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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Drohungen nach Tweet Schauspieler wird als Heidelberg-Täter verleumdet
Kurze Zeit nach den Schüssen an der Universität Heidelberg wird auf Twitter bereits ein angeblicher Täter präsentiert. Die Fotos zeigen allerdings
Ein anonymer Twitter-Account hat nach dem Amoklauf von Heidelberg mit zwei Toten einen völlig Unbeteiligten auf Twitter als Täter präsentiert. Über den Account wurde der Schauspieler, Sprecher und Buchautor Tobias Ludloff der Tat bezichtigt, auch Fotos von ihm mit Waffe wurden verbreitet.
Ludloff meldete sich deshalb entsetzt in einer Instagram-Story. Er bekomme überall Hasskommentare und habe in dreistelliger Zahl Anfragen bekommen, ob er das sei, berichtete er. Da war sein Name nur etwas länger als eine Stunde in der Öffentlichkeit. Er habe die Polizei verständigt, ihr alles erklären und werde Anzeige erstatten, berichtete Ludloff weiter. Es gehe ihm gut, aber: "Da hört bei mir der Spaß auf."
Internet-Trolle beschuldigen immer wieder gezielt Unschuldige
Ludloff ist unter anderem Autor eines Buchs "Seele mit Programmierfehler", in dem er mit schwarzem Humor von seinem Leben mit dem Asperger-Syndrom berichtet. In Teilen des Netzes kann das bereits Anlass sein, sich einen Menschen als Zielscheibe vorzunehmen und zu versuchen, ihn zu provozieren. Zudem ist er möglicherweise mit seinem öffentlichen Eintreten für vegane Ernährung zum Zielobjekt von Hass geworden.
In unklaren Lagen nach Verbrechen, die viel Aufmerksamkeit bekommen, werden immer wieder von Trollen gezielt Fotos von Personen verbreitet, um sie als Verdächtige zu präsentieren. Dabei geht es zum einen darum, diese Personen zu beschädigen. Zum anderen soll aber auch provoziert werden, dass Medien die falschen Informationen verbreiten und somit schlechte Arbeit veröffentlichen.
Verleumder erweckte Eindruck, nah am Geschehen zu sein
Der "Drachenlord" Rainer Winkler, ein YouTuber aus Franken, ist im russischen und im rumänischen TV bereits als Amoktäter zu sehen gewesen. Im Fall von Tobias Ludloff war es aber offenbar keine Aktion, die dann von anderen Nutzern bewusst weitergesponnen wurde.
Der Account, der den Namen von Ludloff und Fotos von ihm verbreitet hatte, hatte sich zunächst vergleichsweise früh mit Nachrichten zu dem Geschehen in Heidelberg gemeldet und einen Screenshot von WhatsApp-Nachrichten verbreitet. Danach hatte er eine Pressemitteilung der Polizei geteilt und berichtet, nun würden auch Medien einsteigen. Er erweckte den Eindruck, nah am Geschehen zu sein.
Ludloff spielte Scharfschützen
Schließlich postete er ein erstes Foto des Schauspielers, das der vor einer Woche gepostet hat und das von Dreharbeiten stammt. Er spielt dort einen Scharfschützen.
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Der Verleumder auf Twitter schrieb zum Foto, der Täter sei als Ludloff identifiziert. Dann ließ sich der Twitterer auch über das angebliche Motiv aus, das der Täter angegeben habe. Das eigene Profilfoto hatte der Nutzer zwischenzeitlich getauscht. Zunächst hatte es ein Troll-Gesicht gezeigt,
Der Täter in Heidelberg hat sich selbst getötet. Zuvor hatte er vier Menschen in der Universität mit Schüssen aus einem Gewehr verletzt. Eine junge Frau erlag danach ihren Verletzungen. Mehr dazu lesen Sie hier. Das Motiv war zunächst unklar.
- Eigene Recherchen
- Instagram: Kanal von Tobias Ludloff