behörden kam. Brandschutzbewertungen wurden entweder nicht ordnungsgemäß durchgeführt oder die Warnungen der Gutachter blieben ungehört. Die Londoner Feuerwehr wird ebenfalls kritisiert. Trotz früherer Empfehlungen soll die Feuerwehr keine angemessene Schulung für den Einsatz in brennenden Hochhäusern erhalten hatte.

Ausblick: Konsequenzen für die Regierung

In dem Bericht werden auch klare Forderungen für die Zukunft formuliert. Es wird empfohlen, die Verwendung von brennbaren Materialien in Hochhausfassaden endgültig zu verbieten und strengere Sicherheitsvorschriften für Neubauten und Sanierungen einzuführen. Bereits nach der ersten Phase des Berichts im Jahr 2020 wurden einige neue Regelungen erlassen.

Die britische Regierung, vertreten durch den Minister für Wohnungsbau, hat angekündigt, eine tiefgreifende Überprüfung des Bauvorschriften-Systems einzuleiten und ein nationales Register für Hochhäuser einzuführen, das verpflichtende Brandschutzkontrollen vorsieht. Diese Maßnahmen, so der Bericht, seien unerlässlich, um eine Katastrophe wie Grenfell künftig zu verhindern.

Transparenzhinweis
Verwendete Quellen
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