Mutter weint vor Gericht "Ein Teil meines Herzens ist mit Susanna gegangen"
Fast zwei Stunden lang schildert die Staatsanwältin die Nacht, in der Susanna ermordet wurde. Kaltblütig, ohne Reue habe Ali. B. das Mädchen getötet. Dann ergreift die Mutter das Wort.
Im Prozess um die Ermordung der Mainzer Schülerin Susanna hat die Mutter des Opfers unter Tränen gesagt, die Tat sei durch nichts wieder gut zu machen. "Ich habe bereits lebenslänglich bekommen, obwohl ich keine Schuld trage", sagte Susannas Mutter am Dienstag nach den Plädoyers vor dem Wiesbadener Landgericht. Für den Angeklagten gebe es keine gerechte Strafe. Sie habe bis heute nicht verstanden, warum ihre Tochter sterben musste.
Lebenslange Haft gefordert
"Ein Teil meines Herzens ist mit Susanna gegangen", sagte die Nebenklägerin. Sie berichtete, dass sie sich ein halbes Jahr lang nicht getraut habe, das Zimmer ihrer Tochter zu betreten. Erst als alle Habseligkeiten in Kartons verstaut worden waren, habe sie sich hineingewagt. Das Zimmer sei nun für Susannas kleine Schwester neu gestaltet worden.
Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft für den mutmaßlichen Mörder der 14-Jährigen eine lebenslange Haftstrafe gefordert. Die Vertreterin der Anklage beantragte, die besondere Schwere der Schuld für den Iraker Ali B. festzustellen. Damit wäre bei einer Verurteilung wegen Mordes eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren praktisch ausgeschlossen. Der 22-Jährige ist angeklagt, Susanna vor mehr als einem Jahr im Wiesbadener Stadtteil Erbenheim vergewaltigt und ermordet zu haben.
Die Staatsanwältin sprach in ihrem Plädoyer von einer kaltblütigen Tat. Ali B. habe Susanna zielgerichtet getötet, um zu verhindern, dass das Mädchen nach der Vergewaltigung zur Polizei geht. Der Angeklagte habe ein Verbrechen begangen, das an Abscheulichkeit kaum zu überbieten sei. Der 22-Jährige habe ein Leben ausgelöscht, das in seinen Augen keinen Wert gehabt habe. Die Mutter von Susanna weinte an vielen Stellen des rund zweistündigen Plädoyers der Staatsanwältin.
Auch eine Sicherheitsverwahrung könnte infrage kommen
Zur Begründung ihres Strafantrags führte die Anklagevertreterin die Merkmale Heimtücke und eine Verdeckungsabsicht an. Das Gericht könnte in seinem Urteil zudem eine Sicherungsverwahrung anordnen, erklärte die Staatsanwältin. Dafür müsste die Kammer bei dem Angeklagten jedoch einen Hang zur Begehung weiterer Straftaten feststellen. Es sei allerdings noch nicht erkennbar, ob diese Neigung bei Ali B. bereits tief verwurzelt ist.
Zum Prozessauftakt vor rund vier Monaten hatte Ali B. gestanden, Susanna getötet zu haben. Eine Vergewaltigung bestreitet der 22-Jährige, der vor der Tat in einer Flüchtlingsunterkunft in Wiesbaden lebte. Den Ausführungen der Staatsanwältin hörte der 22-Jährige ohne erkennbare Regung zu.
Ali B. wurde im Irak gefasst und nach Deutschland gebracht
Die Leiche der Schülerin war nach einer großen Suche am 6. Juni vergangenen Jahres in einem kleinen Wald gefunden worden. Kurz nach dem Tod von Susanna hatte sich Ali B. mit seiner Familie in seine Heimat abgesetzt. Im kurdisch kontrollierten Nordirak wurde er jedoch wenige Tage danach gefasst und von der Bundespolizei nach Deutschland zurückgebracht.
Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. In einem weiteren Prozess muss sich der Iraker wegen der Vergewaltigung eines elfjährigen Mädchens verantworten. Das Verfahren findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
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Die Verteidigung verzichtete auf einen Strafantrag. Der Rechtsanwalt hob lediglich hervor, dass der 22-Jährige die Tat eingeräumt und Reue gezeigt habe. Das Urteil will das Wiesbadener Landgericht am 10. Juli verkünden.
- Nachrichtenagentur dpa