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Marianne Bachmeier: Vor 30 Jahren begann der Prozess


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"Hoffentlich ist er tot"

dapd, Tatjana Schäfer

Aktualisiert am 02.11.2012Lesedauer: 3 Min.
Marianne Bachmeier tötete vor mehr als 30 Jahren den Mörder ihrer TochterVergrößern des BildesMarianne Bachmeier tötete vor mehr als 30 Jahren den Mörder ihrer Tochter (Quelle: dpa)
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Der "Fall Bachmeier" wurde in Deutschland zu einem Synonym für Selbstjustiz, kaum ein anderer Prozess erregte so viel Aufsehen. Marianne Bachmeier, damals 30 Jahre alt, erschoss am 6. März 1981 in einem Lübecker Gerichtssaal den Mörder ihrer siebenjährigen Tochter Anna. Vor 30 Jahren, am 2. November 1982, begann der Prozess gegen sie.

Verurteilt wurde Bachmeier zu sechs Jahren Haft wegen Totschlags. Schon den Prozess begleitete ein beispielloser Medienrummel. Die Tat wurde später zum Gegenstand zweier Spielfilme und eines Buches. Dabei gingen die Meinungen über Bachmeier stets weit auseinander: Von den einen wurde sie als "Racheengel" glorifiziert, die anderen schmähten sie als "Flittchen".

Grabowski gab an, das Kind habe ihn erpresst

Der 35-jährige Klaus Grabowski soll Anna am 5. Mai 1980 in seiner Wohnung sexuell belästigt und aus Angst vor Bestrafung erdrosselt haben. Er gestand zwar, das Mädchen erdrosselt zu haben, bestritt jedoch einen sexuellen Hintergrund. Stattdessen behauptete er, das Kind habe ihn erpresst. Die Siebenjährige habe Geld von ihm gefordert, sonst würde sie behaupten, von ihm gestreichelt worden zu sein, gab Grabowski an.

Marianne Bachmeier sagte später in einem Interview, sie habe Rache üben und verhindern wollen, dass Grabowski weiter Unwahrheiten über ihre Tochter erzähle. Dann habe sie gehört, wie Grabowski sagte, er wolle eine weitere Aussage machen, erzählte Bachmeier später in einer TV-Talkshow. Da sei ihr durch den Kopf gegangen: "Über meine Tochter wird nicht noch einmal öffentlich hergezogen." Am 6. März 1981, es war der dritte Verhandlungstag, schmuggelte sie eine Waffe ins Gerichtsgebäude.

"Hoffentlich ist er tot"

Achtmal schoss Bachmeier auf dem mutmaßlichen Mörder ihrer Tochter. "Ich wollte ihm ins Gesicht schießen. Leider habe ich ihn in den Rücken getroffen. Hoffentlich ist er tot", soll sie unmittelbar nach den Schüssen gesagt haben. Grabowksi war tot.

Die Tat Bachmeiers stieß bei vielen Menschen auf Verständnis. Einige schickten ihr Briefe, schrieben ihr, sie hätten selbst genauso gehandelt. Auch das Medienecho auf die attraktive Frau, die den mutmaßlichen Mörder ihrer Tochter erschoss, war enorm. Bachmeier verkauft ihre Lebensgeschichte exklusiv an das Magazin "Stern", um ihre Anwaltskosten zu bezahlen.

Zugleich begann sich das Bild Bachmeiers in der Öffentlichkeit durch die Medienberichte zu wandeln. Marianne Bachmeier, Kneipenbesitzerin, erschien vielen zunehmend als eine Frau mit fragwürdigem Lebenswandel, die ihre Tochter Anna häufig sich selbst überließ.

Auf der anderen Seite versuchten einige, die Tat auch mit Bachmeiers zerrissener Biografie zu erklären. Mit 16 Jahren bekam sie ihre erste Tochter. Mit 18 wurde sie wieder schwanger, und kurz vor der Entbindung Opfer einer Vergewaltigung. Beide Kinder gab sie zur Adoption frei.

Auch ihre dritte Tochter Anna wollte sie Medienberichten zufolge ihrer Freundin überlassen. Vor Gericht jedoch bestritt Bachmeier die geplante Weggabe Annas, stellte sich als treusorgende Mutter dar.

Verzweiflungstat oder eiskalte Rache?

Im Prozess gegen Bachmeier argumentierten ihre Anwälte, die Justiz trage an der Ermordung Annas und den Schüssen auf Grabowski eine Mitschuld. Dieser war wegen Sexualdelikten an Kindern vorbestraft und in einer Psychiatrie gewesen. Um dort rauszukommen, hatte er sich freiwillig kastrieren lassen, ließ sich später jedoch mit richterlicher Genehmigung mit Hormonen behandeln. "Sozusagen unter den Augen der Justiz konnte er seinen Sexualtrieb reaktivieren", sagte Bachmeiers Anwalt Uwe Maeffert.

Bachmeier habe die Tat nicht geplant, sondern spontan aus Verzweiflung gehandelt, sagten ihre Verteidiger. Das Gericht folgte der Argumentation, machte mildernde Umstände geltend und verurteilte Bachmeier zu sechs Jahren Haft.

Die 2005 produzierte WDR-Dokumentation "Die Rache der Marianne Bachmeier" zeichnet ein anderes Bild. Darin sagte ihre beste Freundin, Bachmeier habe vor der Tat Schießübungen gemacht - im geräuschdichten Keller ihrer Lübecker Kneipe. Die Waffe habe sie in Annas Grab vergraben. "Wenn ich es gar nicht mehr aushalte, werde ich die Waffe holen", erinnerte sich die Frau an Bachmeiers Worte.

Keine Reue

Nach drei Jahren Haft kam Annas Mutter frei. Sie ging erst nach Afrika, dann nach Sizilien und arbeitete dort in einem Hospiz. Erst als sie an Krebs erkrankte, kehrte sie nach Deutschland zurück und starb 1996 im Alter von 46 Jahren. Bachmeier wurde in Lübeck neben ihrer Tochter Anna beigesetzt. Reue über die tödlichen Schüsse auf Annas Mörder äußerte sie öffentlich nie.

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