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Lkw-Drama in Limburg: Abwarten und Tee trinken


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Bericht aus Limburg
Stimmung nach Lkw-Drama: "Hier passiert so was mal"


09.10.2019Lesedauer: 3 Min.
Glück im Unglück: Ein Lkw rast ungebremst in wartende Autos. Zu Tode kommt niemand, doch der Schock sitzt tief. Dennoch hat Limburg sich schnell wieder aufgerappelt. Stimmungsmache halten die meisten für den falschen Weg.Vergrößern des Bildes
Glück im Unglück: Ein Lkw rast ungebremst in wartende Autos. Zu Tode kommt niemand, doch der Schock sitzt tief. Dennoch hat Limburg sich schnell wieder aufgerappelt. Stimmungsmache halten die meisten für den falschen Weg. (Quelle: reuters)

Ein Lkw, der zur Waffe wird. Das ruft böse Erinnerungen wach. Berlin, Nizza, London, Toronto. Und jetzt: Limburg. Doch die Einwohner der hessischen Kleinstadt geben sich gelassen. Ein Vor-Ort-Bericht.

Nur noch die unscheinbaren pinkfarbenen und hellgrünen Markierungen erinnern an den Vorfall vom frühen Montagabend. Sonst rollt der Verkehr auf der Schiede in Limburg ganz normal. Pkw, Busse, Lkw fahren über den nassen Asphalt vorbei am Landgericht in Richtung Autobahn. Direkt vor dem Gebäude steht am Dienstagabend noch ein letztes Kamerateam mit spärlicher Ausrüstung. Aus der Dämmerung wird schnell Dunkelheit. Teenager kaspern im Hintergrund der Aufnahmen. Rufen: "Bin ich jetzt fame?" Ängstlich wirkt hier niemand.

"Ich habe keine Angst jetzt. Ich sag immer, Limburg ist das kleine Frankfurt. Hier hat letztens erst die Stadthalle gebrannt. Hier passiert so was mal", sagt ein junger Mann, der mit einem Bekannten vor einem Bekleidungsgeschäft in der Innenstadt steht. Ihre Namen verraten sie nicht. Der Begleiter ergänzt: "Klar wurde darüber geredet, aber es ist sonst alles normal hier." Dann werden die beiden in das Geschäft gebeten, eine Kollegin möchte die Ladentür abschließen. Die Anfang-Zwanzigjährigen zucken noch einmal mit den Schultern und verschwinden.

Als die beiden sich in den Feierabend verabschieden, ist es etwas mehr als vierundzwanzig Stunden her, dass ein Syrer direkt um die Ecke einen Lkw gekapert und diesen massiv beschleunigt hat, um ihn in wartende Autos an einer Kreuzung zu steuern. Acht Fahrzeuge wurden ineinander geschoben, mindestens genauso viele Menschen verletzt. Auch der Fahrer musste medizinisch behandelt werden.

"Sonst hört man so etwas immer von weit weg, aber jetzt sind wir eben mal dran", sagt eine Frau mittleren Alters fast trotzig. Sie kam gerade mit der Bahn aus Frankfurt am Main, richtet ihren Kragen und macht sich auf den Weg durch den Regen. Mehr dazu zu sagen, hat sie nicht. "Wozu auch? Wir wissen ja nichts." War es ein Akt des Terrors? Ein Unfall eines Drogensüchtigen? Die Verzweiflungstat eines nicht geduldeten Geflüchteten?

Sicherheitskonzept für den Weihnachtsmarkt

"Wir müssen die Ermittlungen abwarten", sagt Bürgermeister Marius Hahn am Mittwochmorgen. Hinter ihm liegen bewegte Tage, ein Marathon aus Presseterminen und Treffen mit Verantwortlichen. Er selbst war am Montag in München, erfuhr fernab der Heimat von dem tragischen Vorfall. Erst am frühen Morgen kam er in Limburg an. "Ich habe mich sofort auf den Heimweg gemacht, um zwei Uhr morgens konnte ich mir noch ein Bild vom Unfall machen – es sah schlimm aus", sagt er sichtlich mitgenommen.

Er sei geschockt und verunsichert, da der Verdacht eines Terrorangriffs auf seine Stadt geäußert wurde. "Terror ist ein großes Wort", sagt er. Aber solange die Hintergründe unklar seien, hieße es: abwarten. Er selbst wünscht sich für seine Stadt, dass es "die Tat eines Einzeltäters ohne Terrorhintergrund ist".

Dennoch werde das Sicherheitskonzept für den Christkindlmarkt, der Ende des kommenden Monats die Weihnachtszeit einläutet, überarbeitet und aktualisiert. "Das ist vollkommen klar", so Hahn. Zu lebendig sind die Bilder vergangener Terroranschläge. Die Stadt möchte den Bürgern und den vielen Besuchern Sicherheit geben. Noch überwiegen "Schock und Wut" – bei den Bürgern, bei seinen Mitarbeitern und bei Hahn selbst.

Aber: "Ich probiere Gelassenheit vorzuleben, die Ermittlungsergebnisse abzuwarten. Trolle haben bei dem Thema nichts zu suchen", macht der Bürgermeister klar. Denn von vorschnellen Schlüssen und wilden Spekulationen in den sozialen Medien hält er nichts. "Wir müssen die Ermittler einfach ihre Arbeit machen lassen. Denn die machen sie gut." Die Frage, was ein Terroranschlag für seine Stadt bedeuten würde, stellt der Bürgermeister sich zunächst nicht. "Ich hoffe einfach, dass es kein Terror war", gibt er sich optimistisch.


Wie die Bürger so der Bürgermeister. Sie haben Mitleid mit den Opfern, ihnen ist die Schwere des Vorfalls bewusst. Aber sie lassen sich nicht für Stimmungsmache, gar Panikmache, instrumentalisieren. Limburg trotzt der Hysterie in den sozialen Medien, trotzt den Bildern. Bis nichts anderes bewiesen ist, handelt es sich für die meisten in der hessischen Kleinstadt um die verwirrte Tat eines Einzeltäters – dessen Nationalität übrigens zunächst keine Rolle spielt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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