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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Cosa Nostra, 'Ndrangheta, Camorra Wie ein beliebtes Ferienziel zur Mafia-Hochburg wurde
Der Norden Italiens ist ein beliebtes Urlaubsziel der Deutschen. Hohe Berge treffen hier auf idyllische Seen und "Dolce Vita". Das gefällt allerdings auch der Mafia.
Es gibt doch wenig Schöneres, als am Ufer des Gardasees zu sitzen, einen Espresso zu trinken und dabei das beeindruckende Bergpanorama zu genießen. Das denken sich auch viele Deutsche, die zum Urlaub in die Region fahren, in der die großen Seen in Norditalien liegen.
Doch nicht nur bei deutschen Urlaubern ist die Region beliebt, sondern auch bei der Mafia. Allein in der Provinz Brescia am Westufer des Gardasees haben die Behörden in den vergangenen Jahren 39 Immobilien konfisziert, die einst von hochrangigen Kadern der Organisationen Cosa Nostra, Camorra und 'Ndrangheta gekauft und bewohnt worden waren. Das geht aus Berichten des "Südkurier" hervor.
Tourismus macht Gardasee für Mafia interessant
Dass sich die Mafia ausgerechnet an den touristischen Ufern des Gardasees niederlässt, hat seine Gründe. "Als ständig wachsendes Tourismusgebiet bietet der Gardasee den Mitgliedern der Mafiaorganisation eine gute Tarnung im sozialen Gefüge", heißt es in einem Bericht des Observatoriums für organisierte Kriminalität in Mailand.
Genauer gesagt: Mafiaorganisationen konnten sich insbesondere nach der Corona-Pandemie leicht in Gastronomiebetriebe, Hotels und Campingplätze einkaufen, die wegen der Einschränkungen im Zuge der Pandemiebekämpfung in eine finanzielle Notlage geraten waren.
Wie die italienische Anti-Mafia-Behörde DNA in einem Dossier schreibt, ist die Lombardei mittlerweile beinahe zu der italienischen Region geworden, in der die 'Ndrangheta am stärksten vertreten ist. Aktiver ist die mächtigste Verbrecherorganisation Italiens nur in Kalabrien, wo ihre Heimat liegt.
Anti-Mafia-Organisationen wollen Wandel für Menschen vor Ort
Neben Immobilien, die zur Geldwäsche genutzt werden, ist das Glücksspiel ein wichtiges Standbein der Verbrecherorganisationen am Gardasee. Wie die "Morgenpost" berichtet, konnten Ermittler im vergangenen Jahr verhindern, dass der zur 'Ndrangheta gehörende Clan Megna am Gardasee ein Spielcasino errichtete.
Doch unwidersprochen kann die Mafia ihre Geschäfte in Norditalien nicht tätigen. So ist in einem der konfiszierten Häuser das Begegnungszentrum namens "Casa della legalità" (Haus der Legalität) entstanden, berichtet der "Südkurier". Dort können Kinder und Jugendliche Wissenswertes über die Anti-Mafia-Bewegung erfahren oder Weiterbildungskurse belegen. Auch in weiteren Häusern sind Begegnungsstätten entstanden, manche wurden gar in Feriendomizile umgewandelt.
Jennifer Riboli arbeitet für die Anti-Mafia-Organisation Libera. Sie setzt sich dafür ein, dass mehr ehemalige Mafia-Domizile im Sinne der Bevölkerung am Gardasee umgewandelt werden. "Es gibt viele Angebote für Touristen, aber nur wenig für Kinder und Jugendliche", sagt sie dem "Südkurier". Und fügt dann hinzu: "Wahrscheinlich haben die Touristen aus dem Norden keine Vorstellung von dem, was hier im Gange ist."
- suedkurier.de: "Italiens Mafia macht sich am Gardasee breit"
- morgenpost.de: "Warum Italiens Mafia-Bosse an den Gardasee ziehen"