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Bären-Angriffe in Trentino: Wie Sie sich im Wander-Urlaub richtig verhalten


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Nach Angriffen in Urlaubsregion
Ist der Bär der neue Wolf?


27.07.2024Lesedauer: 5 Min.
Braunbär in FinnlandVergrößern des Bildes
Ein Braunbär spaziert an einem Bach (Archivbild) (Quelle: Jussi Nukari/Lehtikuva/dpa/dpa-bilder)

In nur einer Woche werden drei Menschen Opfer von Bärenattacken. Passiert ist das ganze nur wenige Hundert Kilometer von Deutschland entfernt.

Ein französischer Urlauber ist beim Joggen im italienischen Trentino von einem Braunbären angegriffen worden. Der 43-Jährige kam mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus. Allein in der vergangenen Woche gab es drei solcher Angriffe in der Region nördlich des Gardasees, berichtet das ZDF.

In Deutschland kam es bisher eher selten zum Aufeinandertreffen zwischen Bär und Mensch. Dabei ist die Region Trentino gerade einmal 320 Kilometer von Deutschland entfernt. Wie wollen wir mit den Tieren umgehen? Und wie verhält man sich richtig, wenn man auf einen Bären trifft? t-online hat mit einem Experten und einem Tourengeher aus der Region gesprochen.

Trentino: Heimat von rund 100 Bären

Abstecher in ein europäisches Bärengebiet: Massive Felswände wechseln sich mit dichten Wäldern ab, dazwischen schlängeln sich schmale, kurvige Gebirgsstraßen von Ortschaft zu Ortschaft. Die italienische Provinz Trentino erfreut sich bei Wintersportlern, Motorradfahrern und Sommerurlaubern reger Beliebtheit. Zu ihr zählt neben den Dolomiten auch der nördliche Teil des Gardasees.

In der weitgehend naturbelassen Region fühlen sich neben Touristen aber auch Bären wohl. Rund 100 ausgewachsene Braunbären sollen Schätzungen zufolge im Trentino beheimatet sein.

Dabei waren die Tiere auch in dieser Region fast ausgestorben. Um dies zu verhindern und die Population wieder aufzustocken, wurden zwischen den Jahren 1999 und 2004 insgesamt zehn Bären ausgewildert.

Abschussbefehl vor Gericht gekippt

Seit den jüngsten Berichten über Angriffe wird der Umgang mit den Tieren in der Region wieder heftig diskutiert. Nachdem eine Bärin zuletzt einen Menschen schwer verletzt hatte, erteilte die Regierung einen Abschussbefehl. Umweltschützer legten vor Gericht Einspruch ein und bekamen am vergangenen Freitag recht – der Bär wurde nicht erschossen.

Paolo Radassi lebt im kleinen Bergort Voiandes im Trentino – also mitten im Bärengebiet. "Die Bären sollten auf keinen Fall erschossen werden – das ist keine Lösung", sagt der ambitionierte Wanderer und Tourengeher zu t-online. Durch die letzten Meldungen über Bärenangriffe fühlt er sich nicht bedroht, die Situation werde "künstlich aufgebauscht", meint er.

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Jäger und Hüttenbesitzer hätten ein starkes Interesse an der Tötung der Tiere, so Radassi. Sie seien schlecht für das Geschäft, Gäste würden aus Angst wegbleiben. In den vergangenen Jahren seien viele Bären illegal erschossen oder vergiftet worden. "Man will sie wieder ausrotten", ist er überzeugt. Seit 2014 hätten lediglich acht Angriffe in der Region endgültig bestätigt werden können.

Ein italienischer Bär im Schwarzwald

Christopher Schmidt, Experte der Stiftung für Bären, hält ebenfalls nichts von gezielten Tötungen der Tiere. Er arbeitet seit Jahren direkt mit Bären. Ähnlich wie Radassi findet er: "In das Thema muss Ruhe gebracht werden, emotional aufgeladene Diskussionen und Kampagnen helfen hier keinem weiter."

Schmidts Initiative betreut den Bärenpark Schwarzwald, der zurzeit neun Bären beherbergt. Die Anlage bietet eine Auffangstation für die Raubtiere, sodass sie nicht erschossen werden müssen. Anders als im Trentino leben sie hier in abgeschirmten Freianlagen. Auch die Bärin DJ3 lebt dort.

Böller und Gummigeschosse gegen Bären

Nachdem sie im Trentino Menschen zu nahe gekommen war, wurde sie eingefangen und in die Freiluftanlage im Schwarzwald gebracht. "Anders als in Deutschland gibt es im Trentino eine Forstbehörde, die auf Bären spezialisiert ist", sagt Schmidt. Die Spezialisten würden dafür Sorge tragen, dass es den Bären in der Nähe von Menschen nicht mehr gefällt.

