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Lehrer getötet: Frankreich wohl vor Ausweisung von mutmaßlichen Extremisten


Nach Tötung von Lehrer
Bericht: Frankreich vor Ausweisung von 231 mutmaßlichen Extremisten

Von afp, reuters, joh

Aktualisiert am 19.10.2020Lesedauer: 3 Min.
Demonstration in Paris: Nach der Enthauptung eines Lehrers sind Zehntausende Menschen auf die Straße gegangen.Vergrößern des Bildes
Demonstration in Paris: Nach der Enthauptung eines Lehrers sind Zehntausende Menschen auf die Straße gegangen. (Quelle: Charles Platiau/reuters)
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Der islamistische Anschlag auf einen Lehrer erschütterte Menschen weltweit. Berichten zufolge sollen nun mehr als 200 mutmaßliche Extremisten aus Frankreich ausgewiesen werden.

Frankreich bereitet nach dem tödlichen Angriff auf einen Lehrer Insidern zufolge die Ausweisung von 231 mutmaßlichen Extremisten vor. Innenminister Gerald Darmanin habe die örtlichen Behörden darum gebeten, die Ausweisungen anzuordnen, hieß es am Sonntag aus Polizeigewerkschaftskreisen. Von den 231 Personen seien 180 im Gefängnis, 51 sollten in den nächsten Stunden festgenommen werden. Vom Innenministerium war zunächst keine Bestätigung zu bekommen. Der Radiosender Europe 1 hatte zuvor über die geplanten Ausweisungen berichtet.

Ein 18-Jähriger hatte am Freitagabend in Conflans-Sainte-Honorine, einem Vorort von Paris, den Geschichtslehrer Samuel Paty auf offener Straße mit einem Messer enthauptet. Wenig später wurde er von Polizisten erschossen. Paty hatte seinen Schülern im Staatsbürgerunterricht über Meinungsfreiheit Mohammed-Karikaturen gezeigt. Einige Muslime werten jede Abbildung ihres Propheten als Gotteslästerung.

Nach dem Anschlag haben unterdessen Zehntausende Franzosen an Kundgebungen für Meinungsfreiheit teilgenommen. Parteien, Verbände und Gewerkschaften hatten zu den Demonstrationen in Paris und weiteren Städten am Sonntagnachmittag aufgerufen. In Paris versammelten sich Tausende Demonstranten auf der Place de la Republique. "Nein zum totalitären Denken" und "Ich bin ein Lehrer" stand auf ihren Schildern. Einige schwenkten die französische Flagge und stimmten die Nationalhymne an. Mehrere Teilnehmer trugen Plakate mit Mohammed-Karikaturen aus der Satirezeitung "Charlie Hebdo", die seit Jahren umstritten ist und von Islamisten angefeindet wird.

Auch in zahlreichen anderen Städten versammelten sich Menschen zu Kundgebungen. In Lyon wurden nach Behördenangaben rund 6.000 Demonstranten gezählt, in Nizza etwa 300. Für Mittwoch wurde eine nationale Gedenkfeier zu Ehren des Opfers angekündigt. Bereits am Samstag gedachten hunderte Menschen in Conflans-Sainte-Honorine des Opfers. Sie versammelten sich an der Schule, in deren Nähe am Vortag ein 18-jähriger Russe tschetschenischer Herkunft den 47-jährigen Lehrer enthauptet hatte.

Elf Menschen wurde in Gewahrsam genommen

Im Zusammenhang mit dem Fall wurden bis Sonntagmorgen elf Menschen in Gewahrsam genommen, darunter die Eltern, der Großvater und der jüngere Bruder des mutmaßlichen Täters. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurde auch der Vater eines Schülers festgenommen. Er soll sich mit dem Lehrer über dessen Unterricht gestritten haben.

Der Vater hatte sich im Internet darüber beschwert, dass der Lehrer seinen Schülern Nackt-Karikaturen des Propheten Mohammed gezeigt habe. Die Halbschwester des Festgenommenen soll nach Angaben der Staatsanwaltschaft für die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) nach Syrien gezogen sein.

Unter den Verdächtigen, die in Gewahrsam genommen wurden, befindet sich Ermittlerkreisen zufolge auch ein islamistischer Aktivist. Er soll zusammen mit dem festgenommenen Vater die Entlassung des Lehrers beantragt haben.

Der 47-jährige Geschichtslehrer hatte mit seinen Schülern das Thema Meinungsfreiheit im Unterricht behandelt und dabei die umstrittenen Karikaturen verwendet. Er wurde in der Nähe der Schule auf offener Straße enthauptet, der Täter soll nach der Tat "Allahu Akbar" (Gott ist groß) gerufen haben.

Der Angreifer, der von der Polizei erschossen worden war, war in Frankreich bislang nicht wegen Radikalisierung erfasst worden. Er war der Polizei wegen krimineller Delikte bekannt, für die er jedoch nicht verurteilt wurde, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Nach Angaben der russischen Botschaft hatte der in Moskau geborene Angreifer keine Beziehungen zu Russland, da er seit zwölf Jahren in Frankreich gelebt habe.

Ob der in Evreux lebende mutmaßliche Angreifer einmal Schüler an der Schule des Opfers gewesen war, gab die Staatsanwaltschaft nicht bekannt. Er hatte demnach kurz nach der Tat ein Foto des abgetrennten Kopfes seines Opfers beim Kurzbotschaftendienst Twitter veröffentlicht und Präsident Emmanuel Macron als "Anführer der Ungläubigen" bezeichnet.

Macron spricht von "eindeutigen" islamistischem Terror

Nach den Worten von Macron handelt es sich bei dem Angriff "eindeutig" um einen "islamistischen Terroranschlag". Die Anti-Terror-Staatsanwaltschaft ermittelt seit Freitag wegen "Mordes" in Verbindung mit einem Terrorakt und wegen einer "kriminellen terroristischen Vereinigung".

Bereits im September hatte es wegen der erneuten Veröffentlichung der umstrittenen Mohammed-Karikaturen in der Satirezeitung "Charlie Hebdo" einen Messerangriff mit zwei Verletzten in Paris gegeben. Bei dem geständigen Täter handelt es sich um einen 25-jährigen Pakistaner, der aus "Wut" über die Darstellung des Propheten gehandelt haben will.

Die Satirezeitung äußerte nach der jüngsten Tat beim Onlinedienst Twitter ein "Gefühl des Schreckens und der Empörung". Im Januar 2015 hatten Islamisten einen Anschlag auf die "Charlie Hebdo"-Redaktion in Paris verübt und dabei zwölf Menschen getötet.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen Reuters und afp
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