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Compact-Magazin: Jürgen Elsässer fand bei Sparkassen neue Konten


Finanzen liefen weiter
Bei zwei Sparkassen fand Elsässer neue Konten für "Compact"


Aktualisiert am 18.07.2024Lesedauer: 5 Min.
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Jürgen Elsässer, Gründer und Chefredakteur des Magazins "Compact": Das Bundesverwaltungsgericht wird über das Verbot entscheiden.Vergrößern des Bildes
Jürgen Elsässer: Er gründete das "Compact"-Magazin und unterstützt mit der Marke Demonstrationen der AfD, wie hier in München, und des "Widerstands". (Quelle: leo.fge/imago-images-bilder)

Bevor "Compact" vom Bundesinnenministerium verboten wurde, drohte das Unternehmen bereits, ohne Bankkonten finanziell auszutrocknen. Doch Jürgen Elsässer wurde bei zwei Sparkassen fündig.

Keine 48 Stunden, bevor die Polizisten vor seiner Tür standen und das Verbot des Magazins "Compact" verkündet wurde, hatte Jürgen Elsässer noch frohe Botschaften: "Nach Monaten der Ungewissheit" hatte "Compact" ein neues Konto, das er für Spenden angeben könne. Ein neues Geschäftskonto gebe es nach einem "Finanzkrieg" gegen ihn auch. Tatsächlich halfen Sparkassen, dass Elsässer wieder Geld bekommen und Transaktionen abwickeln konnte. Es geht um zwei Konten bei zwei Sparkassen – und die Frage ist, ob die Kreditinstitute wussten, wie sie ausgetrickst werden.

Als Begründung für das Verbot dient eine umfangreiche Materialsammlung des Bundesamts für Verfassungsschutz. Ausgesprochen wurde das "Compact"-Verbot nach dem Vereinsrecht. Danach können auch Unternehmen verboten werden, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten.

Elsässer war fast 14 Jahre lang mit den Geschäftskonten der Compact-Magazin GmbH bei der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Potsdam Kunde, die mit einer Bilanzsumme von 16 Milliarden Euro unter den Top Ten der deutschen Sparkassen liegt. Den Schlussstrich zog das Institut in zeitlichem Zusammenhang damit, dass Elsässer über das Konto Spenden für eine Bühnentour mit Wahlwerbung für die AfD sammelte. "Auf Druck des Regimes" habe die Bank "Knall auf Fall" gekündigt, erklärte Elsässer.

Spendensammeln für Feste mit AfD Kündigungsgrund?

Er hatte nach seiner Darstellung bereits fast die angeblich notwendigen 91.000 Euro zusammen, um das zu ermöglichen, was er "Blaue Welle" und "'Compact' und AfD zum Anfassen" nannte: "Volksfeste" mit Bühnenprogramm, in dem, wo immer möglich, Kandidaten der AfD auftreten sollten und auch auftraten. Von der AfD werde es kaum Zuschüsse geben, meldete Elsässer vorab.

Spenden auf das Geschäftskonto für eine Volksfest-Reihe zur AfD-Unterstützung hatte mit dem Unternehmensgegenstand des Sparkassen-Kunden wenig zu tun: Geschäftszweck war in den Handelsregister-Unterlagen bis zu einer Anpassung in diesem April ausschließlich die Herausgabe der Zeitschrift "Compact-Magazin". Eine mögliche "missbräuchliche Nutzung" des Kontos?

Die Mittelbrandenburgische Sparkasse machte keine Angaben zu ihren Gründen. Fest steht: Die Sparkasse Potsdam hielt Elsässer für einen unzumutbaren Kunden, kündigte die Geschäftsbeziehung auf und ließ sich auch durch dessen Anwälte nicht schrecken. Bei der Trennung blieb es auch nach einem Vergleich Mitte März, eine Klage am Verwaltungsgericht zog die Elsässer-Firma Ende April zurück. Bekannt wurde der Fall durch Recherchen des Journalisten und Bloggers Martin Lejeune.