Dabei kämen Böller, Gummigeschosse und Geruchsmittel zum Einsatz, weiß der Experte. Die Böller werden in Gebieten eingesetzt, in denen die Bären verschwinden sollen, durch das Knallen entfernen sie sich. Ähnlich ist es mit den Geruchsmitteln, Bären riechen bis zu siebenmal besser als Wölfe oder Hunde. Lediglich die Gummigeschosse werden direkt auf die Bären abgefeuert. In Deutschland gebe es keine vergleichbare Behörde. Doch wie wahrscheinlich ist eine Bärenbegegnung in Deutschland überhaupt?

Wird der Bär in Deutschland der neue Wolf?

"In den bayrischen Alpen kann man unter Umständen auf einen Bären treffen", meint Schmidt. Bären beanspruchen gut und gerne ein Territorium von rund 500 Quadratkilometern für sich. Dass ein Tier also vom knapp über 300 Kilometer entfernten Trentino nach Bayern kommt, sei nicht unwahrscheinlich, so Schmidt. In freier Wildbahn ist im Moment kein einziger Bär in Deutschland beheimatet.

Lediglich Grenzgänger, die deutsches Gebiet immer wieder durchqueren, sind derzeit bekannt. "Deutschland ist bereits seit mehreren Jahren ein Bärenerwartungsland, es ist also möglich, dass wir hier in naher Zukunft auch heimische Bären haben", so der Experte. Anders als das Trentino ist Deutschland in weiten Teilen mehr urbanisiert, weshalb es für Bären wohl weniger attraktive Plätze gibt.

Ein Beispiel für vermeintliche Problembären ist Bruno: Im Jahr 2006 wanderte der Braunbär bis in die bayrische Grenzregion. Nachdem er sich zu nah an Bauernhöfe und Schafsherden gewagt hatte, wurde er zum "Problembären" ernannt und kurz darauf erschossen. Heute ist er ausgestopft in einem Münchner Museum ausgestellt. Dabei sei der Mensch für Bären gar keine Nahrung, wie Schmidt erklärt.

Wie gefährlich sind Bären?

Von den acht Großbärenarten jage lediglich der Eisbär aktiv Säugetiere als Beute. "Natürlich besitzt auch der Braunbär einen gewissen Jagdinstinkt, aber eigentlich ist er ein Sammler." Im Normalfall zumindest habe der Bär kein Interesse daran, Lebewesen zu jagen – im großen Unterschied zum Wolf, der seine Beute teils über Kilometer hinweg verfolgt.

Die acht Großbärenarten:

  • Schwarzbär
  • Kragenbär
  • Braunbär
  • Eisbär
  • Lippenbär
  • Malaienbär
  • Brillenbär
  • Großer Panda

"Eine Begegnung mit einem Bären darf man dennoch nie unterschätzen", mahnt Schmidt, Mitarbeiter und Bärensachverständiger. "Körperlich ist der Mensch natürlich immer unterlegen." Am besten sei es, eine Begegnung von vornherein zu vermeiden.

Was tun bei einer Bärenbegegnung?

Ein einfaches, aber effektives Mittel, um einer Bärenbegegnung vorzubeugen, seien Geräusche, sagt Schmidt. Damit könne man auf sich aufmerksam machen. Diese Regel befolgt auch Tourengänger Radassi: Wenn er in den trentinischen Bergen und Wäldern unterwegs ist, macht er durch ein Glöckchen an seinem Rucksack auf sich aufmerksam. Außerdem achtet er darauf, die gekennzeichneten Wege nicht zu verlassen. "Wir dürfen nie vergessen, wenn wir im Wald oder in den Bergen unterwegs sind, sind wir der Eindringling", so Schmidt.

Dass es in den vergangenen Jahren immer mehr Bärenbegegnungen im Trentino gab, ist für Radassi nicht erstaunlich. Durch soziale Medien und Smartphones würden immer mehr unerfahrene Wanderer in die Berge kommen, meint er. Er selbst hat auf seinen Touren noch keinen Bären gesehen.

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So macht man nichts falsch

Wie man sich bei einem Treffen mit einem Bären verhalten soll, ist schwer zu sagen, meint Schmidt. "Es ist wichtig zu verstehen, dass der Bär keine Maschine ist. Es gibt nicht den Bären, genauso, wie es nicht den Menschen gibt.

Wildtiermanagement muss daher immer individuell gestaltet werden. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nie." Deshalb seien konkrete Handlungsempfehlungen so schwer.

"Wenn man ruhig bleibt und sich langsam zurückzieht, macht man aber erst mal nichts falsch", rät der Experte. Auf einen Baum klettern, wie es in manchem Blockbuster vorgelebt wird, bringe hingegen gar nichts. Als physische Verteidigung helfe ein Bärabwehrspray, also ein großes Pfefferspray, am besten.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Christopher Schmidt (Stiftung für Bären)
  • Gespräch mit Paolo Radassi
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