AfD zahlt für gespendete Bühne

Das "Compact"-Spendensammeln für die AfD-Bühnen, das zur Kontokündigung geführt haben dürfte, könnte für die AfD noch teuer werden. Der Bundesvorstand hatte nach Bekanntwerden angekündigt, man werde auf keinen Fall kostenlos zur Verfügung gestellte Bühnen annehmen, um nicht in Konflikt mit dem Parteienfinanzierungsrecht zu kommen. Nach dem "Compact"-Verbot erklärte der Brandenburger AfD-Spitzenkandidat Hans-Christoph Berndt, es seien Verträge für 17 Wahlkampfveranstaltungen hinfällig. "Wir werden die Bühne nicht nutzen können, und das Geld ist weg." Es handle sich um einen knapp sechsstelligen Betrag. Die Partei müsse sich nun um Geld kümmern, um sich eine neue Bühne mieten zu können. Wenn sie denn Firmen dafür finde.

Elsässer stand ohne Geschäftskonten da. Nach Informationen von t-online klapperte Elsässer im Frühjahr deutschlandweit Sparkassen und Volksbanken ab, um wieder über Konten zu verfügen. Das Magazin ist seit Ende 2021 als "gesichert extremistisch" eingestuft, Ketten von Bahnhofsbuchhandlungen entschieden Anfang 2024 nach jahrelanger Kritik, das Heft aus dem Sortiment zu nehmen. Bei einem solchen Kunden winken Privatbanken sofort ab.

Geschäfte neuerdings über Konto der Sparkasse Barnim

Unter den Sparkassen wurde Elsässer offenbar fündig. Nach t-online-Informationen liefen Geschäfte der Compact-Magazin GmbH über ein Konto bei der Sparkasse Barnim. Deren Geschäftsgebiet liegt nordöstlich von Berlin, auf der anderen Seite der Hauptstadt als Elsässers vorherige Sparkasse in Potsdam. Im dortigen Landkreis Potsdam-Mittelmark, in Werder/Havel, hatte "Compact" seinen ersten Sitz.

Mit dem Landkreis Barnim verbindet Elsässer und das Magazin zunächst erkennbar nichts. Das macht die Geschäftsbeziehungen noch ungewöhnlicher. Sparkassen dürfen nur in Ausnahmefällen Kunden aus dem Geschäftsgebiet anderer Sparkassen aufnehmen und müssen dafür im Zweifelsfall die Sparkassenaufsicht einschalten.

Weder wohnt Elsässer in dem Landkreis noch hat seine Gesellschaft dort ihren Sitz, der wurde im April erst nach Falkensee verlegt, wo er auch lebt. Deshalb ist völlig unklar, wieso die Sparkasse mit Hauptsitz in Eberswalde den Kunden "Compact" aufgenommen hat. Niederlassungen oder besondere Geschäftstätigkeit können Ausnahmen sein. Eine mögliche Erklärung wäre, dass bei der Sparkasse eine Anschrift aus dem Landkreis Barnim angegeben wurde, wo auch Post für "Compact" entgegengenommen werden kann. Zu entsprechenden Informationen von Lejeune. passt: Durchsucht wurde am Mittwoch auch eine Privatanschrift in Panketal im Landkreis Barnim. Elsässers Anwalt Gerhard Vierfuß hat Fragen von t-online bislang nicht beantwortet.

Denkbar ist aus Sicht eines Insiders, dass bei der Kontoeröffnung einem Mitarbeiter die Brisanz gar nicht aufgefallen sei. Geprüft werde die finanzielle Situation, nicht aber politische Ausrichtung. Die könne allenfalls später auffallen, wenn bei den Überweisungen vom System automatisierte und einheitliche Filter Auffälligkeiten feststellen.

Die Sparkasse Barnim teilte mit, sich unter Berufung auf das Bankgeheimnis nicht zu äußern. Theoretisch möglich ist auch, dass das Konto bereits bestand, bevor Potsdam die Konten kündigte.

Bei Sparkasse Burgenlandkreis Spendenkonto mit Vorgeschichte

In einem Elsässer-Text von Sonntag auf der nicht mehr erreichbaren "Compact"-Seite las sich das anders. Die Suche nach Ersatz sei Mitte April nur kurz ein Erfolg gewesen, dieses Konto sei gleich wieder gekündigt worden. "Ende April waren wir ein zweites Mal erfolgreich, dieses Konto ist stabil." Offenbar handelt es sich dabei um das Konto bei der Sparkasse Barnim.

Zur Sicherheit dieser neuen Bankverbindung habe er diese IBAN nicht veröffentlicht – und deshalb Spenden auch nur über PayPal bekommen können. Elsässer sprach von einem Ausfall von Spenden in Höhe von 140.000 Euro seit Mitte März. Tatsächlich hatten zuvor im Zeitraum vom 1. Dezember bis 15. Februar 1.100 Personen 94.000 Euro gespendet. Am Sonntag rückte Elsässer dann mit der Nachricht heraus, dass es nun auch wieder ein Konto für Spenden gebe.

Diese IBAN führt zur Sparkasse Burgenlandkreis und ins Umfeld von André Poggenburg, früherer AfD-Landesvorsitzender in Sachsen-Anhalt. Auch auf seinem Rittergut Nöbeditz im Burgenlandkreis standen die Ermittler im Zuge des "Compact"-Verbots. Bei ihm wurde Ausrüstung für die "Blaue Welle"-Bühnentour sichergestellt.

Eine Sprecherin der Sparkasse Burgenlandkreis teilte am Donnerstag mit, das Konto sei gekündigt. Die Sparkasse habe aber "zu keinem Zeitpunkt ein Konto der Compact-Magazin GmbH" in ihrem Haus geführt, es sei auf eine dritte Privatperson gelaufen, die es missbräuchlich genutzt habe. Die Sprecherin sagte t-online, die Sparkasse habe alle gesetzlichen Vorgaben – auch im Sinne des Geldwäschegesetzes – befolgt.

Viel "Aufbruch" im "Compact"-Umfeld

Poggenburg bat auf Anfrage um Verständnis, dass er sich angesichts der aktuellen Lage nicht zu dem Konto äußern wolle. Es war 2020 aber angegeben als Spendenkonto von "Aufbruch20", einer bundesweiten "Interessengemeinschaft Aufbruch-Deutschland 2020 i.G." mit Anschrift von Poggenburgs Anwesen.

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Kolbasnikova beim Compact-Sommerfest.
Kolbasnikova beim Compact-Sommerfest. (Quelle: Telegram/ @AufbruchFrieden)

Viel Aufbruch im "Compact"-Umfeld

Beim "Compact"-Sommerfest im vergangenen Jahr hatte auch eine prorussische Vereinigung und Partei "Aufbruch Frieden-Souveränität-Gerechtigkeit" eigene Vorstandsmitglieder als Mitorganisatoren bezeichnet. Die Partei wurde zeitweilig geführt von dem "Putin-Fangirl" Elena Kolbasnikova – diese ist im Vorfeld anstehender Strafverhandlungen nach Kaliningrad geflüchtet. Bei diesem "Aufbruch" war Poggenburg in der Gründungsphase im ersten Halbjahr 2023 die treibende Kraft. Bei der "Interessengemeinschaft Aufbruch Deutschland" gebe es nach seinen Worten auch Überschneidungen mit "Aufbruch Frieden-Souveränität-Gerechtigkeit", er selbst sei aber nicht dabei.

Die Interessengemeinschaft existiere weiter und stehe auch mit "Compact" in Verbindung, so Poggenburg. Das lässt sich auch kaum verleugnen. Er selbst war "beliebter Gastkommentator von Compact-TV" (O-Ton "Compact"), auf seinem Rittergut sollte das "Compact"-Sommerfest am 27. Juli unter anderem mit Martin Sellner und Maximilian Krah stattfinden. "Noch 119 Karten", hatte Elsässer am Dienstag mitgeteilt – einen Tag vor Bekanntwerden des Verbots.

Update, 18. Juli, 11.50 Uhr: Wie offenbar aus der Verbotsverfügung hervorgeht, verfügte Compact zudem noch über Bankverbindungen bei der Waldeck-Frankenberger Bank und bei dem Anbieter Qonto des französischen Startups Olinda.

Verwendete Quellen
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